Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch.
gefärbet/ die Princeßin sey bereits erwürget/ und
nur ihr Tod gerochen worden; dannenhero sich
ein solches Zeter-Geschrey erhub/ daß es weit er-
schallete. Xemindo fiel neben sie nieder/ Printz
Zarang stund als ein Stock/ Xemin und die
Fr. von Saavady kamen endlich auch dazu/
mein Printz saß unbeweglich/ und hatte seine Au-
gen an ihre Wangen gehefftet/ ja das Frauen-
Zimmer beweinte sie als todt/ und ich glaube/ die-
ses unnöthige Trauer-Geschrey hätte noch nicht
seine Endschafft erreicht/ wenn ich ihnen nicht den
gantzen Verlauff berichtet hätte/ wie die Princes-
sin nur vom Erschreckniß in eine Ohnmacht ge-
rathen/ und gantz unbeschädiget wäre/ worauff
sie sich allerseits wieder zu fassen begunten. Der
Käyserliche Herr Vater hub sie mit thränenden
Augen auff/ und legte sie meinem Printzen in die
Schoß/ welcher dahero noch entzückter/ und mehr
einem Bilde als einem Menschen gleich wurde.
Als sie nun mit köstlichem Balsam bestrichen/ und
durch frisches Wasser etwas erqvicket war/ schlug
sie die holdseligen Augen auf/ und wuste nicht/ wo
sie war. Endlich/ als sie sich etwas mächtiger
befand/ richtete sie sich vollend auff/ und setzte alle
Anwesende in eine ungemeine Freude. Printz Za-
rang aber ließ seine Eyfersucht aus den Augen
blicken/ da es ihm doch eben so wohl freygestanden
sich auff dergleichen Art um die Princeßin ver-
dient zu machen/ wenn es seine furchtsame Tapf-
ferkeit zugelassen hätte. Nachdem es sich nun

völlig
N

Erſtes Buch.
gefaͤrbet/ die Princeßin ſey bereits erwuͤrget/ und
nur ihr Tod gerochen worden; dannenhero ſich
ein ſolches Zeter-Geſchrey erhub/ daß es weit er-
ſchallete. Xemindo fiel neben ſie nieder/ Printz
Zarang ſtund als ein Stock/ Xemin und die
Fr. von Saavady kamen endlich auch dazu/
mein Printz ſaß unbeweglich/ und hatte ſeine Au-
gen an ihre Wangen gehefftet/ ja das Frauen-
Zimmer beweinte ſie als todt/ und ich glaube/ die-
ſes unnoͤthige Trauer-Geſchrey haͤtte noch nicht
ſeine Endſchafft erreicht/ wenn ich ihnen nicht den
gantzen Verlauff berichtet haͤtte/ wie die Princeſ-
ſin nur vom Erſchreckniß in eine Ohnmacht ge-
rathen/ und gantz unbeſchaͤdiget waͤre/ worauff
ſie ſich allerſeits wieder zu faſſen begunten. Der
Kaͤyſerliche Herr Vater hub ſie mit thraͤnenden
Augen auff/ und legte ſie meinem Printzen in die
Schoß/ welcher dahero noch entzuͤckter/ und mehr
einem Bilde als einem Menſchen gleich wurde.
Als ſie nun mit koͤſtlichem Balſam beſtrichen/ und
durch friſches Waſſer etwas erqvicket war/ ſchlug
ſie die holdſeligen Augen auf/ und wuſte nicht/ wo
ſie war. Endlich/ als ſie ſich etwas maͤchtiger
befand/ richtete ſie ſich vollend auff/ und ſetzte alle
Anweſende in eine ungemeine Freude. Printz Za-
rang aber ließ ſeine Eyferſucht aus den Augen
blicken/ da es ihm doch eben ſo wohl freygeſtanden
ſich auff dergleichen Art um die Princeßin ver-
dient zu machen/ wenn es ſeine furchtſame Tapf-
ferkeit zugelaſſen haͤtte. Nachdem es ſich nun

voͤllig
N
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0213" n="193"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
gefa&#x0364;rbet/ die Princeßin &#x017F;ey bereits erwu&#x0364;rget/ und<lb/>
nur ihr Tod gerochen worden; dannenhero &#x017F;ich<lb/>
ein &#x017F;olches Zeter-Ge&#x017F;chrey erhub/ daß es weit er-<lb/>
&#x017F;challete. Xemindo fiel neben &#x017F;ie nieder/ Printz<lb/>
Zarang &#x017F;tund als ein Stock/ Xemin und die<lb/>
Fr. von Saavady kamen endlich auch dazu/<lb/>
mein Printz &#x017F;aß unbeweglich/ und hatte &#x017F;eine Au-<lb/>
gen an ihre Wangen gehefftet/ ja das Frauen-<lb/>
Zimmer beweinte &#x017F;ie als todt/ und ich glaube/ die-<lb/>
&#x017F;es unno&#x0364;thige Trauer-Ge&#x017F;chrey ha&#x0364;tte noch nicht<lb/>
&#x017F;eine End&#x017F;chafft erreicht/ wenn ich ihnen nicht den<lb/>
gantzen Verlauff berichtet ha&#x0364;tte/ wie die Prince&#x017F;-<lb/>
&#x017F;in nur vom Er&#x017F;chreckniß in eine Ohnmacht ge-<lb/>
rathen/ und gantz unbe&#x017F;cha&#x0364;diget wa&#x0364;re/ worauff<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich aller&#x017F;eits wieder zu fa&#x017F;&#x017F;en begunten. Der<lb/>
Ka&#x0364;y&#x017F;erliche Herr Vater hub &#x017F;ie mit thra&#x0364;nenden<lb/>
Augen auff/ und legte &#x017F;ie meinem Printzen in die<lb/>
Schoß/ welcher dahero noch entzu&#x0364;ckter/ und mehr<lb/>
einem Bilde als einem Men&#x017F;chen gleich wurde.<lb/>
Als &#x017F;ie nun mit ko&#x0364;&#x017F;tlichem Bal&#x017F;am be&#x017F;trichen/ und<lb/>
durch fri&#x017F;ches Wa&#x017F;&#x017F;er etwas erqvicket war/ &#x017F;chlug<lb/>
&#x017F;ie die hold&#x017F;eligen Augen auf/ und wu&#x017F;te nicht/ wo<lb/>
&#x017F;ie war. Endlich/ als &#x017F;ie &#x017F;ich etwas ma&#x0364;chtiger<lb/>
befand/ richtete &#x017F;ie &#x017F;ich vollend auff/ und &#x017F;etzte alle<lb/>
Anwe&#x017F;ende in eine ungemeine Freude. Printz Za-<lb/>
rang aber ließ &#x017F;eine Eyfer&#x017F;ucht aus den Augen<lb/>
blicken/ da es ihm doch eben &#x017F;o wohl freyge&#x017F;tanden<lb/>
&#x017F;ich auff dergleichen Art um die Princeßin ver-<lb/>
dient zu machen/ wenn es &#x017F;eine furcht&#x017F;ame Tapf-<lb/>
ferkeit zugela&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte. Nachdem es &#x017F;ich nun<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N</fw><fw place="bottom" type="catch">vo&#x0364;llig</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0213] Erſtes Buch. gefaͤrbet/ die Princeßin ſey bereits erwuͤrget/ und nur ihr Tod gerochen worden; dannenhero ſich ein ſolches Zeter-Geſchrey erhub/ daß es weit er- ſchallete. Xemindo fiel neben ſie nieder/ Printz Zarang ſtund als ein Stock/ Xemin und die Fr. von Saavady kamen endlich auch dazu/ mein Printz ſaß unbeweglich/ und hatte ſeine Au- gen an ihre Wangen gehefftet/ ja das Frauen- Zimmer beweinte ſie als todt/ und ich glaube/ die- ſes unnoͤthige Trauer-Geſchrey haͤtte noch nicht ſeine Endſchafft erreicht/ wenn ich ihnen nicht den gantzen Verlauff berichtet haͤtte/ wie die Princeſ- ſin nur vom Erſchreckniß in eine Ohnmacht ge- rathen/ und gantz unbeſchaͤdiget waͤre/ worauff ſie ſich allerſeits wieder zu faſſen begunten. Der Kaͤyſerliche Herr Vater hub ſie mit thraͤnenden Augen auff/ und legte ſie meinem Printzen in die Schoß/ welcher dahero noch entzuͤckter/ und mehr einem Bilde als einem Menſchen gleich wurde. Als ſie nun mit koͤſtlichem Balſam beſtrichen/ und durch friſches Waſſer etwas erqvicket war/ ſchlug ſie die holdſeligen Augen auf/ und wuſte nicht/ wo ſie war. Endlich/ als ſie ſich etwas maͤchtiger befand/ richtete ſie ſich vollend auff/ und ſetzte alle Anweſende in eine ungemeine Freude. Printz Za- rang aber ließ ſeine Eyferſucht aus den Augen blicken/ da es ihm doch eben ſo wohl freygeſtanden ſich auff dergleichen Art um die Princeßin ver- dient zu machen/ wenn es ſeine furchtſame Tapf- ferkeit zugelaſſen haͤtte. Nachdem es ſich nun voͤllig N

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/213
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/213>, abgerufen am 02.06.2024.