Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.
gen, mit diesem Denken, wie kamst Du unter sie? Sich dein Bild! Sieh Dich! Edler! Edler! Guelfo! Guelfo! Guelfo! Guelfo. Grimaldi, mich reißt ein Gedanke hin -- meine Seele schwirrt blutig von Vorsatz zu Vorsatz; und der Rachgeist läßt sich schwarz vor mir nieder, und hascht mein Herz. Ha! laß mich fest stehen! Laß mich einig werden! Hörtest Du den Doctor? Man wußte nicht, welcher es wäre, weil man nicht wissen wollte! weil seine heuchlerische, sanfte Miene schon damals der Ael- tern Herz an sich bannte! Mein starrer Blick riß schon damals ihr Herz von mir. Ha dann, Heuchler! ich will dich lehren! Herausgeben sollst du mir die Erstgeburt, herausgeben sollst du mir Vater und Mutter, herausgeben sollst du mir alles; oder ich will dich würgen, wie Kain, und verflucht, den Mord auf der Stirne, herumirren. Grimaldi. Lieber Guelfo, nicht so! Guelfo. Mit mir Esaus Geschichte zu spie- len, noch eh' er stamlen konnte! Kos't den Kna- ben! kos't ihn fort! schließt ihn in die zärtlichen Arme! Herausreissen will ich ihn! Jhr stahlt mir alles, und gabt's ihm, weil ihr meinen Geist nicht fassen konntet. Grimaldi, als Knabe ward ich in Schatten gestellt, und er ans Licht gezogen; ihm B
gen, mit dieſem Denken, wie kamſt Du unter ſie? Sich dein Bild! Sieh Dich! Edler! Edler! Guelfo! Guelfo! Guelfo! Guelfo. Grimaldi, mich reißt ein Gedanke hin — meine Seele ſchwirrt blutig von Vorſatz zu Vorſatz; und der Rachgeiſt laͤßt ſich ſchwarz vor mir nieder, und haſcht mein Herz. Ha! laß mich feſt ſtehen! Laß mich einig werden! Hoͤrteſt Du den Doctor? Man wußte nicht, welcher es waͤre, weil man nicht wiſſen wollte! weil ſeine heuchleriſche, ſanfte Miene ſchon damals der Ael- tern Herz an ſich bannte! Mein ſtarrer Blick riß ſchon damals ihr Herz von mir. Ha dann, Heuchler! ich will dich lehren! Herausgeben ſollſt du mir die Erſtgeburt, herausgeben ſollſt du mir Vater und Mutter, herausgeben ſollſt du mir alles; oder ich will dich wuͤrgen, wie Kain, und verflucht, den Mord auf der Stirne, herumirren. Grimaldi. Lieber Guelfo, nicht ſo! Guelfo. Mit mir Eſaus Geſchichte zu ſpie- len, noch eh’ er ſtamlen konnte! Koſ’t den Kna- ben! koſ’t ihn fort! ſchließt ihn in die zaͤrtlichen Arme! Herausreiſſen will ich ihn! Jhr ſtahlt mir alles, und gabt’s ihm, weil ihr meinen Geiſt nicht faſſen konntet. Grimaldi, als Knabe ward ich in Schatten geſtellt, und er ans Licht gezogen; ihm B
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gen, mit dieſem Denken, wie kamſt Du unter ſie?
Sich dein Bild! Sieh Dich! Edler! Edler!
Guelfo! Guelfo! Guelfo!
Guelfo. Grimaldi, mich reißt ein Gedanke
hin — meine Seele ſchwirrt blutig von Vorſatz
zu Vorſatz; und der Rachgeiſt laͤßt ſich ſchwarz
vor mir nieder, und haſcht mein Herz. Ha! laß
mich feſt ſtehen! Laß mich einig werden! Hoͤrteſt
Du den Doctor? Man wußte nicht, welcher es
waͤre, weil man nicht wiſſen wollte! weil ſeine
heuchleriſche, ſanfte Miene ſchon damals der Ael-
tern Herz an ſich bannte! Mein ſtarrer Blick riß
ſchon damals ihr Herz von mir. Ha dann,
Heuchler! ich will dich lehren! Herausgeben
ſollſt du mir die Erſtgeburt, herausgeben ſollſt du
mir Vater und Mutter, herausgeben ſollſt du mir
alles; oder ich will dich wuͤrgen, wie Kain, und
verflucht, den Mord auf der Stirne, herumirren.
Grimaldi. Lieber Guelfo, nicht ſo!
Guelfo. Mit mir Eſaus Geſchichte zu ſpie-
len, noch eh’ er ſtamlen konnte! Koſ’t den Kna-
ben! koſ’t ihn fort! ſchließt ihn in die zaͤrtlichen
Arme! Herausreiſſen will ich ihn! Jhr ſtahlt mir
alles, und gabt’s ihm, weil ihr meinen Geiſt nicht
faſſen konntet. Grimaldi, als Knabe ward ich
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