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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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den Blumen. Die Abgeordneten zählten
den Männern das Gold auf die Hand, der
Pfarrer empfing seinen Theil, und man lie-
ferte die Kinder aus. Noch lange hörte
man die Kinder durch den Wald schreyen,
die Mütter heulten, aber die Männer sag-
ten ihnen: "Hier ist Gold, laßt uns in die
"Schenke gehen, und uns Muth trinken,
"andre zu machen. Man sagt, der König
"fresse die Kinder, besser er frißt sie jung,
"als daß er sie alt schindet, oder sie in ei-
"nen Sack genäht, in die Seine werfen
"läßt, wie er tausenden gethan hat. Laßt
"früh sterben, was zum leiden gebohren ist,
"wahrlich es wäre besser für uns gewesen,
"wenn sein Vater uns jung gefressen
"hätte."

Der Pfarrer tröstete sie, und sagte:

"Es sey ein verdienstliches Werk, und
"der Mutter Gottes, welcher der König so
"sehr zugethan sey, gefällig. Auch seyen
"die Unterthanen für den König geboren,
"und da er an Gottes Statt über sie auf

"Erden
R 5

den Blumen. Die Abgeordneten zaͤhlten
den Maͤnnern das Gold auf die Hand, der
Pfarrer empfing ſeinen Theil, und man lie-
ferte die Kinder aus. Noch lange hoͤrte
man die Kinder durch den Wald ſchreyen,
die Muͤtter heulten, aber die Maͤnner ſag-
ten ihnen: „Hier iſt Gold, laßt uns in die
„Schenke gehen, und uns Muth trinken,
„andre zu machen. Man ſagt, der Koͤnig
„freſſe die Kinder, beſſer er frißt ſie jung,
„als daß er ſie alt ſchindet, oder ſie in ei-
„nen Sack genaͤht, in die Seine werfen
„laͤßt, wie er tauſenden gethan hat. Laßt
„fruͤh ſterben, was zum leiden gebohren iſt,
„wahrlich es waͤre beſſer fuͤr uns geweſen,
„wenn ſein Vater uns jung gefreſſen
„haͤtte.“

Der Pfarrer troͤſtete ſie, und ſagte:

„Es ſey ein verdienſtliches Werk, und
„der Mutter Gottes, welcher der Koͤnig ſo
„ſehr zugethan ſey, gefaͤllig. Auch ſeyen
„die Unterthanen fuͤr den Koͤnig geboren,
„und da er an Gottes Statt uͤber ſie auf

„Erden
R 5
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[265/0276] den Blumen. Die Abgeordneten zaͤhlten den Maͤnnern das Gold auf die Hand, der Pfarrer empfing ſeinen Theil, und man lie- ferte die Kinder aus. Noch lange hoͤrte man die Kinder durch den Wald ſchreyen, die Muͤtter heulten, aber die Maͤnner ſag- ten ihnen: „Hier iſt Gold, laßt uns in die „Schenke gehen, und uns Muth trinken, „andre zu machen. Man ſagt, der Koͤnig „freſſe die Kinder, beſſer er frißt ſie jung, „als daß er ſie alt ſchindet, oder ſie in ei- „nen Sack genaͤht, in die Seine werfen „laͤßt, wie er tauſenden gethan hat. Laßt „fruͤh ſterben, was zum leiden gebohren iſt, „wahrlich es waͤre beſſer fuͤr uns geweſen, „wenn ſein Vater uns jung gefreſſen „haͤtte.“ Der Pfarrer troͤſtete ſie, und ſagte: „Es ſey ein verdienſtliches Werk, und „der Mutter Gottes, welcher der Koͤnig ſo „ſehr zugethan ſey, gefaͤllig. Auch ſeyen „die Unterthanen fuͤr den Koͤnig geboren, „und da er an Gottes Statt uͤber ſie auf „Erden R 5

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/276>, abgerufen am 22.11.2024.