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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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fel lächelte, und rieth ihm leise zu Werke zu
gehen, wenn es ihm darum zu thun wäre,
diesen Fürsten, den er ihm als ein Muster
menschlicher Tugend angepriesen hätte, ge-
nau kennen zu lernen. Faust eilte so ge-
stimmt nach Hofe, und sicher, durch diese
Entdeckung den Fall des Günstlings zu be-
würken, enthüllte er dem Fürsten alles in
kaltem, gesetztem Tone. Als er auf die Ur-
sache kam, die den Grafen zu dieser scheuß-
lichen That verleitet hätte, nehmlich sich von
der Verbindung mir der Tochter des Mi-
nisters zu befreyen, heiterte sich das Gesicht
des Fürsten auf, er ließ den Grafen rufen,
umarmte ihn bey dem Eintritt, und sagte:

"Glücklich ist der Fürst, der einen Freund
"findet, der aus Gehorsam, und Furcht
"ihm zu mißfallen, auch wohl einen Streich
"wagt, der die gewöhnlichen Regeln der
"Moral ver[l]ezt. Der Minister hat immer
"als ein Thor gehandelt, es ist mir lieb,
"daß ich seiner los bin, und du wirst seine
"Stelle klüger versehen."

Faust

fel laͤchelte, und rieth ihm leiſe zu Werke zu
gehen, wenn es ihm darum zu thun waͤre,
dieſen Fuͤrſten, den er ihm als ein Muſter
menſchlicher Tugend angeprieſen haͤtte, ge-
nau kennen zu lernen. Fauſt eilte ſo ge-
ſtimmt nach Hofe, und ſicher, durch dieſe
Entdeckung den Fall des Guͤnſtlings zu be-
wuͤrken, enthuͤllte er dem Fuͤrſten alles in
kaltem, geſetztem Tone. Als er auf die Ur-
ſache kam, die den Grafen zu dieſer ſcheuß-
lichen That verleitet haͤtte, nehmlich ſich von
der Verbindung mir der Tochter des Mi-
niſters zu befreyen, heiterte ſich das Geſicht
des Fuͤrſten auf, er ließ den Grafen rufen,
umarmte ihn bey dem Eintritt, und ſagte:

„Gluͤcklich iſt der Fuͤrſt, der einen Freund
„findet, der aus Gehorſam, und Furcht
„ihm zu mißfallen, auch wohl einen Streich
„wagt, der die gewoͤhnlichen Regeln der
„Moral ver[l]ezt. Der Miniſter hat immer
„als ein Thor gehandelt, es iſt mir lieb,
„daß ich ſeiner los bin, und du wirſt ſeine
„Stelle kluͤger verſehen.“

Fauſt
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[192/0203] fel laͤchelte, und rieth ihm leiſe zu Werke zu gehen, wenn es ihm darum zu thun waͤre, dieſen Fuͤrſten, den er ihm als ein Muſter menſchlicher Tugend angeprieſen haͤtte, ge- nau kennen zu lernen. Fauſt eilte ſo ge- ſtimmt nach Hofe, und ſicher, durch dieſe Entdeckung den Fall des Guͤnſtlings zu be- wuͤrken, enthuͤllte er dem Fuͤrſten alles in kaltem, geſetztem Tone. Als er auf die Ur- ſache kam, die den Grafen zu dieſer ſcheuß- lichen That verleitet haͤtte, nehmlich ſich von der Verbindung mir der Tochter des Mi- niſters zu befreyen, heiterte ſich das Geſicht des Fuͤrſten auf, er ließ den Grafen rufen, umarmte ihn bey dem Eintritt, und ſagte: „Gluͤcklich iſt der Fuͤrſt, der einen Freund „findet, der aus Gehorſam, und Furcht „ihm zu mißfallen, auch wohl einen Streich „wagt, der die gewoͤhnlichen Regeln der „Moral verlezt. Der Miniſter hat immer „als ein Thor gehandelt, es iſt mir lieb, „daß ich ſeiner los bin, und du wirſt ſeine „Stelle kluͤger verſehen.“ Fauſt

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/203>, abgerufen am 24.11.2024.