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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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Er forderte nicht weniger von ihm, als das
ganze Vatican mit allen Borgias zu zertrüm-
mern, und die Menschheit an den Ungeheu-
ern zu rächen. Es war dem Teufel ein
leichtes, ihm zu beweisen, daß es nicht sei-
ne, sondern die Sache des Himmels sey,
dem Bösen zu wehren, und er führte dieses
Thema so aus, daß Faust zwar von sei-
nem Wahnsinn geheilt wurde, aber an ei-
ner noch gefährlichern Seuche erkrankte,
denn er überzeugte sich nun völlig, der
Mensch sey ein elender Sclave, und sein
Herr und Schöpfer ein grausamer Despot,
der an seinem Unsinn und seinem Frevel ei-
nen Gefallen hätte, um ihn desto schärfer
bestrafen zu können, ja der ihm geflißent-
lich, alle diese, seinem Glücke widerspre-
chende Neigungen in das Herz gelegt hatte,
um seiner Rache an ihm genug zu thun.
Die Tugendhaften und Gerechten hielt er
für Thoren, die den Bösen zum Raub und
Fraße hingeworfen wären.

Als

Er forderte nicht weniger von ihm, als das
ganze Vatican mit allen Borgias zu zertruͤm-
mern, und die Menſchheit an den Ungeheu-
ern zu raͤchen. Es war dem Teufel ein
leichtes, ihm zu beweiſen, daß es nicht ſei-
ne, ſondern die Sache des Himmels ſey,
dem Boͤſen zu wehren, und er fuͤhrte dieſes
Thema ſo aus, daß Fauſt zwar von ſei-
nem Wahnſinn geheilt wurde, aber an ei-
ner noch gefaͤhrlichern Seuche erkrankte,
denn er uͤberzeugte ſich nun voͤllig, der
Menſch ſey ein elender Sclave, und ſein
Herr und Schoͤpfer ein grauſamer Deſpot,
der an ſeinem Unſinn und ſeinem Frevel ei-
nen Gefallen haͤtte, um ihn deſto ſchaͤrfer
beſtrafen zu koͤnnen, ja der ihm geflißent-
lich, alle dieſe, ſeinem Gluͤcke widerſpre-
chende Neigungen in das Herz gelegt hatte,
um ſeiner Rache an ihm genug zu thun.
Die Tugendhaften und Gerechten hielt er
fuͤr Thoren, die den Boͤſen zum Raub und
Fraße hingeworfen waͤren.

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[342/0353] Er forderte nicht weniger von ihm, als das ganze Vatican mit allen Borgias zu zertruͤm- mern, und die Menſchheit an den Ungeheu- ern zu raͤchen. Es war dem Teufel ein leichtes, ihm zu beweiſen, daß es nicht ſei- ne, ſondern die Sache des Himmels ſey, dem Boͤſen zu wehren, und er fuͤhrte dieſes Thema ſo aus, daß Fauſt zwar von ſei- nem Wahnſinn geheilt wurde, aber an ei- ner noch gefaͤhrlichern Seuche erkrankte, denn er uͤberzeugte ſich nun voͤllig, der Menſch ſey ein elender Sclave, und ſein Herr und Schoͤpfer ein grauſamer Deſpot, der an ſeinem Unſinn und ſeinem Frevel ei- nen Gefallen haͤtte, um ihn deſto ſchaͤrfer beſtrafen zu koͤnnen, ja der ihm geflißent- lich, alle dieſe, ſeinem Gluͤcke widerſpre- chende Neigungen in das Herz gelegt hatte, um ſeiner Rache an ihm genug zu thun. Die Tugendhaften und Gerechten hielt er fuͤr Thoren, die den Boͤſen zum Raub und Fraße hingeworfen waͤren. Als

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/353>, abgerufen am 22.11.2024.