Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

tik aber schlug ihn so heftig darauf, daß er
laut heulte, und fürchterlich grinste. Die
Poesie ließen sie mit verbranntem Steiße her-
umhüpfen, weil sie nackend, und ihr
nichts abzuschneiden war. Endlich erbarm-
te sich ihrer die Geschichte, und legte ihr
ein nasses Blatt aus einem empfindsamen
Roman drauf. Die Politik spannte sie
alsdann alle zusammen vor ihren Wagen,
und fuhr im Triumphe davon.

Die ganze Hölle schlug Beyfall in die
Hände bey der lezten Vorstellung, und Sa-
tan umarmte den Teufel Leviathan, der die-
ses Schauspiel veranstaltet, und ihm so süß
geschmeichelt hatte; denn es war eine seiner
stolzen Grillen, von den Teufeln für den
Erfinder der Wissenschaften gehalten zu wer-
den. Oft sagte er in seinem Uebermuth:
"er habe sie einst mit den Töchtern der Erde
"im Ehebruch gezeugt, um die Menschen
"von dem graden, einfachen und edlen Ge-
"fühl ihres Herzens abzulenken, ihnen den
"Schleier ihres Glücks vor den Augen weg-

"zureißen,

tik aber ſchlug ihn ſo heftig darauf, daß er
laut heulte, und fuͤrchterlich grinſte. Die
Poeſie ließen ſie mit verbranntem Steiße her-
umhuͤpfen, weil ſie nackend, und ihr
nichts abzuſchneiden war. Endlich erbarm-
te ſich ihrer die Geſchichte, und legte ihr
ein naſſes Blatt aus einem empfindſamen
Roman drauf. Die Politik ſpannte ſie
alsdann alle zuſammen vor ihren Wagen,
und fuhr im Triumphe davon.

Die ganze Hoͤlle ſchlug Beyfall in die
Haͤnde bey der lezten Vorſtellung, und Sa-
tan umarmte den Teufel Leviathan, der die-
ſes Schauſpiel veranſtaltet, und ihm ſo ſuͤß
geſchmeichelt hatte; denn es war eine ſeiner
ſtolzen Grillen, von den Teufeln fuͤr den
Erfinder der Wiſſenſchaften gehalten zu wer-
den. Oft ſagte er in ſeinem Uebermuth:
„er habe ſie einſt mit den Toͤchtern der Erde
„im Ehebruch gezeugt, um die Menſchen
„von dem graden, einfachen und edlen Ge-
„fuͤhl ihres Herzens abzulenken, ihnen den
„Schleier ihres Gluͤcks vor den Augen weg-

„zureißen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0058" n="47"/>
tik aber &#x017F;chlug ihn &#x017F;o heftig darauf, daß er<lb/>
laut heulte, und fu&#x0364;rchterlich grin&#x017F;te. Die<lb/>
Poe&#x017F;ie ließen &#x017F;ie mit verbranntem Steiße her-<lb/>
umhu&#x0364;pfen, weil &#x017F;ie nackend, und ihr<lb/>
nichts abzu&#x017F;chneiden war. Endlich erbarm-<lb/>
te &#x017F;ich ihrer die Ge&#x017F;chichte, und legte ihr<lb/>
ein na&#x017F;&#x017F;es Blatt aus einem empfind&#x017F;amen<lb/>
Roman drauf. Die Politik &#x017F;pannte &#x017F;ie<lb/>
alsdann alle zu&#x017F;ammen vor ihren Wagen,<lb/>
und fuhr im Triumphe davon.</p><lb/>
          <p>Die ganze Ho&#x0364;lle &#x017F;chlug Beyfall in die<lb/>
Ha&#x0364;nde bey der lezten Vor&#x017F;tellung, und Sa-<lb/>
tan umarmte den Teufel Leviathan, der die-<lb/>
&#x017F;es Schau&#x017F;piel veran&#x017F;taltet, und ihm &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;ß<lb/>
ge&#x017F;chmeichelt hatte; denn es war eine &#x017F;einer<lb/>
&#x017F;tolzen Grillen, von den Teufeln fu&#x0364;r den<lb/>
Erfinder der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften gehalten zu wer-<lb/>
den. Oft &#x017F;agte er in &#x017F;einem Uebermuth:<lb/>
&#x201E;er habe &#x017F;ie ein&#x017F;t mit den <choice><sic>To&#x0364;chten</sic><corr>To&#x0364;chtern</corr></choice> der Erde<lb/>
&#x201E;im Ehebruch gezeugt, um die Men&#x017F;chen<lb/>
&#x201E;von dem graden, einfachen und edlen Ge-<lb/>
&#x201E;fu&#x0364;hl ihres Herzens abzulenken, ihnen den<lb/>
&#x201E;Schleier ihres Glu&#x0364;cks vor den Augen weg-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;zureißen,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0058] tik aber ſchlug ihn ſo heftig darauf, daß er laut heulte, und fuͤrchterlich grinſte. Die Poeſie ließen ſie mit verbranntem Steiße her- umhuͤpfen, weil ſie nackend, und ihr nichts abzuſchneiden war. Endlich erbarm- te ſich ihrer die Geſchichte, und legte ihr ein naſſes Blatt aus einem empfindſamen Roman drauf. Die Politik ſpannte ſie alsdann alle zuſammen vor ihren Wagen, und fuhr im Triumphe davon. Die ganze Hoͤlle ſchlug Beyfall in die Haͤnde bey der lezten Vorſtellung, und Sa- tan umarmte den Teufel Leviathan, der die- ſes Schauſpiel veranſtaltet, und ihm ſo ſuͤß geſchmeichelt hatte; denn es war eine ſeiner ſtolzen Grillen, von den Teufeln fuͤr den Erfinder der Wiſſenſchaften gehalten zu wer- den. Oft ſagte er in ſeinem Uebermuth: „er habe ſie einſt mit den Toͤchtern der Erde „im Ehebruch gezeugt, um die Menſchen „von dem graden, einfachen und edlen Ge- „fuͤhl ihres Herzens abzulenken, ihnen den „Schleier ihres Gluͤcks vor den Augen weg- „zureißen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/58
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/58>, abgerufen am 21.11.2024.