Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.
me, die sonst so weich und harmonisch klang? -- Kamilla, Verzeihung! Jch beuge meine Kniee vor Dir, dem ersten Weib' auf Erden -- Ver- zeihung! Hast Du sie gewährt, so blick noch ein- mal auf mich, der ich im Staube zertreten bin -- ich gehe. Kamilla. Stehn Sie auf! Wir können uns unmöglich so wiedersehen, das ich doch wollte. Guelfo. Das war Kamilla! Da entquillt ihren Lippen Erquickung, daß sich Ritter Guelfo aufrichten kann! O Kamilla kan einen aus dem Todesschlaf wecken, kann einen umwenden mit ei- nem Blick! Nun ist mir doch gar wohl. Kamilla. Und Thränen im Auge? Guelfo. Sehn Sie das? Pfui Guelfo! sei Mann! folg dem Bescheid! Kamilla. Kommen Sie ans Fenster! Es ist prächtig Abendroth; die Sonne geht herrlich unter. Freuen Sie sich doch mit mir! Guelfo. Die letzten Sonnenstrahlen durch die Bäume her -- Jch möchte mich in die Feuer- helle dort schwingen, auf jenen Wolken reiten mit vergoldetem Saume! -- Kamilla! (faßt sie an der Hand) Ach! und ich bin wieder so hin -- ich möchte diese Feuerwolken zusammenpacken, Sturm und Wetter erregen, und mich zerschmet- tert
me, die ſonſt ſo weich und harmoniſch klang? — Kamilla, Verzeihung! Jch beuge meine Kniee vor Dir, dem erſten Weib’ auf Erden — Ver- zeihung! Haſt Du ſie gewaͤhrt, ſo blick noch ein- mal auf mich, der ich im Staube zertreten bin — ich gehe. Kamilla. Stehn Sie auf! Wir koͤnnen uns unmoͤglich ſo wiederſehen, das ich doch wollte. Guelfo. Das war Kamilla! Da entquillt ihren Lippen Erquickung, daß ſich Ritter Guelfo aufrichten kann! O Kamilla kan einen aus dem Todesſchlaf wecken, kann einen umwenden mit ei- nem Blick! Nun iſt mir doch gar wohl. Kamilla. Und Thraͤnen im Auge? Guelfo. Sehn Sie das? Pfui Guelfo! ſei Mann! folg dem Beſcheid! Kamilla. Kommen Sie ans Fenſter! Es iſt praͤchtig Abendroth; die Sonne geht herrlich unter. Freuen Sie ſich doch mit mir! Guelfo. Die letzten Sonnenſtrahlen durch die Baͤume her — Jch moͤchte mich in die Feuer- helle dort ſchwingen, auf jenen Wolken reiten mit vergoldetem Saume! — Kamilla! (faßt ſie an der Hand) Ach! und ich bin wieder ſo hin — ich moͤchte dieſe Feuerwolken zuſammenpacken, Sturm und Wetter erregen, und mich zerſchmet- tert
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me, die ſonſt ſo weich und harmoniſch klang? —
Kamilla, Verzeihung! Jch beuge meine Kniee
vor Dir, dem erſten Weib’ auf Erden — Ver-
zeihung! Haſt Du ſie gewaͤhrt, ſo blick noch ein-
mal auf mich, der ich im Staube zertreten bin —
ich gehe.
Kamilla. Stehn Sie auf! Wir koͤnnen
uns unmoͤglich ſo wiederſehen, das ich doch wollte.
Guelfo. Das war Kamilla! Da entquillt
ihren Lippen Erquickung, daß ſich Ritter Guelfo
aufrichten kann! O Kamilla kan einen aus dem
Todesſchlaf wecken, kann einen umwenden mit ei-
nem Blick! Nun iſt mir doch gar wohl.
Kamilla. Und Thraͤnen im Auge?
Guelfo. Sehn Sie das? Pfui Guelfo!
ſei Mann! folg dem Beſcheid!
Kamilla. Kommen Sie ans Fenſter! Es
iſt praͤchtig Abendroth; die Sonne geht herrlich
unter. Freuen Sie ſich doch mit mir!
Guelfo. Die letzten Sonnenſtrahlen durch
die Baͤume her — Jch moͤchte mich in die Feuer-
helle dort ſchwingen, auf jenen Wolken reiten mit
vergoldetem Saume! — Kamilla! (faßt ſie an
der Hand) Ach! und ich bin wieder ſo hin —
ich moͤchte dieſe Feuerwolken zuſammenpacken,
Sturm und Wetter erregen, und mich zerſchmet-
tert
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Zitationshilfe: | Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/67>, abgerufen am 16.08.2024. |