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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
würde solches eine so schwere Sünde seyn/ als
legtest du ietzt ohne Erlaubniß des Himmels aufs
neue Hand an mich.

Wie der Pfaffe diese Worte geendiget/ hub
alles Volck frolockende an zu schreyen: Gott ver-
leihe solches! Jnzwischen verfügte sich der Pfaf-
fe nach dem hohen Stul/ von welchem zuvor das
Blut-Urthel war verlesen worden/ und rieff dem
Volcke ferner also zu: Schencket mir zur Nah-
rung meiner Seelen einen Theil der Thränen eu-
rer Augen/ um der angenehmen Zeitung willen/
die ich euch verkündge/ daß nemlich hinführo die-
ses Land nach Gottes willen soll unserm Käyser
Chaumigrem verbleiben/ und er solches nimmer-
mehr wieder erstatten dürffe: Dannenhero ihr/
als fromme und getreue Knechte wohl befugt seyd/
hierüber euch frölich zu bezeigen. Hierauff schrie
der gesammte Hauffe mit erschrecklicher Stim-
me: Gelobet seyst du Herr! Nach allen geen-
digten Heucheleyen und Spott-Reden trugen die
Priester die Stücke des zertheilten Leibes mit gros-
ser Ehrerbietung von dem Trauer-Gerüste hinab/
zu einem von köstlichem Holtze gemachten Feuer/
wurffen alles Fleisch mit dem Eingeweide hinein/
und liessen es brennen/ würgeten darneben viel
Hammel und andere Thiere zum Opffer/ dem
hingerichteten Käyser zu Ehren. Dieses Feuer
brannte die gantze Nacht durch biß an den hellen
Morgen/ da sie die überbliebene Asche des verzehr-
ten Leichnams in eine silberne Kiste sammleten/

mit

Anderes Buch.
wuͤrde ſolches eine ſo ſchwere Suͤnde ſeyn/ als
legteſt du ietzt ohne Erlaubniß des Himmels aufs
neue Hand an mich.

Wie der Pfaffe dieſe Worte geendiget/ hub
alles Volck frolockende an zu ſchreyen: Gott ver-
leihe ſolches! Jnzwiſchen verfuͤgte ſich der Pfaf-
fe nach dem hohen Stul/ von welchem zuvor das
Blut-Urthel war verleſen worden/ und rieff dem
Volcke ferner alſo zu: Schencket mir zur Nah-
rung meiner Seelen einen Theil der Thraͤnen eu-
rer Augen/ um der angenehmen Zeitung willen/
die ich euch verkuͤndge/ daß nemlich hinfuͤhro die-
ſes Land nach Gottes willen ſoll unſerm Kaͤyſer
Chaumigrem verbleiben/ und er ſolches nimmer-
mehr wieder erſtatten duͤrffe: Dannenhero ihr/
als fromme und getreue Knechte wohl befugt ſeyd/
hieruͤber euch froͤlich zu bezeigen. Hierauff ſchrie
der geſammte Hauffe mit erſchrecklicher Stim-
me: Gelobet ſeyſt du Herr! Nach allen geen-
digten Heucheleyen und Spott-Reden trugen die
Prieſter die Stuͤcke des zertheilten Leibes mit groſ-
ſer Ehrerbietung von dem Trauer-Geruͤſte hinab/
zu einem von koͤſtlichem Holtze gemachten Feuer/
wurffen alles Fleiſch mit dem Eingeweide hinein/
und lieſſen es brennen/ wuͤrgeten darneben viel
Hammel und andere Thiere zum Opffer/ dem
hingerichteten Kaͤyſer zu Ehren. Dieſes Feuer
brannte die gantze Nacht durch biß an den hellen
Morgen/ da ſie die uͤberbliebene Aſche des verzehr-
ten Leichnams in eine ſilberne Kiſte ſammleten/

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[333/0353] Anderes Buch. wuͤrde ſolches eine ſo ſchwere Suͤnde ſeyn/ als legteſt du ietzt ohne Erlaubniß des Himmels aufs neue Hand an mich. Wie der Pfaffe dieſe Worte geendiget/ hub alles Volck frolockende an zu ſchreyen: Gott ver- leihe ſolches! Jnzwiſchen verfuͤgte ſich der Pfaf- fe nach dem hohen Stul/ von welchem zuvor das Blut-Urthel war verleſen worden/ und rieff dem Volcke ferner alſo zu: Schencket mir zur Nah- rung meiner Seelen einen Theil der Thraͤnen eu- rer Augen/ um der angenehmen Zeitung willen/ die ich euch verkuͤndge/ daß nemlich hinfuͤhro die- ſes Land nach Gottes willen ſoll unſerm Kaͤyſer Chaumigrem verbleiben/ und er ſolches nimmer- mehr wieder erſtatten duͤrffe: Dannenhero ihr/ als fromme und getreue Knechte wohl befugt ſeyd/ hieruͤber euch froͤlich zu bezeigen. Hierauff ſchrie der geſammte Hauffe mit erſchrecklicher Stim- me: Gelobet ſeyſt du Herr! Nach allen geen- digten Heucheleyen und Spott-Reden trugen die Prieſter die Stuͤcke des zertheilten Leibes mit groſ- ſer Ehrerbietung von dem Trauer-Geruͤſte hinab/ zu einem von koͤſtlichem Holtze gemachten Feuer/ wurffen alles Fleiſch mit dem Eingeweide hinein/ und lieſſen es brennen/ wuͤrgeten darneben viel Hammel und andere Thiere zum Opffer/ dem hingerichteten Kaͤyſer zu Ehren. Dieſes Feuer brannte die gantze Nacht durch biß an den hellen Morgen/ da ſie die uͤberbliebene Aſche des verzehr- ten Leichnams in eine ſilberne Kiſte ſammleten/ mit

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/353>, abgerufen am 01.07.2024.