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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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2.

Faust lag in einem süßen Morgenschlum-
mer auf der Gränze Italiens, als sich ein
sehr bedeutender Traum vor seinem Geist
mit lebhaften Farben mahlte, den eine schau-
dervolle Erscheinung beschloß. Er sah den
Genius der Menschheit, der ihm einst er-
schienen, auf einer großen blühenden In-
sel, die ein stürmisches Meer umfloß, unru-
hig auf und nieder wandern, und sehr ängst-
lich nach den empörten Fluthen blicken.
Das tobende Meer war mit unzählichen
Kähnen bedeckt, in welchen Greise, Männer,
Jünglinge Knaben, Kinder, Weiber und
Jungfrauen von allen Völkern der Erde sa-
ßen, die mit allen Kräften gegen den Sturm
arbeiteten, um die Insel zu erreichen. So
wie die Glücklichen nach und nach landeten,
luden sie verschiedne Baumaterialien aus,
die sie in verworrnen Haufen hinwarfen.
Nachdem eine unzählbare Menge das Land
betreten hatte, entwarf der Genius auf
der erhabensten Stelle der Insel, den Grund-

riß
2.

Fauſt lag in einem ſuͤßen Morgenſchlum-
mer auf der Graͤnze Italiens, als ſich ein
ſehr bedeutender Traum vor ſeinem Geiſt
mit lebhaften Farben mahlte, den eine ſchau-
dervolle Erſcheinung beſchloß. Er ſah den
Genius der Menſchheit, der ihm einſt er-
ſchienen, auf einer großen bluͤhenden In-
ſel, die ein ſtuͤrmiſches Meer umfloß, unru-
hig auf und nieder wandern, und ſehr aͤngſt-
lich nach den empoͤrten Fluthen blicken.
Das tobende Meer war mit unzaͤhlichen
Kaͤhnen bedeckt, in welchen Greiſe, Maͤnner,
Juͤnglinge Knaben, Kinder, Weiber und
Jungfrauen von allen Voͤlkern der Erde ſa-
ßen, die mit allen Kraͤften gegen den Sturm
arbeiteten, um die Inſel zu erreichen. So
wie die Gluͤcklichen nach und nach landeten,
luden ſie verſchiedne Baumaterialien aus,
die ſie in verworrnen Haufen hinwarfen.
Nachdem eine unzaͤhlbare Menge das Land
betreten hatte, entwarf der Genius auf
der erhabenſten Stelle der Inſel, den Grund-

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[358/0369] 2. Fauſt lag in einem ſuͤßen Morgenſchlum- mer auf der Graͤnze Italiens, als ſich ein ſehr bedeutender Traum vor ſeinem Geiſt mit lebhaften Farben mahlte, den eine ſchau- dervolle Erſcheinung beſchloß. Er ſah den Genius der Menſchheit, der ihm einſt er- ſchienen, auf einer großen bluͤhenden In- ſel, die ein ſtuͤrmiſches Meer umfloß, unru- hig auf und nieder wandern, und ſehr aͤngſt- lich nach den empoͤrten Fluthen blicken. Das tobende Meer war mit unzaͤhlichen Kaͤhnen bedeckt, in welchen Greiſe, Maͤnner, Juͤnglinge Knaben, Kinder, Weiber und Jungfrauen von allen Voͤlkern der Erde ſa- ßen, die mit allen Kraͤften gegen den Sturm arbeiteten, um die Inſel zu erreichen. So wie die Gluͤcklichen nach und nach landeten, luden ſie verſchiedne Baumaterialien aus, die ſie in verworrnen Haufen hinwarfen. Nachdem eine unzaͤhlbare Menge das Land betreten hatte, entwarf der Genius auf der erhabenſten Stelle der Inſel, den Grund- riß

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/369>, abgerufen am 22.11.2024.