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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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"den, heut ein Abendessen -- Mein Bruder
"wird spät in der Nacht zu einer uns ge-
"meinschaftlichen Buhlerin schleichen, und
"ich müßte Michellotto schlecht kennen,
"wenn er den Weg zu seinem Pallast zurück
"fände. Ich heiße Cäsar, und will alles
"oder nichts seyn."

Michellotto faßte des Kardinals Hand,
dankte ihm für sein Zutrauen, berief sich auf
die Beweise seiner Treue und Ergebenheit,
und entfernte sich, um einige seiner Gesellen
auf die That vorzubereiten.

Faust und der Teufel wurden zu dieser
Abendmahlzeit gleichfalls eingeladen. Die
Gäste waren sehr munter. Francisco über-
häufte seinen Bruder mit Zärtlichkeit, ohne
dessen Entschluß zu erschüttern. Nach dem
Essen nahm Cäsar Abschied von seiner Mut-
ter, um sich zu dem Papst zu begeben, seine
lezten Befehle abzuholen; sein Bruder er-
bot sich, ihn eine Strecke Wegs zu beglei-
ten, um das Vergnügen seiner Gesellschaft
noch einige Augenblicke länger zu genießen.

Faust

„den, heut ein Abendeſſen — Mein Bruder
„wird ſpaͤt in der Nacht zu einer uns ge-
„meinſchaftlichen Buhlerin ſchleichen, und
„ich muͤßte Michellotto ſchlecht kennen,
„wenn er den Weg zu ſeinem Pallaſt zuruͤck
„faͤnde. Ich heiße Caͤſar, und will alles
„oder nichts ſeyn.“

Michellotto faßte des Kardinals Hand,
dankte ihm fuͤr ſein Zutrauen, berief ſich auf
die Beweiſe ſeiner Treue und Ergebenheit,
und entfernte ſich, um einige ſeiner Geſellen
auf die That vorzubereiten.

Fauſt und der Teufel wurden zu dieſer
Abendmahlzeit gleichfalls eingeladen. Die
Gaͤſte waren ſehr munter. Francisco uͤber-
haͤufte ſeinen Bruder mit Zaͤrtlichkeit, ohne
deſſen Entſchluß zu erſchuͤttern. Nach dem
Eſſen nahm Caͤſar Abſchied von ſeiner Mut-
ter, um ſich zu dem Papſt zu begeben, ſeine
lezten Befehle abzuholen; ſein Bruder er-
bot ſich, ihn eine Strecke Wegs zu beglei-
ten, um das Vergnuͤgen ſeiner Geſellſchaft
noch einige Augenblicke laͤnger zu genießen.

Fauſt
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[314/0325] „den, heut ein Abendeſſen — Mein Bruder „wird ſpaͤt in der Nacht zu einer uns ge- „meinſchaftlichen Buhlerin ſchleichen, und „ich muͤßte Michellotto ſchlecht kennen, „wenn er den Weg zu ſeinem Pallaſt zuruͤck „faͤnde. Ich heiße Caͤſar, und will alles „oder nichts ſeyn.“ Michellotto faßte des Kardinals Hand, dankte ihm fuͤr ſein Zutrauen, berief ſich auf die Beweiſe ſeiner Treue und Ergebenheit, und entfernte ſich, um einige ſeiner Geſellen auf die That vorzubereiten. Fauſt und der Teufel wurden zu dieſer Abendmahlzeit gleichfalls eingeladen. Die Gaͤſte waren ſehr munter. Francisco uͤber- haͤufte ſeinen Bruder mit Zaͤrtlichkeit, ohne deſſen Entſchluß zu erſchuͤttern. Nach dem Eſſen nahm Caͤſar Abſchied von ſeiner Mut- ter, um ſich zu dem Papſt zu begeben, ſeine lezten Befehle abzuholen; ſein Bruder er- bot ſich, ihn eine Strecke Wegs zu beglei- ten, um das Vergnuͤgen ſeiner Geſellſchaft noch einige Augenblicke laͤnger zu genießen. Fauſt

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/325>, abgerufen am 22.11.2024.