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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
liebt bey dem Geliebten zu machen/ und achtet ie-
den Blick vor einen Ehebruch. Ja wenn ein
leichtsinniges Manns-Hertz abwesende seinen
Hunger auff fremden Lippen sättiget/ so lassen
wir in dessen unsere Seelen Durst leiden/ da es
doch ihnen eben so wohl anstünde/ daß sie solche
unberührte Lippen/ wie sie von denen hinterlasse-
nen Liebsten erfordern/ mit zurücke brächten. Und
weil dieses eine allgemeine und bekandte Sache
ist/ so ist uns ein sorgsamer Argwohn nicht zu ver-
dencken. Jch gebe es zu/ antwortete der Printz/
daß des Frauenzimmers Geblüte mit mehr Flam-
men begeistert/ und dahero desto verliebter. Nicht
verliebter/ mein Bruder/ fiel ihm hier Higvana-
ma in die Rede/ sondern nur reiner und vollkom-
mener in der Liebe. Denn wie die Liebe einen
Unterscheid kennet/ und sich gleichsam in zwo
Strassen theilet/ deren eine zur Tugend/ die ande-
re aber zur Unreinigkeit und Lastern leitet. Also
gebe ich es gar gerne zu/ daß wir auff der er-
stern etwas emsiger fortwandeln; Denn die
Liebe ist eine Schwachheit des Gemüthes/ und
also von schwachen Werckzeugen keine Stärcke
zu vermuthen. Jnzwischen bestehet doch unser
Ruhm hierinnen/ daß wir eher fähig sind/ uns der
Laster-Strasse zu entschlagen/ als die Manns-
Bilder/ deren sich fast keiner rühmen kan/ daß er
nie die verbotenen Wege der Liebe gewandelt ha-
be. Den Unterschied der Liebe/ beantwortete
mein Printz/ wisset ihr sehr wol zu nennen/ aber

der

Der Aſiatiſchen Baniſe.
liebt bey dem Geliebten zu machen/ und achtet ie-
den Blick vor einen Ehebruch. Ja wenn ein
leichtſinniges Manns-Hertz abweſende ſeinen
Hunger auff fremden Lippen ſaͤttiget/ ſo laſſen
wir in deſſen unſere Seelen Durſt leiden/ da es
doch ihnen eben ſo wohl anſtuͤnde/ daß ſie ſolche
unberuͤhrte Lippen/ wie ſie von denen hinterlaſſe-
nen Liebſten erfordern/ mit zuruͤcke braͤchten. Und
weil dieſes eine allgemeine und bekandte Sache
iſt/ ſo iſt uns ein ſorgſamer Argwohn nicht zu ver-
dencken. Jch gebe es zu/ antwortete der Printz/
daß des Frauenzimmers Gebluͤte mit mehr Flam-
men begeiſtert/ und dahero deſto verliebter. Nicht
verliebter/ mein Bruder/ fiel ihm hier Higvana-
ma in die Rede/ ſondern nur reiner und vollkom-
mener in der Liebe. Denn wie die Liebe einen
Unterſcheid kennet/ und ſich gleichſam in zwo
Straſſen theilet/ deren eine zur Tugend/ die ande-
re aber zur Unreinigkeit und Laſtern leitet. Alſo
gebe ich es gar gerne zu/ daß wir auff der er-
ſtern etwas emſiger fortwandeln; Denn die
Liebe iſt eine Schwachheit des Gemuͤthes/ und
alſo von ſchwachen Werckzeugen keine Staͤrcke
zu vermuthen. Jnzwiſchen beſtehet doch unſer
Ruhm hierinnen/ daß wir eher faͤhig ſind/ uns der
Laſter-Straſſe zu entſchlagen/ als die Manns-
Bilder/ deren ſich faſt keiner ruͤhmen kan/ daß er
nie die verbotenen Wege der Liebe gewandelt ha-
be. Den Unterſchied der Liebe/ beantwortete
mein Printz/ wiſſet ihr ſehr wol zu nennen/ aber

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[100/0120] Der Aſiatiſchen Baniſe. liebt bey dem Geliebten zu machen/ und achtet ie- den Blick vor einen Ehebruch. Ja wenn ein leichtſinniges Manns-Hertz abweſende ſeinen Hunger auff fremden Lippen ſaͤttiget/ ſo laſſen wir in deſſen unſere Seelen Durſt leiden/ da es doch ihnen eben ſo wohl anſtuͤnde/ daß ſie ſolche unberuͤhrte Lippen/ wie ſie von denen hinterlaſſe- nen Liebſten erfordern/ mit zuruͤcke braͤchten. Und weil dieſes eine allgemeine und bekandte Sache iſt/ ſo iſt uns ein ſorgſamer Argwohn nicht zu ver- dencken. Jch gebe es zu/ antwortete der Printz/ daß des Frauenzimmers Gebluͤte mit mehr Flam- men begeiſtert/ und dahero deſto verliebter. Nicht verliebter/ mein Bruder/ fiel ihm hier Higvana- ma in die Rede/ ſondern nur reiner und vollkom- mener in der Liebe. Denn wie die Liebe einen Unterſcheid kennet/ und ſich gleichſam in zwo Straſſen theilet/ deren eine zur Tugend/ die ande- re aber zur Unreinigkeit und Laſtern leitet. Alſo gebe ich es gar gerne zu/ daß wir auff der er- ſtern etwas emſiger fortwandeln; Denn die Liebe iſt eine Schwachheit des Gemuͤthes/ und alſo von ſchwachen Werckzeugen keine Staͤrcke zu vermuthen. Jnzwiſchen beſtehet doch unſer Ruhm hierinnen/ daß wir eher faͤhig ſind/ uns der Laſter-Straſſe zu entſchlagen/ als die Manns- Bilder/ deren ſich faſt keiner ruͤhmen kan/ daß er nie die verbotenen Wege der Liebe gewandelt ha- be. Den Unterſchied der Liebe/ beantwortete mein Printz/ wiſſet ihr ſehr wol zu nennen/ aber der

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/120>, abgerufen am 24.11.2024.