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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
sechs und dreißig Jahren/ weisser und schöner
Gestalt war/ welche/ wie ich mich berichten las-
sen/ des Tyrannen Bruder Xeminbrun/ als er nur
noch Stadthalter gewesen/ von ihrem Herrn
Vater/ dem Könige von Ava/ gleichwie Chaumi-
grem die holdselige Higvanama/ zur Ehe begeh-
ren dürffen: Wie aber dazumahl der König
von Ava bey besserer Vernunfft gegen seine Kin-
der gewesen/ also hat er sie ihm auch abgeschlagen.
Solche verjährte Schmach nun seines Bru-
ders/ als auch seine eigene Korb-Schande an der
Princeßin Higvanama zu rächen/ ließ er/ daß ich
diesen Jammer mit flüchtigen Worten beschrei-
be/ dieses schöne Bild ausziehen/ durch die gantze
Stadt führen/ biß auffs Blut geisseln/ und end-
lich durch allerhand Marter erbärmlich hinrich-
ten; was aber noch unerhörter war/ so ließ er den
jungen Printzen lebendig an den entseelten Cör-
per seiner Frau Mutter binden/ mit Steinen be-
schweren/ und also ins Wasser werffen. Den
folgenden Tag beschloß er dieses Mord-Spiel
durch Hinrichtung dreyhundert Edelleute/ wel-
che er an Pfäle binden/ und gleichfalls in den
Strohm werffen ließ. Dem Verräther hielt
er zwar sein Wort/ und bestätigte ihn in der ver-
langten Stadthalterschafft/ nahm ihn auch bey
dem Auffbruch nach Pegu mit sich; als wir aber
unterwegens in der Festung Meleytay angelan-
get/ ließ er ihm den verrätherischen Kopff vor die
Füsse legen/ welches wohl die einige lobwürdige

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Anderes Buch.
ſechs und dreißig Jahren/ weiſſer und ſchoͤner
Geſtalt war/ welche/ wie ich mich berichten laſ-
ſen/ des Tyrannen Bruder Xeminbrun/ als er nur
noch Stadthalter geweſen/ von ihrem Herrn
Vater/ dem Koͤnige von Ava/ gleichwie Chaumi-
grem die holdſelige Higvanama/ zur Ehe begeh-
ren duͤrffen: Wie aber dazumahl der Koͤnig
von Ava bey beſſerer Vernunfft gegen ſeine Kin-
der geweſen/ alſo hat er ſie ihm auch abgeſchlagen.
Solche verjaͤhrte Schmach nun ſeines Bru-
ders/ als auch ſeine eigene Korb-Schande an der
Princeßin Higvanama zu raͤchen/ ließ er/ daß ich
dieſen Jammer mit fluͤchtigen Worten beſchrei-
be/ dieſes ſchoͤne Bild ausziehen/ durch die gantze
Stadt fuͤhren/ biß auffs Blut geiſſeln/ und end-
lich durch allerhand Marter erbaͤrmlich hinrich-
ten; was aber noch unerhoͤrter war/ ſo ließ er den
jungen Printzen lebendig an den entſeelten Coͤr-
per ſeiner Frau Mutter binden/ mit Steinen be-
ſchweren/ und alſo ins Waſſer werffen. Den
folgenden Tag beſchloß er dieſes Mord-Spiel
durch Hinrichtung dreyhundert Edelleute/ wel-
che er an Pfaͤle binden/ und gleichfalls in den
Strohm werffen ließ. Dem Verraͤther hielt
er zwar ſein Wort/ und beſtaͤtigte ihn in der ver-
langten Stadthalterſchafft/ nahm ihn auch bey
dem Auffbruch nach Pegu mit ſich; als wir aber
unterwegens in der Feſtung Meleytay angelan-
get/ ließ er ihm den verraͤtheriſchen Kopff vor die
Fuͤſſe legen/ welches wohl die einige lobwuͤrdige

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[345/0365] Anderes Buch. ſechs und dreißig Jahren/ weiſſer und ſchoͤner Geſtalt war/ welche/ wie ich mich berichten laſ- ſen/ des Tyrannen Bruder Xeminbrun/ als er nur noch Stadthalter geweſen/ von ihrem Herrn Vater/ dem Koͤnige von Ava/ gleichwie Chaumi- grem die holdſelige Higvanama/ zur Ehe begeh- ren duͤrffen: Wie aber dazumahl der Koͤnig von Ava bey beſſerer Vernunfft gegen ſeine Kin- der geweſen/ alſo hat er ſie ihm auch abgeſchlagen. Solche verjaͤhrte Schmach nun ſeines Bru- ders/ als auch ſeine eigene Korb-Schande an der Princeßin Higvanama zu raͤchen/ ließ er/ daß ich dieſen Jammer mit fluͤchtigen Worten beſchrei- be/ dieſes ſchoͤne Bild ausziehen/ durch die gantze Stadt fuͤhren/ biß auffs Blut geiſſeln/ und end- lich durch allerhand Marter erbaͤrmlich hinrich- ten; was aber noch unerhoͤrter war/ ſo ließ er den jungen Printzen lebendig an den entſeelten Coͤr- per ſeiner Frau Mutter binden/ mit Steinen be- ſchweren/ und alſo ins Waſſer werffen. Den folgenden Tag beſchloß er dieſes Mord-Spiel durch Hinrichtung dreyhundert Edelleute/ wel- che er an Pfaͤle binden/ und gleichfalls in den Strohm werffen ließ. Dem Verraͤther hielt er zwar ſein Wort/ und beſtaͤtigte ihn in der ver- langten Stadthalterſchafft/ nahm ihn auch bey dem Auffbruch nach Pegu mit ſich; als wir aber unterwegens in der Feſtung Meleytay angelan- get/ ließ er ihm den verraͤtheriſchen Kopff vor die Fuͤſſe legen/ welches wohl die einige lobwuͤrdige Ver Y 5

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/365>, abgerufen am 01.07.2024.