Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

men, und verlieren ihre Kraft an mir.
Sieh, meine Augen sind starr und trocken,
nenne meine Stumpfheit Verzweiflung --
noch kann ich ihrer spotten, und mein Geist
kämpft mit der peinlichen Wallung meines
Herzens. Nur dieser da, und die ich eben
gesehen, liegen wie eine ungeheure Last auf
mir, und zerknirschen meine sich noch empö-
rende Kraft. Um der guten That willen
muß er hier henken! Um der guten That
willen müssen sie im Elend verschmachten,
und eine Reihe niederträchtiger Sünder
fortpflanzen! Sah ich was anders als
Morden, Vergiften und Greuel in der Welt?
Sah ich nicht überall den Gerechten zertre-
ten, und den Lasterhaften glücklich und
belohnt?

Teufel. Das kann nun wohl seyn, und
beweist nur, was für Kerle ihr seyd; aber
was prahlst du mir immer von deiner guten
That vor? Wodurch verdient sie diesen
Namen? Etwa dadurch, daß du mir den
Wink dazu gegeben, der dich wahrlich nicht

viel

men, und verlieren ihre Kraft an mir.
Sieh, meine Augen ſind ſtarr und trocken,
nenne meine Stumpfheit Verzweiflung —
noch kann ich ihrer ſpotten, und mein Geiſt
kaͤmpft mit der peinlichen Wallung meines
Herzens. Nur dieſer da, und die ich eben
geſehen, liegen wie eine ungeheure Laſt auf
mir, und zerknirſchen meine ſich noch empoͤ-
rende Kraft. Um der guten That willen
muß er hier henken! Um der guten That
willen muͤſſen ſie im Elend verſchmachten,
und eine Reihe niedertraͤchtiger Suͤnder
fortpflanzen! Sah ich was anders als
Morden, Vergiften und Greuel in der Welt?
Sah ich nicht uͤberall den Gerechten zertre-
ten, und den Laſterhaften gluͤcklich und
belohnt?

Teufel. Das kann nun wohl ſeyn, und
beweiſt nur, was fuͤr Kerle ihr ſeyd; aber
was prahlſt du mir immer von deiner guten
That vor? Wodurch verdient ſie dieſen
Namen? Etwa dadurch, daß du mir den
Wink dazu gegeben, der dich wahrlich nicht

viel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0407" n="396"/>
men, und verlieren ihre Kraft an mir.<lb/>
Sieh, meine Augen &#x017F;ind &#x017F;tarr und trocken,<lb/>
nenne meine Stumpfheit Verzweiflung &#x2014;<lb/>
noch kann ich ihrer &#x017F;potten, und mein Gei&#x017F;t<lb/>
ka&#x0364;mpft mit der peinlichen Wallung meines<lb/>
Herzens. Nur die&#x017F;er da, und die ich eben<lb/>
ge&#x017F;ehen, liegen wie eine ungeheure La&#x017F;t auf<lb/>
mir, und zerknir&#x017F;chen meine &#x017F;ich noch empo&#x0364;-<lb/>
rende Kraft. Um der guten That willen<lb/>
muß er hier henken! Um der guten That<lb/>
willen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie im Elend ver&#x017F;chmachten,<lb/>
und eine Reihe niedertra&#x0364;chtiger Su&#x0364;nder<lb/>
fortpflanzen! Sah ich was anders als<lb/>
Morden, Vergiften und Greuel in der Welt?<lb/>
Sah ich nicht u&#x0364;berall den Gerechten zertre-<lb/>
ten, und den La&#x017F;terhaften glu&#x0364;cklich und<lb/>
belohnt?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Teufel</hi>. Das kann nun wohl &#x017F;eyn, und<lb/>
bewei&#x017F;t nur, was fu&#x0364;r Kerle ihr &#x017F;eyd; aber<lb/>
was prahl&#x017F;t du mir immer von deiner guten<lb/>
That vor? Wodurch verdient &#x017F;ie die&#x017F;en<lb/>
Namen? Etwa dadurch, daß du mir den<lb/>
Wink dazu gegeben, der dich wahrlich nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">viel</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0407] men, und verlieren ihre Kraft an mir. Sieh, meine Augen ſind ſtarr und trocken, nenne meine Stumpfheit Verzweiflung — noch kann ich ihrer ſpotten, und mein Geiſt kaͤmpft mit der peinlichen Wallung meines Herzens. Nur dieſer da, und die ich eben geſehen, liegen wie eine ungeheure Laſt auf mir, und zerknirſchen meine ſich noch empoͤ- rende Kraft. Um der guten That willen muß er hier henken! Um der guten That willen muͤſſen ſie im Elend verſchmachten, und eine Reihe niedertraͤchtiger Suͤnder fortpflanzen! Sah ich was anders als Morden, Vergiften und Greuel in der Welt? Sah ich nicht uͤberall den Gerechten zertre- ten, und den Laſterhaften gluͤcklich und belohnt? Teufel. Das kann nun wohl ſeyn, und beweiſt nur, was fuͤr Kerle ihr ſeyd; aber was prahlſt du mir immer von deiner guten That vor? Wodurch verdient ſie dieſen Namen? Etwa dadurch, daß du mir den Wink dazu gegeben, der dich wahrlich nicht viel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/407
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/407>, abgerufen am 24.11.2024.