Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
tung verschaffet. Dem Bedrängten aber zu
helffen/ hat der Himmel mehr als ein Mittel.
Zwar einige Gewalt durch unsere schwache Hand
anietzo vorzunehmen/ ist eine Arbeit der Canini-
chen/ eine Löwen-Höle zu stürmen: den Bluthund
zu einiger Güte zu bewegen/ scheinet gleichfalls
Diamanten mit Fingern zu zerreiben: eine von
dem Himmel gesegnete List aber/ hat öffters Stahl
in Gold verkehret. Jch bin unschlüßig/ redete
Talemon ein/ welcher Meynung ich beypflichten
soll. Einige Gewalt vorzunehmen/ solches ist
nur mit Stillschweigen zu übergehen: durch List
sie diesen Raub-Klauen zu entführen/ scheinet eine
Sache zu seyn/ welche fast dem Verhängniß tro-
tzet/ worzu uns einige Ungewißheit den Segen des
Himmels verweigert. Den sichersten Weg schä-
tze ich hierinnen zu seyn/ wenn man sich bemühe-
te/ durch verstellete Schrifften/ als ob sie aus Ava
kämen/ dem Wüterich mit beweglichen Grün-
den die Unschuld der Prinßin vor Augen zu stel-
len/ und um deren Erlassung und Abfolge freund-
lich anzuhalten. O blosser Schatten vergebe-
ner Hoffnung! widerlegte es der Printz/ welchen
bey voriger Grausamkeit weder das bewegliche
Flehen der Alten/ das jämmerliche Zuruffen der
angenehmsten Schönheiten/ noch das erbärmliche
Schreyen der kleinen Kinder/ in Summa/ das
unbeschreibliche Mord-Elend so vieler tausend
unschuldigen Menschen nicht im geringsten zu be-
wegen/ noch einige Seele zu erretten vermocht/

den

Der Aſiatiſchen Baniſe.
tung verſchaffet. Dem Bedraͤngten aber zu
helffen/ hat der Himmel mehr als ein Mittel.
Zwar einige Gewalt durch unſere ſchwache Hand
anietzo vorzunehmen/ iſt eine Arbeit der Canini-
chen/ eine Loͤwen-Hoͤle zu ſtuͤrmen: den Bluthund
zu einiger Guͤte zu bewegen/ ſcheinet gleichfalls
Diamanten mit Fingern zu zerreiben: eine von
dem Him̃el geſegnete Liſt aber/ hat oͤffters Stahl
in Gold verkehret. Jch bin unſchluͤßig/ redete
Talemon ein/ welcher Meynung ich beypflichten
ſoll. Einige Gewalt vorzunehmen/ ſolches iſt
nur mit Stillſchweigen zu uͤbergehen: durch Liſt
ſie dieſen Raub-Klauen zu entfuͤhren/ ſcheinet eine
Sache zu ſeyn/ welche faſt dem Verhaͤngniß tro-
tzet/ worzu uns einige Ungewißheit den Segen des
Himmels verweigert. Den ſicherſten Weg ſchaͤ-
tze ich hierinnen zu ſeyn/ wenn man ſich bemuͤhe-
te/ durch verſtellete Schrifften/ als ob ſie aus Ava
kaͤmen/ dem Wuͤterich mit beweglichen Gruͤn-
den die Unſchuld der Prinßin vor Augen zu ſtel-
len/ und um deren Erlaſſung und Abfolge freund-
lich anzuhalten. O bloſſer Schatten vergebe-
ner Hoffnung! widerlegte es der Printz/ welchen
bey voriger Grauſamkeit weder das bewegliche
Flehen der Alten/ das jaͤmmerliche Zuruffen der
angenehmſten Schoͤnheiten/ noch das eꝛbaͤrmliche
Schreyen der kleinen Kinder/ in Summa/ das
unbeſchreibliche Mord-Elend ſo vieler tauſend
unſchuldigen Menſchen nicht im geringſten zu be-
wegen/ noch einige Seele zu erretten vermocht/

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0426" n="406"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
tung ver&#x017F;chaffet. Dem Bedra&#x0364;ngten aber zu<lb/>
helffen/ hat der Himmel mehr als ein Mittel.<lb/>
Zwar einige Gewalt durch un&#x017F;ere &#x017F;chwache Hand<lb/>
anietzo vorzunehmen/ i&#x017F;t eine Arbeit der Canini-<lb/>
chen/ eine Lo&#x0364;wen-Ho&#x0364;le zu &#x017F;tu&#x0364;rmen: den Bluthund<lb/>
zu einiger Gu&#x0364;te zu bewegen/ &#x017F;cheinet gleichfalls<lb/>
Diamanten mit Fingern zu zerreiben: eine von<lb/>
dem Him&#x0303;el ge&#x017F;egnete Li&#x017F;t aber/ hat o&#x0364;ffters Stahl<lb/>
in Gold verkehret. Jch bin un&#x017F;chlu&#x0364;ßig/ redete<lb/>
Talemon ein/ welcher Meynung ich beypflichten<lb/>
&#x017F;oll. Einige Gewalt vorzunehmen/ &#x017F;olches i&#x017F;t<lb/>
nur mit Still&#x017F;chweigen zu u&#x0364;bergehen: durch Li&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie die&#x017F;en Raub-Klauen zu entfu&#x0364;hren/ &#x017F;cheinet eine<lb/>
Sache zu &#x017F;eyn/ welche fa&#x017F;t dem Verha&#x0364;ngniß tro-<lb/>
tzet/ worzu uns einige Ungewißheit den Segen des<lb/>
Himmels verweigert. Den &#x017F;icher&#x017F;ten Weg &#x017F;cha&#x0364;-<lb/>
tze ich hierinnen zu &#x017F;eyn/ wenn man &#x017F;ich bemu&#x0364;he-<lb/>
te/ durch ver&#x017F;tellete Schrifften/ als ob &#x017F;ie aus Ava<lb/>
ka&#x0364;men/ dem Wu&#x0364;terich mit beweglichen Gru&#x0364;n-<lb/>
den die Un&#x017F;chuld der Prinßin vor Augen zu &#x017F;tel-<lb/>
len/ und um deren Erla&#x017F;&#x017F;ung und Abfolge freund-<lb/>
lich anzuhalten. O blo&#x017F;&#x017F;er Schatten vergebe-<lb/>
ner Hoffnung! widerlegte es der Printz/ welchen<lb/>
bey voriger Grau&#x017F;amkeit weder das bewegliche<lb/>
Flehen der Alten/ das ja&#x0364;mmerliche Zuruffen der<lb/>
angenehm&#x017F;ten Scho&#x0364;nheiten/ noch das e&#xA75B;ba&#x0364;rmliche<lb/>
Schreyen der kleinen Kinder/ in Summa/ das<lb/>
unbe&#x017F;chreibliche Mord-Elend &#x017F;o vieler tau&#x017F;end<lb/>
un&#x017F;chuldigen Men&#x017F;chen nicht im gering&#x017F;ten zu be-<lb/>
wegen/ noch einige Seele zu erretten vermocht/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0426] Der Aſiatiſchen Baniſe. tung verſchaffet. Dem Bedraͤngten aber zu helffen/ hat der Himmel mehr als ein Mittel. Zwar einige Gewalt durch unſere ſchwache Hand anietzo vorzunehmen/ iſt eine Arbeit der Canini- chen/ eine Loͤwen-Hoͤle zu ſtuͤrmen: den Bluthund zu einiger Guͤte zu bewegen/ ſcheinet gleichfalls Diamanten mit Fingern zu zerreiben: eine von dem Him̃el geſegnete Liſt aber/ hat oͤffters Stahl in Gold verkehret. Jch bin unſchluͤßig/ redete Talemon ein/ welcher Meynung ich beypflichten ſoll. Einige Gewalt vorzunehmen/ ſolches iſt nur mit Stillſchweigen zu uͤbergehen: durch Liſt ſie dieſen Raub-Klauen zu entfuͤhren/ ſcheinet eine Sache zu ſeyn/ welche faſt dem Verhaͤngniß tro- tzet/ worzu uns einige Ungewißheit den Segen des Himmels verweigert. Den ſicherſten Weg ſchaͤ- tze ich hierinnen zu ſeyn/ wenn man ſich bemuͤhe- te/ durch verſtellete Schrifften/ als ob ſie aus Ava kaͤmen/ dem Wuͤterich mit beweglichen Gruͤn- den die Unſchuld der Prinßin vor Augen zu ſtel- len/ und um deren Erlaſſung und Abfolge freund- lich anzuhalten. O bloſſer Schatten vergebe- ner Hoffnung! widerlegte es der Printz/ welchen bey voriger Grauſamkeit weder das bewegliche Flehen der Alten/ das jaͤmmerliche Zuruffen der angenehmſten Schoͤnheiten/ noch das eꝛbaͤrmliche Schreyen der kleinen Kinder/ in Summa/ das unbeſchreibliche Mord-Elend ſo vieler tauſend unſchuldigen Menſchen nicht im geringſten zu be- wegen/ noch einige Seele zu erretten vermocht/ den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/426
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/426>, abgerufen am 22.11.2024.