hat sich indessen in dem Türkenkriege einen hölzernen Arm geholt. Auch ist's wohl möglich, daß der Günstling, da der Mi- nister viel bey dem Fürsten gilt, anfangs ernsthafte Absichten hatte; aber jezt hat sich seit einigen Tagen die Scene gänzlich geän- dert. Der Fürst schlug ihm eine Vermäh- lung mit der reichsten Erbin des Landes vor, und nun brütete er darüber, durch einen kühnen und geheimen Schlag den Minister und sein ganzes Haus so zu zerschmettern, daß keiner es wage um Rache zu schreyen; oder ihn anzuklagen. Verstummen sollen sie, als seyen sie nie gewesen, und der Mi- nister soll unter seiner Sohle hinsterben, wie der Wurm, dessen Aechzen euer hartes Ohr nicht hört.
Faust. Und diese That sollte der Fürst nicht rächen?
Teufel. Du sollst die Entwicklung mit eignen Augen sehen.
Faust. Ich gebiete dir bey meinem Zorn, hier keinen deiner Streiche zu spielen.
Teufel.
hat ſich indeſſen in dem Tuͤrkenkriege einen hoͤlzernen Arm geholt. Auch iſt’s wohl moͤglich, daß der Guͤnſtling, da der Mi- niſter viel bey dem Fuͤrſten gilt, anfangs ernſthafte Abſichten hatte; aber jezt hat ſich ſeit einigen Tagen die Scene gaͤnzlich geaͤn- dert. Der Fuͤrſt ſchlug ihm eine Vermaͤh- lung mit der reichſten Erbin des Landes vor, und nun bruͤtete er daruͤber, durch einen kuͤhnen und geheimen Schlag den Miniſter und ſein ganzes Haus ſo zu zerſchmettern, daß keiner es wage um Rache zu ſchreyen; oder ihn anzuklagen. Verſtummen ſollen ſie, als ſeyen ſie nie geweſen, und der Mi- niſter ſoll unter ſeiner Sohle hinſterben, wie der Wurm, deſſen Aechzen euer hartes Ohr nicht hoͤrt.
Fauſt. Und dieſe That ſollte der Fuͤrſt nicht raͤchen?
Teufel. Du ſollſt die Entwicklung mit eignen Augen ſehen.
Fauſt. Ich gebiete dir bey meinem Zorn, hier keinen deiner Streiche zu ſpielen.
Teufel.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0195"n="184"/>
hat ſich indeſſen in dem Tuͤrkenkriege einen<lb/>
hoͤlzernen Arm geholt. Auch iſt’s wohl<lb/>
moͤglich, daß der Guͤnſtling, da der Mi-<lb/>
niſter viel bey dem Fuͤrſten gilt, anfangs<lb/>
ernſthafte Abſichten hatte; aber jezt hat ſich<lb/>ſeit einigen Tagen die Scene gaͤnzlich geaͤn-<lb/>
dert. Der Fuͤrſt ſchlug ihm eine Vermaͤh-<lb/>
lung mit der reichſten Erbin des Landes vor,<lb/>
und nun bruͤtete er daruͤber, durch einen<lb/>
kuͤhnen und geheimen Schlag den Miniſter<lb/>
und ſein ganzes Haus ſo zu zerſchmettern,<lb/>
daß keiner es wage um Rache zu ſchreyen;<lb/>
oder ihn anzuklagen. Verſtummen ſollen<lb/>ſie, als ſeyen ſie nie geweſen, und der Mi-<lb/>
niſter ſoll unter ſeiner Sohle hinſterben, wie<lb/>
der Wurm, deſſen Aechzen euer hartes Ohr<lb/>
nicht hoͤrt.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Fauſt</hi>. Und dieſe That ſollte der Fuͤrſt<lb/>
nicht raͤchen?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Teufel</hi>. Du ſollſt die Entwicklung mit<lb/>
eignen Augen ſehen.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Fauſt</hi>. Ich gebiete dir bey meinem Zorn,<lb/>
hier keinen deiner Streiche zu ſpielen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Teufel</hi>.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[184/0195]
hat ſich indeſſen in dem Tuͤrkenkriege einen
hoͤlzernen Arm geholt. Auch iſt’s wohl
moͤglich, daß der Guͤnſtling, da der Mi-
niſter viel bey dem Fuͤrſten gilt, anfangs
ernſthafte Abſichten hatte; aber jezt hat ſich
ſeit einigen Tagen die Scene gaͤnzlich geaͤn-
dert. Der Fuͤrſt ſchlug ihm eine Vermaͤh-
lung mit der reichſten Erbin des Landes vor,
und nun bruͤtete er daruͤber, durch einen
kuͤhnen und geheimen Schlag den Miniſter
und ſein ganzes Haus ſo zu zerſchmettern,
daß keiner es wage um Rache zu ſchreyen;
oder ihn anzuklagen. Verſtummen ſollen
ſie, als ſeyen ſie nie geweſen, und der Mi-
niſter ſoll unter ſeiner Sohle hinſterben, wie
der Wurm, deſſen Aechzen euer hartes Ohr
nicht hoͤrt.
Fauſt. Und dieſe That ſollte der Fuͤrſt
nicht raͤchen?
Teufel. Du ſollſt die Entwicklung mit
eignen Augen ſehen.
Fauſt. Ich gebiete dir bey meinem Zorn,
hier keinen deiner Streiche zu ſpielen.
Teufel.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/195>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.