Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

"Auftrag, die gnädigen Herren hineinzuste-
"cken, die Säcke zuzubinden, und in den
"nahen Fluß zu tragen." Der Teufel er-
hub ein lautes Gelächter, und sagte:
"Sieh doch, Faust, der Fürst von *** will
"dich von dem Enthusiasmus der Tugend
"abkühlen, den du ihm heute so warm ge-
"zeigt hast." Faust sah ihn ergrimmt an,
gab ihm einen Wink; ein höllisches Gesau-
se erfüllte den gewölbten Kerker, die Scher-
gen stürzten zitternd zu Boden, und die Ge-
fangnen fuhren hinaus.

Nun erst erwachte das Gefühl der Rache
in dem Herzen Fausts, und kleidete sich in
den Schmuck eines großen edlen Berufs.
Der Gedanke fuhr durch seine Seele: die
Menschheit an ihren Unterdrückern zu rä-
chen
. Ein stolzes Gefühl durchglühte sei-
nen Busen, die Macht des Teufels, dem er
sich auf Gefahr seines Selbsts ergeben, zu
nutzen, um Gerechtigkeit an den Heuchlern
und Bösewichtern auszuüben. Er rief dem
Teufel zu:

"Fahre
N 4

„Auftrag, die gnaͤdigen Herren hineinzuſte-
„cken, die Saͤcke zuzubinden, und in den
„nahen Fluß zu tragen.“ Der Teufel er-
hub ein lautes Gelaͤchter, und ſagte:
„Sieh doch, Fauſt, der Fuͤrſt von *** will
„dich von dem Enthuſiasmus der Tugend
„abkuͤhlen, den du ihm heute ſo warm ge-
„zeigt haſt.“ Fauſt ſah ihn ergrimmt an,
gab ihm einen Wink; ein hoͤlliſches Geſau-
ſe erfuͤllte den gewoͤlbten Kerker, die Scher-
gen ſtuͤrzten zitternd zu Boden, und die Ge-
fangnen fuhren hinaus.

Nun erſt erwachte das Gefuͤhl der Rache
in dem Herzen Fauſts, und kleidete ſich in
den Schmuck eines großen edlen Berufs.
Der Gedanke fuhr durch ſeine Seele: die
Menſchheit an ihren Unterdruͤckern zu raͤ-
chen
. Ein ſtolzes Gefuͤhl durchgluͤhte ſei-
nen Buſen, die Macht des Teufels, dem er
ſich auf Gefahr ſeines Selbſts ergeben, zu
nutzen, um Gerechtigkeit an den Heuchlern
und Boͤſewichtern auszuuͤben. Er rief dem
Teufel zu:

„Fahre
N 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0210" n="199"/>
&#x201E;Auftrag, die gna&#x0364;digen Herren hineinzu&#x017F;te-<lb/>
&#x201E;cken, die Sa&#x0364;cke zuzubinden, und in den<lb/>
&#x201E;nahen Fluß zu tragen.&#x201C; Der Teufel er-<lb/>
hub ein lautes Gela&#x0364;chter, und &#x017F;agte:<lb/>
&#x201E;Sieh doch, Fau&#x017F;t, der Fu&#x0364;r&#x017F;t von *** will<lb/>
&#x201E;dich von dem Enthu&#x017F;iasmus der Tugend<lb/>
&#x201E;abku&#x0364;hlen, den du ihm heute &#x017F;o warm ge-<lb/>
&#x201E;zeigt ha&#x017F;t.&#x201C; Fau&#x017F;t &#x017F;ah ihn ergrimmt an,<lb/>
gab ihm einen Wink; ein ho&#x0364;lli&#x017F;ches Ge&#x017F;au-<lb/>
&#x017F;e erfu&#x0364;llte den gewo&#x0364;lbten Kerker, die Scher-<lb/>
gen &#x017F;tu&#x0364;rzten zitternd zu Boden, und die Ge-<lb/>
fangnen fuhren hinaus.</p><lb/>
          <p>Nun er&#x017F;t erwachte das Gefu&#x0364;hl der Rache<lb/>
in dem Herzen Fau&#x017F;ts, und kleidete &#x017F;ich in<lb/>
den Schmuck eines großen edlen Berufs.<lb/>
Der Gedanke fuhr durch &#x017F;eine Seele: <hi rendition="#fr">die<lb/>
Men&#x017F;chheit an ihren Unterdru&#x0364;ckern zu ra&#x0364;-<lb/>
chen</hi>. Ein &#x017F;tolzes Gefu&#x0364;hl durchglu&#x0364;hte &#x017F;ei-<lb/>
nen Bu&#x017F;en, die Macht des Teufels, dem er<lb/>
&#x017F;ich auf Gefahr &#x017F;eines Selb&#x017F;ts ergeben, zu<lb/>
nutzen, um Gerechtigkeit an den Heuchlern<lb/>
und Bo&#x0364;&#x017F;ewichtern auszuu&#x0364;ben. Er rief dem<lb/>
Teufel zu:</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">N 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Fahre</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0210] „Auftrag, die gnaͤdigen Herren hineinzuſte- „cken, die Saͤcke zuzubinden, und in den „nahen Fluß zu tragen.“ Der Teufel er- hub ein lautes Gelaͤchter, und ſagte: „Sieh doch, Fauſt, der Fuͤrſt von *** will „dich von dem Enthuſiasmus der Tugend „abkuͤhlen, den du ihm heute ſo warm ge- „zeigt haſt.“ Fauſt ſah ihn ergrimmt an, gab ihm einen Wink; ein hoͤlliſches Geſau- ſe erfuͤllte den gewoͤlbten Kerker, die Scher- gen ſtuͤrzten zitternd zu Boden, und die Ge- fangnen fuhren hinaus. Nun erſt erwachte das Gefuͤhl der Rache in dem Herzen Fauſts, und kleidete ſich in den Schmuck eines großen edlen Berufs. Der Gedanke fuhr durch ſeine Seele: die Menſchheit an ihren Unterdruͤckern zu raͤ- chen. Ein ſtolzes Gefuͤhl durchgluͤhte ſei- nen Buſen, die Macht des Teufels, dem er ſich auf Gefahr ſeines Selbſts ergeben, zu nutzen, um Gerechtigkeit an den Heuchlern und Boͤſewichtern auszuuͤben. Er rief dem Teufel zu: „Fahre N 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/210
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/210>, abgerufen am 21.11.2024.