ächtlichen Dinges zu seyn, als der Mensch ihm schien. Noch denselben Abend fieng er an, den Edelmann zu stimmen, und sprach vorsetzlich von ihrer nahen Abreise; den fol- genden Morgen warf er ihm bey einem Spa- ziergang die goldne Angel hin, der Gierige schnappte darnach, wollte sie aber noch nicht fassen, und machte die gewöhnlichen Para- den der Tugend -- der Teufel stieg bey je- der heuchlerischen Floskel in der Summe, stieg endlich so hoch, daß der Edelmann in seinem Herzen des Thoren lachte, der sein Gold so unsinnig verschwendete. Der Ver- trag ward gemacht, der Vater ließ Fausten in das Zimmer seiner Tochter ein, und dach- te ihr Heurathsgut auf eine Art erbeutet zu haben, wovon ihr künftiger Mann nichts merken würde. Das Mädchen war in der ersten Blüthe der Jugend, Faust hatte durch den Umgang mit den Weibern erlernt, sie zu bethören, und da er ihr beweisen konnte, daß ihr Vater selbst zu ihrem Fall mit- würkte, so that die Natur das übrige.
Der
aͤchtlichen Dinges zu ſeyn, als der Menſch ihm ſchien. Noch denſelben Abend fieng er an, den Edelmann zu ſtimmen, und ſprach vorſetzlich von ihrer nahen Abreiſe; den fol- genden Morgen warf er ihm bey einem Spa- ziergang die goldne Angel hin, der Gierige ſchnappte darnach, wollte ſie aber noch nicht faſſen, und machte die gewoͤhnlichen Para- den der Tugend — der Teufel ſtieg bey je- der heuchleriſchen Floskel in der Summe, ſtieg endlich ſo hoch, daß der Edelmann in ſeinem Herzen des Thoren lachte, der ſein Gold ſo unſinnig verſchwendete. Der Ver- trag ward gemacht, der Vater ließ Fauſten in das Zimmer ſeiner Tochter ein, und dach- te ihr Heurathsgut auf eine Art erbeutet zu haben, wovon ihr kuͤnftiger Mann nichts merken wuͤrde. Das Maͤdchen war in der erſten Bluͤthe der Jugend, Fauſt hatte durch den Umgang mit den Weibern erlernt, ſie zu bethoͤren, und da er ihr beweiſen konnte, daß ihr Vater ſelbſt zu ihrem Fall mit- wuͤrkte, ſo that die Natur das uͤbrige.
Der
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aͤchtlichen Dinges zu ſeyn, als der Menſch
ihm ſchien. Noch denſelben Abend fieng er
an, den Edelmann zu ſtimmen, und ſprach
vorſetzlich von ihrer nahen Abreiſe; den fol-
genden Morgen warf er ihm bey einem Spa-
ziergang die goldne Angel hin, der Gierige
ſchnappte darnach, wollte ſie aber noch nicht
faſſen, und machte die gewoͤhnlichen Para-
den der Tugend — der Teufel ſtieg bey je-
der heuchleriſchen Floskel in der Summe,
ſtieg endlich ſo hoch, daß der Edelmann in
ſeinem Herzen des Thoren lachte, der ſein
Gold ſo unſinnig verſchwendete. Der Ver-
trag ward gemacht, der Vater ließ Fauſten
in das Zimmer ſeiner Tochter ein, und dach-
te ihr Heurathsgut auf eine Art erbeutet zu
haben, wovon ihr kuͤnftiger Mann nichts
merken wuͤrde. Das Maͤdchen war in der
erſten Bluͤthe der Jugend, Fauſt hatte durch
den Umgang mit den Weibern erlernt, ſie
zu bethoͤren, und da er ihr beweiſen konnte,
daß ihr Vater ſelbſt zu ihrem Fall mit-
wuͤrkte, ſo that die Natur das uͤbrige.
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/278>, abgerufen am 25.11.2024.
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