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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
zeit rechtmäßigen Anspruch zur Crone haben/
auch durch ihre Gegenwart die Gemüther des
Volckes an sich ziehen kan/ muß dennoch/ ihrer
Schönheit ungeachtet/ ein Opffer der Unbarm-
hertzigkeit und des Todes seyn. Als nun Chau-
migrem hierüber ziemlich ungedultig wurde/ und
ihm anbefahl/ seine Gedult nicht länger zu miß-
brauchen/ so brach er endlich mit diesen Worten
herauß: Getreue Räthe sind eines Fürsten Fern-
Gläser/ wodurch er das jenige in Erfahrung und
zu Gesichte bekömt/ was sonsten wohl seinen Au-
gen verborgen bliebe. So wisse demnach J. M.
daß Fräulein Banise/ des Xemindo jüngste Prin-
ceßin/ über welche doch ein tödtlicher Spruch
geschehen/ annoch im Leben/ und in dieser Stadt
heimlich verborgen sey. Das wollen die Götter
nicht! hub der entrüstete Chaumigrem an/ daß
sich einige Creatur unterstehen solte/ unserm Be-
fehl im geringsten einigen Abbruch zu thun. Ent-
decket uns alsobald bey eurem Gewissen/ wer sich
durch dieses frevele Beginnen/ als ein Feind des
Käysers erzeiget. Es ist mir/ endeckte der Rolim
ferner/ mit des Abaxars Untergange nicht gedie-
net: ich hätte auch solches bey einem ewigen
Stillschweigen bewenden lassen/ wenn mich nicht
mein Gewissen/ und die hohe Treue/ womit ich
Jhr. Maj. verpflichtet bin/ hierzu angetrieben
hätte/ daß ich gezwungen sagen muß: Abaxar ist
der Princeßin Lebens-Erhalter. Hierüber ent-
rüstete sich nun Chaumigrem dermassen/ daß er

fast

Der Aſiatiſchen Baniſe.
zeit rechtmaͤßigen Anſpruch zur Crone haben/
auch durch ihre Gegenwart die Gemuͤther des
Volckes an ſich ziehen kan/ muß dennoch/ ihrer
Schoͤnheit ungeachtet/ ein Opffer der Unbarm-
hertzigkeit und des Todes ſeyn. Als nun Chau-
migrem hieruͤber ziemlich ungedultig wurde/ und
ihm anbefahl/ ſeine Gedult nicht laͤnger zu miß-
brauchen/ ſo brach er endlich mit dieſen Worten
herauß: Getreue Raͤthe ſind eines Fuͤrſten Fern-
Glaͤſer/ wodurch er das jenige in Erfahrung und
zu Geſichte bekoͤmt/ was ſonſten wohl ſeinen Au-
gen verborgen bliebe. So wiſſe demnach J. M.
daß Fraͤulein Baniſe/ des Xemindo juͤngſte Prin-
ceßin/ uͤber welche doch ein toͤdtlicher Spruch
geſchehen/ annoch im Leben/ und in dieſer Stadt
heimlich verborgen ſey. Das wollen die Goͤtter
nicht! hub der entruͤſtete Chaumigrem an/ daß
ſich einige Creatur unterſtehen ſolte/ unſerm Be-
fehl im geringſten einigen Abbruch zu thun. Ent-
decket uns alſobald bey eurem Gewiſſen/ wer ſich
durch dieſes frevele Beginnen/ als ein Feind des
Kaͤyſers erzeiget. Es iſt mir/ endeckte der Rolim
ferner/ mit des Abaxars Untergange nicht gedie-
net: ich haͤtte auch ſolches bey einem ewigen
Stillſchweigen bewenden laſſen/ wenn mich nicht
mein Gewiſſen/ und die hohe Treue/ womit ich
Jhr. Maj. verpflichtet bin/ hierzu angetrieben
haͤtte/ daß ich gezwungen ſagen muß: Abaxar iſt
der Princeßin Lebens-Erhalter. Hieruͤber ent-
ruͤſtete ſich nun Chaumigrem dermaſſen/ daß er

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[382/0402] Der Aſiatiſchen Baniſe. zeit rechtmaͤßigen Anſpruch zur Crone haben/ auch durch ihre Gegenwart die Gemuͤther des Volckes an ſich ziehen kan/ muß dennoch/ ihrer Schoͤnheit ungeachtet/ ein Opffer der Unbarm- hertzigkeit und des Todes ſeyn. Als nun Chau- migrem hieruͤber ziemlich ungedultig wurde/ und ihm anbefahl/ ſeine Gedult nicht laͤnger zu miß- brauchen/ ſo brach er endlich mit dieſen Worten herauß: Getreue Raͤthe ſind eines Fuͤrſten Fern- Glaͤſer/ wodurch er das jenige in Erfahrung und zu Geſichte bekoͤmt/ was ſonſten wohl ſeinen Au- gen verborgen bliebe. So wiſſe demnach J. M. daß Fraͤulein Baniſe/ des Xemindo juͤngſte Prin- ceßin/ uͤber welche doch ein toͤdtlicher Spruch geſchehen/ annoch im Leben/ und in dieſer Stadt heimlich verborgen ſey. Das wollen die Goͤtter nicht! hub der entruͤſtete Chaumigrem an/ daß ſich einige Creatur unterſtehen ſolte/ unſerm Be- fehl im geringſten einigen Abbruch zu thun. Ent- decket uns alſobald bey eurem Gewiſſen/ wer ſich durch dieſes frevele Beginnen/ als ein Feind des Kaͤyſers erzeiget. Es iſt mir/ endeckte der Rolim ferner/ mit des Abaxars Untergange nicht gedie- net: ich haͤtte auch ſolches bey einem ewigen Stillſchweigen bewenden laſſen/ wenn mich nicht mein Gewiſſen/ und die hohe Treue/ womit ich Jhr. Maj. verpflichtet bin/ hierzu angetrieben haͤtte/ daß ich gezwungen ſagen muß: Abaxar iſt der Princeßin Lebens-Erhalter. Hieruͤber ent- ruͤſtete ſich nun Chaumigrem dermaſſen/ daß er faſt

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/402>, abgerufen am 22.11.2024.