"daß sie ermordet werden, und der krän- "kelnde König ihr Blut trinkt, ein Wahn, "sein scharfes und veraltetes Geblüt, "durch ihr süßes und gesundes zu ver- "jüngen."
Faust. schaudernd. So ist die Welt die Hölle, und ich will ihr mit Freuden ent- fliehen. Und der König trinkt wissend die- sen schauderlichen Trank?
Teufel. Der Arzt, der sein Tyrann ist, und sich bereichert, hat ihn verordnet, und der Beichtvater es unsträflich gefunden, wenn es dazu dienen kann, seine kostbaren Tage zu verlängern.
Sie eilten nach dem Gehölze, verbargen sich hinter dickes Gesträuch, und sahen die Abgeordneten des Königs, mit einigen Bür- gern und dem Priester des Kirchspiels, in Unterhandlung. Vier kleine Kinder lagen vor ihnen im Grase, eins derselben schrie er- bärmlich, die Mutter koßte es, und legte es an die Brust, um es zu stillen. Die andern krochen auf den Bäuchen, und spielten mit
den
„daß ſie ermordet werden, und der kraͤn- „kelnde Koͤnig ihr Blut trinkt, ein Wahn, „ſein ſcharfes und veraltetes Gebluͤt, „durch ihr ſuͤßes und geſundes zu ver- „juͤngen.“
Fauſt. ſchaudernd. So iſt die Welt die Hoͤlle, und ich will ihr mit Freuden ent- fliehen. Und der Koͤnig trinkt wiſſend die- ſen ſchauderlichen Trank?
Teufel. Der Arzt, der ſein Tyrann iſt, und ſich bereichert, hat ihn verordnet, und der Beichtvater es unſtraͤflich gefunden, wenn es dazu dienen kann, ſeine koſtbaren Tage zu verlaͤngern.
Sie eilten nach dem Gehoͤlze, verbargen ſich hinter dickes Geſtraͤuch, und ſahen die Abgeordneten des Koͤnigs, mit einigen Buͤr- gern und dem Prieſter des Kirchſpiels, in Unterhandlung. Vier kleine Kinder lagen vor ihnen im Graſe, eins derſelben ſchrie er- baͤrmlich, die Mutter koßte es, und legte es an die Bruſt, um es zu ſtillen. Die andern krochen auf den Baͤuchen, und ſpielten mit
den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0275"n="264"/>„daß ſie ermordet werden, und der kraͤn-<lb/>„kelnde Koͤnig ihr Blut trinkt, ein Wahn,<lb/>„ſein ſcharfes und veraltetes Gebluͤt,<lb/>„durch ihr ſuͤßes und geſundes zu ver-<lb/>„juͤngen.“</p><lb/><p><hirendition="#fr">Fauſt</hi>. <hirendition="#g">ſchaudernd</hi>. So iſt die Welt<lb/>
die Hoͤlle, und ich will ihr mit Freuden ent-<lb/>
fliehen. Und der Koͤnig trinkt wiſſend die-<lb/>ſen ſchauderlichen Trank?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Teufel</hi>. Der Arzt, der ſein Tyrann iſt,<lb/>
und ſich bereichert, hat ihn verordnet, und<lb/>
der Beichtvater es unſtraͤflich gefunden,<lb/>
wenn es dazu dienen kann, ſeine koſtbaren<lb/>
Tage zu verlaͤngern.</p><lb/><p>Sie eilten nach dem Gehoͤlze, verbargen<lb/>ſich hinter dickes Geſtraͤuch, und ſahen die<lb/>
Abgeordneten des Koͤnigs, mit einigen Buͤr-<lb/>
gern und dem Prieſter des Kirchſpiels, in<lb/>
Unterhandlung. Vier kleine Kinder lagen<lb/>
vor ihnen im Graſe, eins derſelben ſchrie er-<lb/>
baͤrmlich, die Mutter koßte es, und legte es<lb/>
an die Bruſt, um es zu ſtillen. Die andern<lb/>
krochen auf den Baͤuchen, und ſpielten mit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[264/0275]
„daß ſie ermordet werden, und der kraͤn-
„kelnde Koͤnig ihr Blut trinkt, ein Wahn,
„ſein ſcharfes und veraltetes Gebluͤt,
„durch ihr ſuͤßes und geſundes zu ver-
„juͤngen.“
Fauſt. ſchaudernd. So iſt die Welt
die Hoͤlle, und ich will ihr mit Freuden ent-
fliehen. Und der Koͤnig trinkt wiſſend die-
ſen ſchauderlichen Trank?
Teufel. Der Arzt, der ſein Tyrann iſt,
und ſich bereichert, hat ihn verordnet, und
der Beichtvater es unſtraͤflich gefunden,
wenn es dazu dienen kann, ſeine koſtbaren
Tage zu verlaͤngern.
Sie eilten nach dem Gehoͤlze, verbargen
ſich hinter dickes Geſtraͤuch, und ſahen die
Abgeordneten des Koͤnigs, mit einigen Buͤr-
gern und dem Prieſter des Kirchſpiels, in
Unterhandlung. Vier kleine Kinder lagen
vor ihnen im Graſe, eins derſelben ſchrie er-
baͤrmlich, die Mutter koßte es, und legte es
an die Bruſt, um es zu ſtillen. Die andern
krochen auf den Baͤuchen, und ſpielten mit
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/275>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.