Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Er stund in Riesengestalt vor ihm. Sei-
ne Augen glühten wie vollgefüllte Sturm-
wolken, auf denen sich die untergehende Son-
ne spiegelt. Der Gang seines Athems
glich dem Schnauben des zornigen Löwens.
Der Boden ächzte unter seinem ehernen Fu-
ße, der Sturm saußte in seinen fliegenden
Haaren, die um sein Haupt schwebten, wie
der Schweif um den drohenden Kometen.
Faust lag vor ihm, wie ein Wurm, der fürch-
terliche Anblick hatte seine Sinne gelähmt,
und alle Kraft seines Geists gebrochen.
Dann faßte er ihn mit einem Hohngelächter,
das über die Fläche der Erde hinzischte, zer-
riß den Bebenden, wie der muthwillige
Knabe eine Fliege zerreißt, streute den Rumpf
und die blutenden Glieder mit Ekel und Un-
willen auf das Feld, und fuhr mit seiner
Seele zur Hölle.

8.

Die Teufel waren um den Satan ver-
sammelt, der mit den Fürsten zu Rathe saß,

um

Er ſtund in Rieſengeſtalt vor ihm. Sei-
ne Augen gluͤhten wie vollgefuͤllte Sturm-
wolken, auf denen ſich die untergehende Son-
ne ſpiegelt. Der Gang ſeines Athems
glich dem Schnauben des zornigen Loͤwens.
Der Boden aͤchzte unter ſeinem ehernen Fu-
ße, der Sturm ſaußte in ſeinen fliegenden
Haaren, die um ſein Haupt ſchwebten, wie
der Schweif um den drohenden Kometen.
Fauſt lag vor ihm, wie ein Wurm, der fuͤrch-
terliche Anblick hatte ſeine Sinne gelaͤhmt,
und alle Kraft ſeines Geiſts gebrochen.
Dann faßte er ihn mit einem Hohngelaͤchter,
das uͤber die Flaͤche der Erde hinziſchte, zer-
riß den Bebenden, wie der muthwillige
Knabe eine Fliege zerreißt, ſtreute den Rumpf
und die blutenden Glieder mit Ekel und Un-
willen auf das Feld, und fuhr mit ſeiner
Seele zur Hoͤlle.

8.

Die Teufel waren um den Satan ver-
ſammelt, der mit den Fuͤrſten zu Rathe ſaß,

um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0413" n="402"/>
          <p>Er &#x017F;tund in Rie&#x017F;enge&#x017F;talt vor ihm. Sei-<lb/>
ne Augen glu&#x0364;hten wie vollgefu&#x0364;llte Sturm-<lb/>
wolken, auf denen &#x017F;ich die untergehende Son-<lb/>
ne &#x017F;piegelt. Der Gang &#x017F;eines Athems<lb/>
glich dem Schnauben des zornigen Lo&#x0364;wens.<lb/>
Der Boden a&#x0364;chzte unter &#x017F;einem ehernen Fu-<lb/>
ße, der Sturm &#x017F;außte in &#x017F;einen fliegenden<lb/>
Haaren, die um &#x017F;ein Haupt &#x017F;chwebten, wie<lb/>
der Schweif um den drohenden Kometen.<lb/>
Fau&#x017F;t lag vor ihm, wie ein Wurm, der fu&#x0364;rch-<lb/>
terliche Anblick hatte &#x017F;eine Sinne gela&#x0364;hmt,<lb/>
und alle Kraft &#x017F;eines Gei&#x017F;ts gebrochen.<lb/>
Dann faßte er ihn mit einem Hohngela&#x0364;chter,<lb/>
das u&#x0364;ber die Fla&#x0364;che der Erde hinzi&#x017F;chte, zer-<lb/>
riß den Bebenden, wie der muthwillige<lb/>
Knabe eine Fliege zerreißt, &#x017F;treute den Rumpf<lb/>
und die blutenden Glieder mit Ekel und Un-<lb/>
willen auf das Feld, und fuhr mit &#x017F;einer<lb/>
Seele zur Ho&#x0364;lle.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>8.</head><lb/>
          <p>Die Teufel waren um den Satan ver-<lb/>
&#x017F;ammelt, der mit den Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu Rathe &#x017F;aß,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">um</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[402/0413] Er ſtund in Rieſengeſtalt vor ihm. Sei- ne Augen gluͤhten wie vollgefuͤllte Sturm- wolken, auf denen ſich die untergehende Son- ne ſpiegelt. Der Gang ſeines Athems glich dem Schnauben des zornigen Loͤwens. Der Boden aͤchzte unter ſeinem ehernen Fu- ße, der Sturm ſaußte in ſeinen fliegenden Haaren, die um ſein Haupt ſchwebten, wie der Schweif um den drohenden Kometen. Fauſt lag vor ihm, wie ein Wurm, der fuͤrch- terliche Anblick hatte ſeine Sinne gelaͤhmt, und alle Kraft ſeines Geiſts gebrochen. Dann faßte er ihn mit einem Hohngelaͤchter, das uͤber die Flaͤche der Erde hinziſchte, zer- riß den Bebenden, wie der muthwillige Knabe eine Fliege zerreißt, ſtreute den Rumpf und die blutenden Glieder mit Ekel und Un- willen auf das Feld, und fuhr mit ſeiner Seele zur Hoͤlle. 8. Die Teufel waren um den Satan ver- ſammelt, der mit den Fuͤrſten zu Rathe ſaß, um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/413
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/413>, abgerufen am 21.11.2024.