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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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ses, und verkürzte sich die Zeit mit der süs-
sen Hoffnung, bald wieder den süßen Dampf
der Hölle zu riechen. Er freute sich schon
im Voraus darauf, wie er des Satans
spotten wollte, der ihm Fausten als einen
Kerl besondrer Kraft empfohlen hätte, den
er doch vor der Entwicklung seines Schick-
sals so mürbe sah. Er stellte sich den Küh-
nen in dem Augenblick vor, da er ihm zum
erstenmal erscheinen mußte, und nun sah er
ihn gebeugt, wie einen büßenden Mönch,
neben sich her reiten. Sein Haß gegen ihn
nahm zu, und er jauchzte in seinem schwar-
zen Inneren, als er Worms in der Ebene
vor sich liegen lag.

4.

Sie ritten beyde die Landstraße hinan,
und als sie noch einige Steinwürfe von der
Stadt entfernt waren, sahen sie einen Gal-
gen nah an derselben, an welchem ein schlan-
ker, wohlgestalteter Jüngling hieng. Faust
blickte hinauf. Der frische Abendwind, der

durch
Fausts Leben. A a

ſes, und verkuͤrzte ſich die Zeit mit der ſuͤſ-
ſen Hoffnung, bald wieder den ſuͤßen Dampf
der Hoͤlle zu riechen. Er freute ſich ſchon
im Voraus darauf, wie er des Satans
ſpotten wollte, der ihm Fauſten als einen
Kerl beſondrer Kraft empfohlen haͤtte, den
er doch vor der Entwicklung ſeines Schick-
ſals ſo muͤrbe ſah. Er ſtellte ſich den Kuͤh-
nen in dem Augenblick vor, da er ihm zum
erſtenmal erſcheinen mußte, und nun ſah er
ihn gebeugt, wie einen buͤßenden Moͤnch,
neben ſich her reiten. Sein Haß gegen ihn
nahm zu, und er jauchzte in ſeinem ſchwar-
zen Inneren, als er Worms in der Ebene
vor ſich liegen lag.

4.

Sie ritten beyde die Landſtraße hinan,
und als ſie noch einige Steinwuͤrfe von der
Stadt entfernt waren, ſahen ſie einen Gal-
gen nah an derſelben, an welchem ein ſchlan-
ker, wohlgeſtalteter Juͤngling hieng. Fauſt
blickte hinauf. Der friſche Abendwind, der

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[369/0380] ſes, und verkuͤrzte ſich die Zeit mit der ſuͤſ- ſen Hoffnung, bald wieder den ſuͤßen Dampf der Hoͤlle zu riechen. Er freute ſich ſchon im Voraus darauf, wie er des Satans ſpotten wollte, der ihm Fauſten als einen Kerl beſondrer Kraft empfohlen haͤtte, den er doch vor der Entwicklung ſeines Schick- ſals ſo muͤrbe ſah. Er ſtellte ſich den Kuͤh- nen in dem Augenblick vor, da er ihm zum erſtenmal erſcheinen mußte, und nun ſah er ihn gebeugt, wie einen buͤßenden Moͤnch, neben ſich her reiten. Sein Haß gegen ihn nahm zu, und er jauchzte in ſeinem ſchwar- zen Inneren, als er Worms in der Ebene vor ſich liegen lag. 4. Sie ritten beyde die Landſtraße hinan, und als ſie noch einige Steinwuͤrfe von der Stadt entfernt waren, ſahen ſie einen Gal- gen nah an derſelben, an welchem ein ſchlan- ker, wohlgeſtalteter Juͤngling hieng. Fauſt blickte hinauf. Der friſche Abendwind, der durch Fauſts Leben. A a

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/380>, abgerufen am 22.11.2024.