Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. ich sahe/ wie öffters sich die Lippen verirreten/ undnach fremder Lufft schnappeten/ oder wie man durch Wincken/ Hände-Drücken/ auch wol gar durch brünstiges Umfangen einander Geheimnis- se offenbahrete/ so nennete man diß Freundligkeit/ wolanständige Geberden; welche sich aber des- sen enthielten/ die wurden einfältig und unver- ständig genennet; ja was die Priester unserer Götter öffentlich vor Ehebruch schelten/ das wird durchgehendes eine Galanterie geheissen. Jn Summa/ die Liebe wäre mir ewig verhaßt geblie- ben/ wenn ich nicht an ihrer Hoheit nunmehr den Unterschied selber bemercken könte/ wie rein und unverfälscht ihr Liebes-Weyhrauch/ welchen sie ihrem Printzen angezündet haben/ gegen den an- dern heßlichen Brunst-Opffern hervor leuchte. Jch wäre hierinnen fortgefahren/ wann nicht indem ein Gärtner eilend wäre gelauffen kommen/ und die verdrüßliche Ankunfft des Chaumigrems angekündiget hätte/ wie er alsobald unangemeldet seinen Eintritt in den Garten nehmen wollen/ weiln er in den Gedancken stehe/ die Princeßin a- bermahls allein anzutreffen. Solches aber habe der Gärtner durch Schliessung des Garten-Tho- res verhindert/ und solches zuvor gehorsamst hin- terbringen wollen. So hoch nun die Princeßin zu- vor erfreuet und vergnüget war/ so bestürtzt schiene sie hierüber zu seyn/ daß sie sich fast anfangs nicht erhohlen kunte/ endlich meinen Printzen er- suchte/ ihr zu rathen/ ob sie ihrer widrigen Nei- gung
Der Aſiatiſchen Baniſe. ich ſahe/ wie oͤffters ſich die Lippen verirreten/ undnach fremder Lufft ſchnappeten/ oder wie man durch Wincken/ Haͤnde-Druͤcken/ auch wol gar durch bruͤnſtiges Umfangen einander Geheimniſ- ſe offenbahrete/ ſo nennete man diß Freundligkeit/ wolanſtaͤndige Geberden; welche ſich aber deſ- ſen enthielten/ die wurden einfaͤltig und unver- ſtaͤndig genennet; ja was die Prieſter unſerer Goͤtter oͤffentlich vor Ehebruch ſchelten/ das wird durchgehendes eine Galanterie geheiſſen. Jn Summa/ die Liebe waͤre mir ewig verhaßt geblie- ben/ wenn ich nicht an ihrer Hoheit nunmehr den Unterſchied ſelber bemercken koͤnte/ wie rein und unverfaͤlſcht ihr Liebes-Weyhrauch/ welchen ſie ihrem Printzen angezuͤndet haben/ gegen den an- dern heßlichen Brunſt-Opffern hervor leuchte. Jch waͤre hierinnen fortgefahren/ wann nicht indem ein Gaͤꝛtner eilend waͤꝛe gelauffen kommen/ und die verdruͤßliche Ankunfft des Chaumigrems angekuͤndiget haͤtte/ wie er alſobald unangemeldet ſeinen Eintritt in den Garten nehmen wollen/ weiln er in den Gedancken ſtehe/ die Princeßin a- bermahls allein anzutreffen. Solches aber habe der Gaͤrtner durch Schlieſſung des Garten-Tho- res verhindert/ und ſolches zuvor gehorſamſt hin- terbringen wollen. So hoch nun die Princeßin zu- vor erfreuet und vergnuͤget war/ ſo beſtuͤrtzt ſchiene ſie hieruͤber zu ſeyn/ daß ſie ſich faſt anfangs nicht erhohlen kunte/ endlich meinen Printzen er- ſuchte/ ihr zu rathen/ ob ſie ihrer widrigen Nei- gung
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
ich ſahe/ wie oͤffters ſich die Lippen verirreten/ und
nach fremder Lufft ſchnappeten/ oder wie man
durch Wincken/ Haͤnde-Druͤcken/ auch wol gar
durch bruͤnſtiges Umfangen einander Geheimniſ-
ſe offenbahrete/ ſo nennete man diß Freundligkeit/
wolanſtaͤndige Geberden; welche ſich aber deſ-
ſen enthielten/ die wurden einfaͤltig und unver-
ſtaͤndig genennet; ja was die Prieſter unſerer
Goͤtter oͤffentlich vor Ehebruch ſchelten/ das
wird durchgehendes eine Galanterie geheiſſen. Jn
Summa/ die Liebe waͤre mir ewig verhaßt geblie-
ben/ wenn ich nicht an ihrer Hoheit nunmehr den
Unterſchied ſelber bemercken koͤnte/ wie rein und
unverfaͤlſcht ihr Liebes-Weyhrauch/ welchen ſie
ihrem Printzen angezuͤndet haben/ gegen den an-
dern heßlichen Brunſt-Opffern hervor leuchte.
Jch waͤre hierinnen fortgefahren/ wann nicht
indem ein Gaͤꝛtner eilend waͤꝛe gelauffen kommen/
und die verdruͤßliche Ankunfft des Chaumigrems
angekuͤndiget haͤtte/ wie er alſobald unangemeldet
ſeinen Eintritt in den Garten nehmen wollen/
weiln er in den Gedancken ſtehe/ die Princeßin a-
bermahls allein anzutreffen. Solches aber habe
der Gaͤrtner durch Schlieſſung des Garten-Tho-
res verhindert/ und ſolches zuvor gehorſamſt hin-
terbringen wollen. So hoch nun die Princeßin zu-
vor erfreuet und vergnuͤget war/ ſo beſtuͤrtzt
ſchiene ſie hieruͤber zu ſeyn/ daß ſie ſich faſt anfangs
nicht erhohlen kunte/ endlich meinen Printzen er-
ſuchte/ ihr zu rathen/ ob ſie ihrer widrigen Nei-
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