dung, verpraßte durch Ueppigkeit, Putz und Spiel, ihr, sein und seiner Kinder Vermö- gen, und verwickelte ihn noch obendrein in ungeheure Schulden. Es ist wahr, sie nahm in dem Baron H ***, den du gese- hen hast, und der eigentlich Herr im Hause ist, einen arbeitsamen Gehülfen dazu. Da man sich nun ganz auf der Neige fühlte, die Fantasie immer mehr wuchs, und neue Be- dürfnisse ersann, je schwerer es war die Mit- tel dazu zu finden, so ließ sich's endlich die Mutter gefallen, einem Plan beyzutreten, den ihr Buhler entwarf: Die Tugend ihrer Tochter unter einer zweydeutigen Versiche- rung auf Vermählung, so theuer an den Günstling zu verkaufen, als er sie kaufen wollte. Von allem diesem merkt der Mi- nister nichts, fühlt nur die Lücke in seinem Vermögen, die Last der Schulden, das vol- le Maas seiner Thorheit, und zittert vor der augenblicklichen Ankunft seines Sohns, den die Mutter aus dem Hause trieb, um unge- stöhrter sein Vermögen zu verprassen. Er
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dung, verpraßte durch Ueppigkeit, Putz und Spiel, ihr, ſein und ſeiner Kinder Vermoͤ- gen, und verwickelte ihn noch obendrein in ungeheure Schulden. Es iſt wahr, ſie nahm in dem Baron H ***, den du geſe- hen haſt, und der eigentlich Herr im Hauſe iſt, einen arbeitſamen Gehuͤlfen dazu. Da man ſich nun ganz auf der Neige fuͤhlte, die Fantaſie immer mehr wuchs, und neue Be- duͤrfniſſe erſann, je ſchwerer es war die Mit- tel dazu zu finden, ſo ließ ſich’s endlich die Mutter gefallen, einem Plan beyzutreten, den ihr Buhler entwarf: Die Tugend ihrer Tochter unter einer zweydeutigen Verſiche- rung auf Vermaͤhlung, ſo theuer an den Guͤnſtling zu verkaufen, als er ſie kaufen wollte. Von allem dieſem merkt der Mi- niſter nichts, fuͤhlt nur die Luͤcke in ſeinem Vermoͤgen, die Laſt der Schulden, das vol- le Maas ſeiner Thorheit, und zittert vor der augenblicklichen Ankunft ſeines Sohns, den die Mutter aus dem Hauſe trieb, um unge- ſtoͤhrter ſein Vermoͤgen zu verpraſſen. Er
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dung, verpraßte durch Ueppigkeit, Putz und
Spiel, ihr, ſein und ſeiner Kinder Vermoͤ-
gen, und verwickelte ihn noch obendrein in
ungeheure Schulden. Es iſt wahr, ſie
nahm in dem Baron H ***, den du geſe-
hen haſt, und der eigentlich Herr im Hauſe
iſt, einen arbeitſamen Gehuͤlfen dazu. Da
man ſich nun ganz auf der Neige fuͤhlte, die
Fantaſie immer mehr wuchs, und neue Be-
duͤrfniſſe erſann, je ſchwerer es war die Mit-
tel dazu zu finden, ſo ließ ſich’s endlich die
Mutter gefallen, einem Plan beyzutreten,
den ihr Buhler entwarf: Die Tugend ihrer
Tochter unter einer zweydeutigen Verſiche-
rung auf Vermaͤhlung, ſo theuer an den
Guͤnſtling zu verkaufen, als er ſie kaufen
wollte. Von allem dieſem merkt der Mi-
niſter nichts, fuͤhlt nur die Luͤcke in ſeinem
Vermoͤgen, die Laſt der Schulden, das vol-
le Maas ſeiner Thorheit, und zittert vor der
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die Mutter aus dem Hauſe trieb, um unge-
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/194>, abgerufen am 24.11.2024.
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