Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
Mitternacht erwarten kunte. Als nun das hel-
le Monden-Liecht mitten am Himmel stund/ und
sich iedwedere Seele zur Ruhe begeben hatte/ ver-
fügte sich der Printz in aller Stille nach der Va-
relle oder Tempel des Apalitä. Dieses war nun
von aussen ein steinern Gebäude/ wie ein Thurm
gebauet/ auff dessen Spitze ein küpfferner Apffel
ruhete: Sonst schiene sie auswendig gleichsam
auff Blätter-Art vergüldet/ und mit Eisenwerck
wol versehen. Jndem wir dieses betrachteten/ kam
der Talipon/ welcher die Varelle eröffnete/ und
uns mit gebührender Andacht hinein zu treten be-
fahl. Als wir hinein getreten/ war es anfangs
stockfinster darinnen/ es wurde aber der gantze
Tempel durch ein verborgenes Feuer gleichsam
im Augenblicke dermassen erhellet/ daß wir nicht
wusten/ wie uns geschach. Dieser Tempel nun
war inwendig rund/ und gantz vergüldet/ daß auch
der Widerschein des Liechtes unsere Augen blende-
te. Gegen den Auffgang stund ein erhabener
Altar/ auff diesem aber der Gott Apalita/ in der
Grösse und Gestalt eines Menschen/ von purem
Golde/ welcher auff dem Haupte mit einer Cro-
ne und vielen Edelgesteinen häuffig gezieret war.
An der Stirne saß ihm ein Rubin/ so groß als eine
Pflaume/ und zu beyden Seiten hiengen sehr schö-
ne Saphire. Um den Leib/ von der lincken
Schulter an biß zu der lincken Hüffte/ war er mit
einem güldenen/ und mit vielen Edelgesteinen be-
setzten Gehencke umgeben. Vor dieser prächti-

gen

Der Aſiatiſchen Baniſe.
Mitternacht erwarten kunte. Als nun das hel-
le Monden-Liecht mitten am Himmel ſtund/ und
ſich iedwedere Seele zur Ruhe begeben hatte/ ver-
fuͤgte ſich der Printz in aller Stille nach der Va-
relle oder Tempel des Apalitaͤ. Dieſes war nun
von auſſen ein ſteinern Gebaͤude/ wie ein Thurm
gebauet/ auff deſſen Spitze ein kuͤpfferner Apffel
ruhete: Sonſt ſchiene ſie auswendig gleichſam
auff Blaͤtter-Art verguͤldet/ und mit Eiſenwerck
wol verſehen. Jndem wir dieſes betrachteten/ kam
der Talipon/ welcher die Varelle eroͤffnete/ und
uns mit gebuͤhrender Andacht hinein zu treten be-
fahl. Als wir hinein getreten/ war es anfangs
ſtockfinſter darinnen/ es wurde aber der gantze
Tempel durch ein verborgenes Feuer gleichſam
im Augenblicke dermaſſen erhellet/ daß wir nicht
wuſten/ wie uns geſchach. Dieſer Tempel nun
war inwendig rund/ und gantz verguͤldet/ daß auch
der Widerſchein des Liechtes unſere Augen blende-
te. Gegen den Auffgang ſtund ein erhabener
Altar/ auff dieſem aber der Gott Apalita/ in der
Groͤſſe und Geſtalt eines Menſchen/ von purem
Golde/ welcher auff dem Haupte mit einer Cro-
ne und vielen Edelgeſteinen haͤuffig gezieret war.
An der Stirne ſaß ihm ein Rubin/ ſo groß als eine
Pflaume/ und zu beyden Seiten hiengen ſehr ſchoͤ-
ne Saphire. Um den Leib/ von der lincken
Schulter an biß zu der lincken Huͤffte/ war er mit
einem guͤldenen/ und mit vielen Edelgeſteinen be-
ſetzten Gehencke umgeben. Vor dieſer praͤchti-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0174" n="154"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
Mitternacht erwarten kunte. Als nun das hel-<lb/>
le Monden-Liecht mitten am Himmel &#x017F;tund/ und<lb/>
&#x017F;ich iedwedere Seele zur Ruhe begeben hatte/ ver-<lb/>
fu&#x0364;gte &#x017F;ich der Printz in aller Stille nach der Va-<lb/>
relle oder Tempel des Apalita&#x0364;. Die&#x017F;es war nun<lb/>
von au&#x017F;&#x017F;en ein &#x017F;teinern Geba&#x0364;ude/ wie ein Thurm<lb/>
gebauet/ auff de&#x017F;&#x017F;en Spitze ein ku&#x0364;pfferner Apffel<lb/>
ruhete: Son&#x017F;t &#x017F;chiene &#x017F;ie auswendig gleich&#x017F;am<lb/>
auff Bla&#x0364;tter-Art vergu&#x0364;ldet/ und mit Ei&#x017F;enwerck<lb/>
wol ver&#x017F;ehen. Jndem wir die&#x017F;es betrachteten/ kam<lb/>
der Talipon/ welcher die Varelle ero&#x0364;ffnete/ und<lb/>
uns mit gebu&#x0364;hrender Andacht hinein zu treten be-<lb/>
fahl. Als wir hinein getreten/ war es anfangs<lb/>
&#x017F;tockfin&#x017F;ter darinnen/ es wurde aber der gantze<lb/>
Tempel durch ein verborgenes Feuer gleich&#x017F;am<lb/>
im Augenblicke derma&#x017F;&#x017F;en erhellet/ daß wir nicht<lb/>
wu&#x017F;ten/ wie uns ge&#x017F;chach. Die&#x017F;er Tempel nun<lb/>
war inwendig rund/ und gantz vergu&#x0364;ldet/ daß auch<lb/>
der Wider&#x017F;chein des Liechtes un&#x017F;ere Augen blende-<lb/>
te. Gegen den Auffgang &#x017F;tund ein erhabener<lb/>
Altar/ auff die&#x017F;em aber der Gott Apalita/ in der<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und Ge&#x017F;talt eines Men&#x017F;chen/ von purem<lb/>
Golde/ welcher auff dem Haupte mit einer Cro-<lb/>
ne und vielen Edelge&#x017F;teinen ha&#x0364;uffig gezieret war.<lb/>
An der Stirne &#x017F;aß ihm ein Rubin/ &#x017F;o groß als eine<lb/>
Pflaume/ und zu beyden Seiten hiengen &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
ne Saphire. Um den Leib/ von der lincken<lb/>
Schulter an biß zu der lincken Hu&#x0364;ffte/ war er mit<lb/>
einem gu&#x0364;ldenen/ und mit vielen Edelge&#x017F;teinen be-<lb/>
&#x017F;etzten Gehencke umgeben. Vor die&#x017F;er pra&#x0364;chti-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0174] Der Aſiatiſchen Baniſe. Mitternacht erwarten kunte. Als nun das hel- le Monden-Liecht mitten am Himmel ſtund/ und ſich iedwedere Seele zur Ruhe begeben hatte/ ver- fuͤgte ſich der Printz in aller Stille nach der Va- relle oder Tempel des Apalitaͤ. Dieſes war nun von auſſen ein ſteinern Gebaͤude/ wie ein Thurm gebauet/ auff deſſen Spitze ein kuͤpfferner Apffel ruhete: Sonſt ſchiene ſie auswendig gleichſam auff Blaͤtter-Art verguͤldet/ und mit Eiſenwerck wol verſehen. Jndem wir dieſes betrachteten/ kam der Talipon/ welcher die Varelle eroͤffnete/ und uns mit gebuͤhrender Andacht hinein zu treten be- fahl. Als wir hinein getreten/ war es anfangs ſtockfinſter darinnen/ es wurde aber der gantze Tempel durch ein verborgenes Feuer gleichſam im Augenblicke dermaſſen erhellet/ daß wir nicht wuſten/ wie uns geſchach. Dieſer Tempel nun war inwendig rund/ und gantz verguͤldet/ daß auch der Widerſchein des Liechtes unſere Augen blende- te. Gegen den Auffgang ſtund ein erhabener Altar/ auff dieſem aber der Gott Apalita/ in der Groͤſſe und Geſtalt eines Menſchen/ von purem Golde/ welcher auff dem Haupte mit einer Cro- ne und vielen Edelgeſteinen haͤuffig gezieret war. An der Stirne ſaß ihm ein Rubin/ ſo groß als eine Pflaume/ und zu beyden Seiten hiengen ſehr ſchoͤ- ne Saphire. Um den Leib/ von der lincken Schulter an biß zu der lincken Huͤffte/ war er mit einem guͤldenen/ und mit vielen Edelgeſteinen be- ſetzten Gehencke umgeben. Vor dieſer praͤchti- gen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/174
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/174>, abgerufen am 17.06.2024.