Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Grimaldi! Deine Augäpfel ziehen sich ja schon
mächtig in die Länge.
Grimaldi. Und hier der aufgeworfne Zug
an Deinem Munde schwillt grimmig. Deine Au-
genbraunen senken sich noch tiefer -- Du wirst
immer mehr Caßius.
Guelfo. Schwinde immer mehr zusammen,
und mein Bruder reitet auf dem Adler über mich
hinaus. Aber herunterreissen will ich ihn, will
ihn im stolzen Schwung haschen, und nieder-
schmettern! Kriechen soll er bei der Erde, und ich
will schweben! Zittre, Grimaldi! und ich will
Dich packen, dürres Geripp! Dich an Boden
schmettern! Blaß sollt ihr alle stehen, bricht
Guelfos Zorn los, der mich binreißt, wie der
hohe Sturm. Weg dann! ich bin nichts, nichts!
schlag auf mein Herz -- und nichts! Wenn ich
seine Titel hinschreibe, schmier ich einen Bogen
voll. Schreib ich mich gegen über, heißts --
Ritter Guelfo, mit einem Einkommen von 500
Ducaten. Hörst Du, Grimaldi! hier die großen
Excellenzen, die Gouverneurs, der Herr von des
alten Guelfos fetten Gütern. Nicht so viel Land
ist mein, als ich mit meinem Degen übermessen
kann. Und warum denn nun? Grimaldi, war-
um
Grimaldi! Deine Augaͤpfel ziehen ſich ja ſchon
maͤchtig in die Laͤnge.
Grimaldi. Und hier der aufgeworfne Zug
an Deinem Munde ſchwillt grimmig. Deine Au-
genbraunen ſenken ſich noch tiefer — Du wirſt
immer mehr Caßius.
Guelfo. Schwinde immer mehr zuſammen,
und mein Bruder reitet auf dem Adler uͤber mich
hinaus. Aber herunterreiſſen will ich ihn, will
ihn im ſtolzen Schwung haſchen, und nieder-
ſchmettern! Kriechen ſoll er bei der Erde, und ich
will ſchweben! Zittre, Grimaldi! und ich will
Dich packen, duͤrres Geripp! Dich an Boden
ſchmettern! Blaß ſollt ihr alle ſtehen, bricht
Guelfos Zorn los, der mich binreißt, wie der
hohe Sturm. Weg dann! ich bin nichts, nichts!
ſchlag auf mein Herz — und nichts! Wenn ich
ſeine Titel hinſchreibe, ſchmier ich einen Bogen
voll. Schreib ich mich gegen uͤber, heißts —
Ritter Guelfo, mit einem Einkommen von 500
Ducaten. Hoͤrſt Du, Grimaldi! hier die großen
Excellenzen, die Gouverneurs, der Herr von des
alten Guelfos fetten Guͤtern. Nicht ſo viel Land
iſt mein, als ich mit meinem Degen uͤbermeſſen
kann. Und warum denn nun? Grimaldi, war-
um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp>
              <p><pb facs="#f0015" n="9"/>
Grimaldi! Deine Auga&#x0364;pfel ziehen &#x017F;ich ja &#x017F;chon<lb/>
ma&#x0364;chtig in die La&#x0364;nge.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Grimaldi.</hi> </speaker>
              <p>Und hier der aufgeworfne Zug<lb/>
an Deinem Munde &#x017F;chwillt grimmig. Deine Au-<lb/>
genbraunen &#x017F;enken &#x017F;ich noch tiefer &#x2014; Du wir&#x017F;t<lb/>
immer mehr Caßius.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Schwinde immer mehr zu&#x017F;ammen,<lb/>
und mein Bruder reitet auf dem Adler u&#x0364;ber mich<lb/>
hinaus. Aber herunterrei&#x017F;&#x017F;en will ich ihn, will<lb/>
ihn im &#x017F;tolzen Schwung ha&#x017F;chen, und nieder-<lb/>
&#x017F;chmettern! Kriechen &#x017F;oll er bei der Erde, und ich<lb/>
will &#x017F;chweben! Zittre, Grimaldi! und ich will<lb/>
Dich packen, du&#x0364;rres Geripp! Dich an Boden<lb/>
&#x017F;chmettern! Blaß &#x017F;ollt ihr alle &#x017F;tehen, bricht<lb/>
Guelfos Zorn los, der mich binreißt, wie der<lb/>
hohe Sturm. Weg dann! ich bin nichts, nichts!<lb/>
&#x017F;chlag auf mein Herz &#x2014; und nichts! Wenn ich<lb/>
&#x017F;eine Titel hin&#x017F;chreibe, &#x017F;chmier ich einen Bogen<lb/>
voll. Schreib ich mich gegen u&#x0364;ber, heißts &#x2014;<lb/>
Ritter Guelfo, mit einem Einkommen von 500<lb/>
Ducaten. Ho&#x0364;r&#x017F;t Du, Grimaldi! hier die großen<lb/>
Excellenzen, die Gouverneurs, der Herr von des<lb/>
alten Guelfos fetten Gu&#x0364;tern. Nicht &#x017F;o viel Land<lb/>
i&#x017F;t mein, als ich mit meinem Degen u&#x0364;berme&#x017F;&#x017F;en<lb/>
kann. Und warum denn nun? Grimaldi, war-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">um</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0015] Grimaldi! Deine Augaͤpfel ziehen ſich ja ſchon maͤchtig in die Laͤnge. Grimaldi. Und hier der aufgeworfne Zug an Deinem Munde ſchwillt grimmig. Deine Au- genbraunen ſenken ſich noch tiefer — Du wirſt immer mehr Caßius. Guelfo. Schwinde immer mehr zuſammen, und mein Bruder reitet auf dem Adler uͤber mich hinaus. Aber herunterreiſſen will ich ihn, will ihn im ſtolzen Schwung haſchen, und nieder- ſchmettern! Kriechen ſoll er bei der Erde, und ich will ſchweben! Zittre, Grimaldi! und ich will Dich packen, duͤrres Geripp! Dich an Boden ſchmettern! Blaß ſollt ihr alle ſtehen, bricht Guelfos Zorn los, der mich binreißt, wie der hohe Sturm. Weg dann! ich bin nichts, nichts! ſchlag auf mein Herz — und nichts! Wenn ich ſeine Titel hinſchreibe, ſchmier ich einen Bogen voll. Schreib ich mich gegen uͤber, heißts — Ritter Guelfo, mit einem Einkommen von 500 Ducaten. Hoͤrſt Du, Grimaldi! hier die großen Excellenzen, die Gouverneurs, der Herr von des alten Guelfos fetten Guͤtern. Nicht ſo viel Land iſt mein, als ich mit meinem Degen uͤbermeſſen kann. Und warum denn nun? Grimaldi, war- um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/15
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/15>, abgerufen am 21.11.2024.