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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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chen, die euch anvertraut sind; was wird
aus ihnen werden, wenn sie euch ver-
liehren?

Aebtissin. Liebe Schwester, seyd darum un-
besorgt; ob ich gleich alt bin, so bin ich doch,
dem Himmel sey Dank, gesund und frisch,
und die kleinen Ungemächlichkeiten, ach!
eine Folge der Enthaltsamkeit, des strengen
Lebens und der Buße, sichern eher mein hin-
fälliges Leben, als daß sie es bedrohen.
Wenigstens sagt mir dies immer der Arzt
des Klosters, wenn ich mich beklage.

Der Teufel sah sie bedeu-
tend an
:

Habt ihr denn gar keine Ahndung von
dem, was euch bevorsteht? Kein warnen-
des Traumgesicht? Hat sich seit einiger
Zeit gar nichts im Kloster zugetragen, das
euch aufmerksam auf die Zukunft macht?
Es pflegt doch gewöhnlich zu geschehen, daß
fromme Seelen durch gewisse Zeichen von
dem unterrichtet werden, was ihnen bevor-
steht.

Aebtis-

chen, die euch anvertraut ſind; was wird
aus ihnen werden, wenn ſie euch ver-
liehren?

Aebtiſſin. Liebe Schweſter, ſeyd darum un-
beſorgt; ob ich gleich alt bin, ſo bin ich doch,
dem Himmel ſey Dank, geſund und friſch,
und die kleinen Ungemaͤchlichkeiten, ach!
eine Folge der Enthaltſamkeit, des ſtrengen
Lebens und der Buße, ſichern eher mein hin-
faͤlliges Leben, als daß ſie es bedrohen.
Wenigſtens ſagt mir dies immer der Arzt
des Kloſters, wenn ich mich beklage.

Der Teufel ſah ſie bedeu-
tend an
:

Habt ihr denn gar keine Ahndung von
dem, was euch bevorſteht? Kein warnen-
des Traumgeſicht? Hat ſich ſeit einiger
Zeit gar nichts im Kloſter zugetragen, das
euch aufmerkſam auf die Zukunft macht?
Es pflegt doch gewoͤhnlich zu geſchehen, daß
fromme Seelen durch gewiſſe Zeichen von
dem unterrichtet werden, was ihnen bevor-
ſteht.

Aebtiſ-
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[139/0150] chen, die euch anvertraut ſind; was wird aus ihnen werden, wenn ſie euch ver- liehren? Aebtiſſin. Liebe Schweſter, ſeyd darum un- beſorgt; ob ich gleich alt bin, ſo bin ich doch, dem Himmel ſey Dank, geſund und friſch, und die kleinen Ungemaͤchlichkeiten, ach! eine Folge der Enthaltſamkeit, des ſtrengen Lebens und der Buße, ſichern eher mein hin- faͤlliges Leben, als daß ſie es bedrohen. Wenigſtens ſagt mir dies immer der Arzt des Kloſters, wenn ich mich beklage. Der Teufel ſah ſie bedeu- tend an: Habt ihr denn gar keine Ahndung von dem, was euch bevorſteht? Kein warnen- des Traumgeſicht? Hat ſich ſeit einiger Zeit gar nichts im Kloſter zugetragen, das euch aufmerkſam auf die Zukunft macht? Es pflegt doch gewoͤhnlich zu geſchehen, daß fromme Seelen durch gewiſſe Zeichen von dem unterrichtet werden, was ihnen bevor- ſteht. Aebtiſ-

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/150>, abgerufen am 22.11.2024.