Es ist wahr, mit dem Fürst Bischof ist dir's besser gelungen. Er ließ den Hans Ruprecht begraben, und versezte seine Fami- lie in Wohlstand. Auch verlohr er durch meine Vorspieglung sein Fett, und ward ei- ner der gelindesten und gütigsten Fürsten, erschlaffte aber die Bande der bürgerlichen Ordnung so durch seine Nachsicht, daß sei- ne Unterthanen bald ein Haufen Hallunken, Säufer, Faullenzer, Räuber und liederli- chen Gesindels ward. Um sie wiederum zu Menschen zu machen, mußte nun der jezige Bischof ihr Henker werden, hundert Fami- lien zerstöhren und hinrichten, damit die andern, durch das Beyspiel erschreckt, in die bürgerliche Ordnung einträten. Drey Schlemmer und Fresser hätten diesem Volke nicht so weh gethan, als ihm diejenigen nun thun, denen dieser Fürst, gezwungen, das Schwerdt der Gerechtigkeit, und die Gewalt der Rache vertrauen muß.
Der Doktor Robertus, der berühmte Freyheitsrächer, der Mann nach deinem
Sinne,
Es iſt wahr, mit dem Fuͤrſt Biſchof iſt dir’s beſſer gelungen. Er ließ den Hans Ruprecht begraben, und verſezte ſeine Fami- lie in Wohlſtand. Auch verlohr er durch meine Vorſpieglung ſein Fett, und ward ei- ner der gelindeſten und guͤtigſten Fuͤrſten, erſchlaffte aber die Bande der buͤrgerlichen Ordnung ſo durch ſeine Nachſicht, daß ſei- ne Unterthanen bald ein Haufen Hallunken, Saͤufer, Faullenzer, Raͤuber und liederli- chen Geſindels ward. Um ſie wiederum zu Menſchen zu machen, mußte nun der jezige Biſchof ihr Henker werden, hundert Fami- lien zerſtoͤhren und hinrichten, damit die andern, durch das Beyſpiel erſchreckt, in die buͤrgerliche Ordnung eintraͤten. Drey Schlemmer und Freſſer haͤtten dieſem Volke nicht ſo weh gethan, als ihm diejenigen nun thun, denen dieſer Fuͤrſt, gezwungen, das Schwerdt der Gerechtigkeit, und die Gewalt der Rache vertrauen muß.
Der Doktor Robertus, der beruͤhmte Freyheitsraͤcher, der Mann nach deinem
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Es iſt wahr, mit dem Fuͤrſt Biſchof iſt
dir’s beſſer gelungen. Er ließ den Hans
Ruprecht begraben, und verſezte ſeine Fami-
lie in Wohlſtand. Auch verlohr er durch
meine Vorſpieglung ſein Fett, und ward ei-
ner der gelindeſten und guͤtigſten Fuͤrſten,
erſchlaffte aber die Bande der buͤrgerlichen
Ordnung ſo durch ſeine Nachſicht, daß ſei-
ne Unterthanen bald ein Haufen Hallunken,
Saͤufer, Faullenzer, Raͤuber und liederli-
chen Geſindels ward. Um ſie wiederum zu
Menſchen zu machen, mußte nun der jezige
Biſchof ihr Henker werden, hundert Fami-
lien zerſtoͤhren und hinrichten, damit die
andern, durch das Beyſpiel erſchreckt, in
die buͤrgerliche Ordnung eintraͤten. Drey
Schlemmer und Freſſer haͤtten dieſem Volke
nicht ſo weh gethan, als ihm diejenigen nun
thun, denen dieſer Fuͤrſt, gezwungen, das
Schwerdt der Gerechtigkeit, und die Gewalt
der Rache vertrauen muß.
Der Doktor Robertus, der beruͤhmte
Freyheitsraͤcher, der Mann nach deinem
Sinne,
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/394>, abgerufen am 22.11.2024.
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