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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
ein ieder/ wenn sich grosse Herren rauffen/ daß die
Unterthanen ihre Haare darzu hergeben müssen/
und wenn gekrönte Häupter Nüsse auffbeissen
wollen/ so muß es mit den Zähnen der Untertha-
nen geschehen. Auch diese Antwort wurde von
dem Chaumigrem gnädig angenommen/ wiewol
er nichts mehr als dieses darauf antwortete: Wir
verstehen schon eure Meynung. Von diesem
nun kam er mit dem Rolim zu reden/ und begehrte
auch seine Meynung hierüber zu vernehmen/ wenn
er ihn also anredete: Alter Vater/ ihr werdet als
ein gewiedmeter Ober-Priester der Gottheit die-
ses Reiches/ uns auffrichtigst entdecken/ worinnen
wir zu viel oder zu wenig gethan/ und welcher
Grund zu den Seulen dieses Throns zu erweh-
len sey? Diese weit aussehende Frage zu beant-
worten/ wolte anfangs der Rolim in einiges Be-
dencken ziehen/ iedennoch ließ er sich endlich mit
diesen etwas weitschweiffigen Reden vernehmen:
Jch wünschte zwar/ sagte er/ mit der Beantwor-
tung dieser hochwichtigen Frage verschont zu blei-
ben/ angesehen solche besser im Staats-Cabinet
als in der Sacristey kan und soll erörtert werden:
zumal auch ein Geistlicher Rath in Politischen/
ich wil nicht sagen Geistlichen Sachen/ bey un-
sern Höflingen mehr Spott und Verachtung/
als schuldige Folge nach sich ziehet: Jedoch mein
Gewissen zu befreyen/ so muß ich meine Gedan-
cken ungescheut eröffnen/ und bekennen/ daß E. M.
nichts anders denn eine feurige Ruthe der Götter

sey/

Der Aſiatiſchen Baniſe.
ein ieder/ wenn ſich groſſe Herren rauffen/ daß die
Unterthanen ihre Haare darzu hergeben muͤſſen/
und wenn gekroͤnte Haͤupter Nuͤſſe auffbeiſſen
wollen/ ſo muß es mit den Zaͤhnen der Untertha-
nen geſchehen. Auch dieſe Antwort wurde von
dem Chaumigrem gnaͤdig angenommen/ wiewol
er nichts mehr als dieſes darauf antwortete: Wir
verſtehen ſchon eure Meynung. Von dieſem
nun kam er mit dem Rolim zu reden/ und begehrte
auch ſeine Meynung hieruͤber zu vernehmen/ weñ
er ihn alſo anredete: Alter Vater/ ihr werdet als
ein gewiedmeter Ober-Prieſter der Gottheit die-
ſes Reiches/ uns auffrichtigſt entdecken/ worinnen
wir zu viel oder zu wenig gethan/ und welcher
Grund zu den Seulen dieſes Throns zu erweh-
len ſey? Dieſe weit ausſehende Frage zu beant-
worten/ wolte anfangs der Rolim in einiges Be-
dencken ziehen/ iedennoch ließ er ſich endlich mit
dieſen etwas weitſchweiffigen Reden vernehmen:
Jch wuͤnſchte zwar/ ſagte er/ mit der Beantwor-
tung dieſer hochwichtigen Frage verſchont zu blei-
ben/ angeſehen ſolche beſſer im Staats-Cabinet
als in der Sacriſtey kan und ſoll eroͤrtert werden:
zumal auch ein Geiſtlicher Rath in Politiſchen/
ich wil nicht ſagen Geiſtlichen Sachen/ bey un-
ſern Hoͤflingen mehr Spott und Verachtung/
als ſchuldige Folge nach ſich ziehet: Jedoch mein
Gewiſſen zu befreyen/ ſo muß ich meine Gedan-
cken ungeſcheut eroͤffnen/ und bekennen/ daß E. M.
nichts anders denn eine feurige Ruthe der Goͤtter

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[376/0396] Der Aſiatiſchen Baniſe. ein ieder/ wenn ſich groſſe Herren rauffen/ daß die Unterthanen ihre Haare darzu hergeben muͤſſen/ und wenn gekroͤnte Haͤupter Nuͤſſe auffbeiſſen wollen/ ſo muß es mit den Zaͤhnen der Untertha- nen geſchehen. Auch dieſe Antwort wurde von dem Chaumigrem gnaͤdig angenommen/ wiewol er nichts mehr als dieſes darauf antwortete: Wir verſtehen ſchon eure Meynung. Von dieſem nun kam er mit dem Rolim zu reden/ und begehrte auch ſeine Meynung hieruͤber zu vernehmen/ weñ er ihn alſo anredete: Alter Vater/ ihr werdet als ein gewiedmeter Ober-Prieſter der Gottheit die- ſes Reiches/ uns auffrichtigſt entdecken/ worinnen wir zu viel oder zu wenig gethan/ und welcher Grund zu den Seulen dieſes Throns zu erweh- len ſey? Dieſe weit ausſehende Frage zu beant- worten/ wolte anfangs der Rolim in einiges Be- dencken ziehen/ iedennoch ließ er ſich endlich mit dieſen etwas weitſchweiffigen Reden vernehmen: Jch wuͤnſchte zwar/ ſagte er/ mit der Beantwor- tung dieſer hochwichtigen Frage verſchont zu blei- ben/ angeſehen ſolche beſſer im Staats-Cabinet als in der Sacriſtey kan und ſoll eroͤrtert werden: zumal auch ein Geiſtlicher Rath in Politiſchen/ ich wil nicht ſagen Geiſtlichen Sachen/ bey un- ſern Hoͤflingen mehr Spott und Verachtung/ als ſchuldige Folge nach ſich ziehet: Jedoch mein Gewiſſen zu befreyen/ ſo muß ich meine Gedan- cken ungeſcheut eroͤffnen/ und bekennen/ daß E. M. nichts anders denn eine feurige Ruthe der Goͤtter ſey/

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/396>, abgerufen am 01.07.2024.