riß zu einem großen Bau, und jeder der Menge, alt und jung, schwach und stark, nahm von den verworrnen Haufen ein schick- liches Stück, und trug es nach der Anwei- sung derer, die der Genius erlesen hatte, an den gehörigen Ort. Alles arbeitete mit Freuden, Muth und Unverdrossenheit, und schon erhub sich das Gebäude hoch über der Erde, als sie auf einmal von großen Schaa- ren überfallen wurden, die aus einem dunk- len Hinterhalt, in drey Haufen auf sie dran- gen. An der Spitze eines jeden stund ein besonderer Heerführer. Der erste trug ei- ne schimmernde Krone auf seinem Haupte, auf seinem ehernen Schilde glänzte das Wort Gewalt, in seiner Rechten hielt er ei- nen Scepter, der wie der Stab Mercurs, mit einer Schlange und einer Geißel um- wunden war. Vor ihm her gieng eine Hyäne, die ein Buch im blutigen Rachen trug, auf dessen Rücken geschrieben stund, mein Wille! Sein Heer war mit Schwerd- tern Speeren und andern zerstöhrenden Werk-
zeugen
Z 4
riß zu einem großen Bau, und jeder der Menge, alt und jung, ſchwach und ſtark, nahm von den verworrnen Haufen ein ſchick- liches Stuͤck, und trug es nach der Anwei- ſung derer, die der Genius erleſen hatte, an den gehoͤrigen Ort. Alles arbeitete mit Freuden, Muth und Unverdroſſenheit, und ſchon erhub ſich das Gebaͤude hoch uͤber der Erde, als ſie auf einmal von großen Schaa- ren uͤberfallen wurden, die aus einem dunk- len Hinterhalt, in drey Haufen auf ſie dran- gen. An der Spitze eines jeden ſtund ein beſonderer Heerfuͤhrer. Der erſte trug ei- ne ſchimmernde Krone auf ſeinem Haupte, auf ſeinem ehernen Schilde glaͤnzte das Wort Gewalt, in ſeiner Rechten hielt er ei- nen Scepter, der wie der Stab Mercurs, mit einer Schlange und einer Geißel um- wunden war. Vor ihm her gieng eine Hyaͤne, die ein Buch im blutigen Rachen trug, auf deſſen Ruͤcken geſchrieben ſtund, mein Wille! Sein Heer war mit Schwerd- tern Speeren und andern zerſtoͤhrenden Werk-
zeugen
Z 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0370"n="359"/>
riß zu einem großen Bau, und jeder der<lb/>
Menge, alt und jung, ſchwach und ſtark,<lb/>
nahm von den verworrnen Haufen ein ſchick-<lb/>
liches Stuͤck, und trug es nach der Anwei-<lb/>ſung derer, die der <hirendition="#fr">Genius</hi> erleſen hatte, an<lb/>
den gehoͤrigen Ort. Alles arbeitete mit<lb/>
Freuden, Muth und Unverdroſſenheit, und<lb/>ſchon erhub ſich das Gebaͤude hoch uͤber der<lb/>
Erde, als ſie auf einmal von großen Schaa-<lb/>
ren uͤberfallen wurden, die aus einem dunk-<lb/>
len Hinterhalt, in drey Haufen auf ſie dran-<lb/>
gen. An der Spitze eines jeden ſtund ein<lb/>
beſonderer Heerfuͤhrer. Der erſte trug ei-<lb/>
ne ſchimmernde Krone auf ſeinem Haupte,<lb/>
auf ſeinem ehernen Schilde glaͤnzte das<lb/>
Wort <hirendition="#fr">Gewalt</hi>, in ſeiner Rechten hielt er ei-<lb/>
nen Scepter, der wie der Stab Mercurs,<lb/>
mit einer Schlange und einer Geißel um-<lb/>
wunden war. Vor ihm her gieng eine<lb/>
Hyaͤne, die ein Buch im blutigen Rachen<lb/>
trug, auf deſſen Ruͤcken geſchrieben ſtund,<lb/><hirendition="#fr">mein Wille</hi>! Sein Heer war mit Schwerd-<lb/>
tern Speeren und andern zerſtoͤhrenden Werk-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Z 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">zeugen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[359/0370]
riß zu einem großen Bau, und jeder der
Menge, alt und jung, ſchwach und ſtark,
nahm von den verworrnen Haufen ein ſchick-
liches Stuͤck, und trug es nach der Anwei-
ſung derer, die der Genius erleſen hatte, an
den gehoͤrigen Ort. Alles arbeitete mit
Freuden, Muth und Unverdroſſenheit, und
ſchon erhub ſich das Gebaͤude hoch uͤber der
Erde, als ſie auf einmal von großen Schaa-
ren uͤberfallen wurden, die aus einem dunk-
len Hinterhalt, in drey Haufen auf ſie dran-
gen. An der Spitze eines jeden ſtund ein
beſonderer Heerfuͤhrer. Der erſte trug ei-
ne ſchimmernde Krone auf ſeinem Haupte,
auf ſeinem ehernen Schilde glaͤnzte das
Wort Gewalt, in ſeiner Rechten hielt er ei-
nen Scepter, der wie der Stab Mercurs,
mit einer Schlange und einer Geißel um-
wunden war. Vor ihm her gieng eine
Hyaͤne, die ein Buch im blutigen Rachen
trug, auf deſſen Ruͤcken geſchrieben ſtund,
mein Wille! Sein Heer war mit Schwerd-
tern Speeren und andern zerſtoͤhrenden Werk-
zeugen
Z 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/370>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.