Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
zu euch geführet hat! Der alte Taleom erschrack
anfangs hefftig hierüber/ endlich aber/ wie er den
Printzen sahe/ fiel er vor ihm nieder/ und küßte
dessen Knie/ sagende: O ihr Götter! was vor
eines Glückes würdiget ihr mich? Jst es möglich/
Durchlauchtigster Printz/ daß es seine hohe Per-
son ist? oder wollen mich nur die Geister äffen/
und meine Augen betrügen? Der Printz/ welcher
sich wegen seiner Wunde allzuhefftig beweget
hatte/ ermahnte ihn/ solche Freud- und Ehren-Be-
zeigungen zu versparen/ biß zu gelegener Zeit: Und
weil er wuste/ daß er sich auff die Wunden-Cur
wohl verstund/ bat er vor allen Dingen/ nach der
Wunde zu sehen/ und ihn zu verbinden. Welches
Talemon fleißig verrichtete/ und als er den Prin-
tzen mit Speiß und Tranck sattsam erqvicket/ be-
reitete er ihm ein solches Lager/ worauff er besser/
als in der Todten-Höle/ ruhen konte: wündsch-
te ihm so dann eine gute Nacht/ und begab sich
auch zur Ruhe.

Es wurde aber kaum die Annäherung der
Sonnen durch einige Liecht-Strahlen bemercket;
Als der muntere Talemon ihr zuvor kam/ das La-
ger verließ/ und sich in seinen Garten verfügte/ al-
da aufs fleißigste zu sorgen: Wie so ein hoher
Gast würdig und sicher möchte bewirthet/ bevor-
aus aber ihm der schmertzliche Verlust seiner
Princessin auff solche Art hinterbracht werden/
daß noch einige Hoffnung die Verzweifflung hin-
dern könne. Wegen der Sicherheit nun/ hielt er

vor

Der Aſiatiſchen Baniſe.
zu euch gefuͤhret hat! Der alte Taleom erſchrack
anfangs hefftig hieruͤber/ endlich aber/ wie er den
Printzen ſahe/ fiel er vor ihm nieder/ und kuͤßte
deſſen Knie/ ſagende: O ihr Goͤtter! was vor
eines Gluͤckes wuͤrdiget ihr mich? Jſt es moͤglich/
Durchlauchtigſter Printz/ daß es ſeine hohe Per-
ſon iſt? oder wollen mich nur die Geiſter aͤffen/
und meine Augen betruͤgen? Der Printz/ welcher
ſich wegen ſeiner Wunde allzuhefftig beweget
hatte/ ermahnte ihn/ ſolche Freud- und Ehren-Be-
zeigungen zu verſparen/ biß zu gelegener Zeit: Und
weil er wuſte/ daß er ſich auff die Wunden-Cur
wohl verſtund/ bat er vor allen Dingen/ nach der
Wunde zu ſehen/ und ihn zu verbinden. Welches
Talemon fleißig verrichtete/ und als er den Prin-
tzen mit Speiß und Tranck ſattſam erqvicket/ be-
reitete er ihm ein ſolches Lager/ worauff er beſſer/
als in der Todten-Hoͤle/ ruhen konte: wuͤndſch-
te ihm ſo dann eine gute Nacht/ und begab ſich
auch zur Ruhe.

Es wurde aber kaum die Annaͤherung der
Sonnen durch einige Liecht-Strahlen bemercket;
Als der muntere Talemon ihr zuvor kam/ das La-
ger verließ/ und ſich in ſeinen Garten verfuͤgte/ al-
da aufs fleißigſte zu ſorgen: Wie ſo ein hoher
Gaſt wuͤrdig und ſicher moͤchte bewirthet/ bevor-
aus aber ihm der ſchmertzliche Verluſt ſeiner
Princeſſin auff ſolche Art hinterbracht werden/
daß noch einige Hoffnung die Verzweifflung hin-
dern koͤnne. Wegen der Sicherheit nun/ hielt er

vor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0036" n="16"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
zu euch gefu&#x0364;hret hat! Der alte Taleom er&#x017F;chrack<lb/>
anfangs hefftig hieru&#x0364;ber/ endlich aber/ wie er den<lb/>
Printzen &#x017F;ahe/ fiel er vor ihm nieder/ und ku&#x0364;ßte<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Knie/ &#x017F;agende: O ihr Go&#x0364;tter! was vor<lb/>
eines Glu&#x0364;ckes wu&#x0364;rdiget ihr mich? J&#x017F;t es mo&#x0364;glich/<lb/>
Durchlauchtig&#x017F;ter Printz/ daß es &#x017F;eine hohe Per-<lb/>
&#x017F;on i&#x017F;t? oder wollen mich nur die Gei&#x017F;ter a&#x0364;ffen/<lb/>
und meine Augen betru&#x0364;gen? Der Printz/ welcher<lb/>
&#x017F;ich wegen &#x017F;einer Wunde allzuhefftig beweget<lb/>
hatte/ ermahnte ihn/ &#x017F;olche Freud- und Ehren-Be-<lb/>
zeigungen zu ver&#x017F;paren/ biß zu gelegener Zeit: Und<lb/>
weil er wu&#x017F;te/ daß er &#x017F;ich auff die Wunden-Cur<lb/>
wohl ver&#x017F;tund/ bat er vor allen Dingen/ nach der<lb/>
Wunde zu &#x017F;ehen/ und ihn zu verbinden. Welches<lb/>
Talemon fleißig verrichtete/ und als er den Prin-<lb/>
tzen mit Speiß und Tranck &#x017F;att&#x017F;am erqvicket/ be-<lb/>
reitete er ihm ein &#x017F;olches Lager/ worauff er be&#x017F;&#x017F;er/<lb/>
als in der Todten-Ho&#x0364;le/ ruhen konte: wu&#x0364;nd&#x017F;ch-<lb/>
te ihm &#x017F;o dann eine gute Nacht/ und begab &#x017F;ich<lb/>
auch zur Ruhe.</p><lb/>
        <p>Es wurde aber kaum die Anna&#x0364;herung der<lb/>
Sonnen durch einige Liecht-Strahlen bemercket;<lb/>
Als der muntere Talemon ihr zuvor kam/ das La-<lb/>
ger verließ/ und &#x017F;ich in &#x017F;einen Garten verfu&#x0364;gte/ al-<lb/>
da aufs fleißig&#x017F;te zu &#x017F;orgen: Wie &#x017F;o ein hoher<lb/>
Ga&#x017F;t wu&#x0364;rdig und &#x017F;icher mo&#x0364;chte bewirthet/ bevor-<lb/>
aus aber ihm der &#x017F;chmertzliche Verlu&#x017F;t &#x017F;einer<lb/>
Prince&#x017F;&#x017F;in auff &#x017F;olche Art hinterbracht werden/<lb/>
daß noch einige Hoffnung die Verzweifflung hin-<lb/>
dern ko&#x0364;nne. Wegen der Sicherheit nun/ hielt er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0036] Der Aſiatiſchen Baniſe. zu euch gefuͤhret hat! Der alte Taleom erſchrack anfangs hefftig hieruͤber/ endlich aber/ wie er den Printzen ſahe/ fiel er vor ihm nieder/ und kuͤßte deſſen Knie/ ſagende: O ihr Goͤtter! was vor eines Gluͤckes wuͤrdiget ihr mich? Jſt es moͤglich/ Durchlauchtigſter Printz/ daß es ſeine hohe Per- ſon iſt? oder wollen mich nur die Geiſter aͤffen/ und meine Augen betruͤgen? Der Printz/ welcher ſich wegen ſeiner Wunde allzuhefftig beweget hatte/ ermahnte ihn/ ſolche Freud- und Ehren-Be- zeigungen zu verſparen/ biß zu gelegener Zeit: Und weil er wuſte/ daß er ſich auff die Wunden-Cur wohl verſtund/ bat er vor allen Dingen/ nach der Wunde zu ſehen/ und ihn zu verbinden. Welches Talemon fleißig verrichtete/ und als er den Prin- tzen mit Speiß und Tranck ſattſam erqvicket/ be- reitete er ihm ein ſolches Lager/ worauff er beſſer/ als in der Todten-Hoͤle/ ruhen konte: wuͤndſch- te ihm ſo dann eine gute Nacht/ und begab ſich auch zur Ruhe. Es wurde aber kaum die Annaͤherung der Sonnen durch einige Liecht-Strahlen bemercket; Als der muntere Talemon ihr zuvor kam/ das La- ger verließ/ und ſich in ſeinen Garten verfuͤgte/ al- da aufs fleißigſte zu ſorgen: Wie ſo ein hoher Gaſt wuͤrdig und ſicher moͤchte bewirthet/ bevor- aus aber ihm der ſchmertzliche Verluſt ſeiner Princeſſin auff ſolche Art hinterbracht werden/ daß noch einige Hoffnung die Verzweifflung hin- dern koͤnne. Wegen der Sicherheit nun/ hielt er vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/36
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/36>, abgerufen am 21.11.2024.