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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
Das übrige Frauenzimmer ward/ wie zuvor/ be-
fehlichet/ ihre Vergnügung bey den Blumen zu
suchen. Nach weniger Zeit sahen wir den Chau-
migrem mit hohen Tritten seinen Eintritt neh-
men/ da er sich denn alsbald nach der Princeßin
wendete/ und sich derselben mit solcher Ehrerbie-
tung nahte/ daß es schien/ als ob er mit der Nase an
die Erde gewachsen wäre/ weil iedweder Schritt
mit einer tieffen Neigung begleitet wurde. Die
Princeßin aber hatte sich auf den Fuß des Spring-
Brunnens gesetzet/ und stellte sich/ als ob sich ihre
Gedancken in das Lust-Spiel der springenden
Fluth dermassen vertieffet hätten/ daß sie sonst
nichts mehr beobachten könte; deßwegen sie denn
den Kopff auff ihren Arm lehnte/ und gantz unbe-
weglich sitzen blieb/ ob sich gleich Chaumigrem
dermassen genähert hatte/ daß er sie auch allbereit
anzureden begunte. Da wir denn das Gespräche
folgender Gestalt gar wohl vernehmen konten/ und
zwar waren dieses des Chaumigrems erste Wor-
te: Wie so einsam und betrübt/ Schönste Prin-
ceßin? Wer von vergnügten Gedancken begleitet
wird/ antwortete sie hierauff/ der ist nicht einsam/
und die Vergnügung verstattet keine Traurigkeit.
Dennoch/ erwiederte er/ lässet sich einiges Be-
trübniß gar deutlich aus dero Englischen Ange-
sichte lesen. Wo ja/ sagte sie/ einiges Betrübniß
verhanden/ so wird die Ursache billich dem zuge-
schrieben werden/ welcher mich in solchen angeneh-
men Gedancken verstöret.

Chau-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
Das uͤbrige Frauenzimmer ward/ wie zuvor/ be-
fehlichet/ ihre Vergnuͤgung bey den Blumen zu
ſuchen. Nach weniger Zeit ſahen wir den Chau-
migrem mit hohen Tritten ſeinen Eintritt neh-
men/ da er ſich denn alsbald nach der Princeßin
wendete/ und ſich derſelben mit ſolcher Ehrerbie-
tung nahte/ daß es ſchien/ als ob er mit deꝛ Naſe an
die Erde gewachſen waͤre/ weil iedweder Schritt
mit einer tieffen Neigung begleitet wurde. Die
Princeßin aber hatte ſich auf den Fuß des Spꝛing-
Brunnens geſetzet/ und ſtellte ſich/ als ob ſich ihre
Gedancken in das Luſt-Spiel der ſpringenden
Fluth dermaſſen vertieffet haͤtten/ daß ſie ſonſt
nichts mehr beobachten koͤnte; deßwegen ſie denn
den Kopff auff ihren Arm lehnte/ und gantz unbe-
weglich ſitzen blieb/ ob ſich gleich Chaumigrem
dermaſſen genaͤhert hatte/ daß er ſie auch allbereit
anzureden begunte. Da wir denn das Geſpraͤche
folgender Geſtalt gar wohl veꝛnehmen konten/ und
zwar waren dieſes des Chaumigrems erſte Wor-
te: Wie ſo einſam und betruͤbt/ Schoͤnſte Prin-
ceßin? Wer von vergnuͤgten Gedancken begleitet
wird/ antwortete ſie hierauff/ der iſt nicht einſam/
und die Vergnuͤgung verſtattet keine Traurigkeit.
Dennoch/ erwiederte er/ laͤſſet ſich einiges Be-
truͤbniß gar deutlich aus dero Engliſchen Ange-
ſichte leſen. Wo ja/ ſagte ſie/ einiges Betruͤbniß
verhanden/ ſo wird die Urſache billich dem zuge-
ſchꝛieben werden/ welcher mich in ſolchen angeneh-
men Gedancken verſtoͤret.

Chau-
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[106/0126] Der Aſiatiſchen Baniſe. Das uͤbrige Frauenzimmer ward/ wie zuvor/ be- fehlichet/ ihre Vergnuͤgung bey den Blumen zu ſuchen. Nach weniger Zeit ſahen wir den Chau- migrem mit hohen Tritten ſeinen Eintritt neh- men/ da er ſich denn alsbald nach der Princeßin wendete/ und ſich derſelben mit ſolcher Ehrerbie- tung nahte/ daß es ſchien/ als ob er mit deꝛ Naſe an die Erde gewachſen waͤre/ weil iedweder Schritt mit einer tieffen Neigung begleitet wurde. Die Princeßin aber hatte ſich auf den Fuß des Spꝛing- Brunnens geſetzet/ und ſtellte ſich/ als ob ſich ihre Gedancken in das Luſt-Spiel der ſpringenden Fluth dermaſſen vertieffet haͤtten/ daß ſie ſonſt nichts mehr beobachten koͤnte; deßwegen ſie denn den Kopff auff ihren Arm lehnte/ und gantz unbe- weglich ſitzen blieb/ ob ſich gleich Chaumigrem dermaſſen genaͤhert hatte/ daß er ſie auch allbereit anzureden begunte. Da wir denn das Geſpraͤche folgender Geſtalt gar wohl veꝛnehmen konten/ und zwar waren dieſes des Chaumigrems erſte Wor- te: Wie ſo einſam und betruͤbt/ Schoͤnſte Prin- ceßin? Wer von vergnuͤgten Gedancken begleitet wird/ antwortete ſie hierauff/ der iſt nicht einſam/ und die Vergnuͤgung verſtattet keine Traurigkeit. Dennoch/ erwiederte er/ laͤſſet ſich einiges Be- truͤbniß gar deutlich aus dero Engliſchen Ange- ſichte leſen. Wo ja/ ſagte ſie/ einiges Betruͤbniß verhanden/ ſo wird die Urſache billich dem zuge- ſchꝛieben werden/ welcher mich in ſolchen angeneh- men Gedancken verſtoͤret. Chau-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/126>, abgerufen am 24.11.2024.