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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
den wird vielweniger ein todter Buchstabe zu ei-
niger Vernunfft noch Erbarmung bringen.
Nein/ nein/ wir würden hier nur Pfeiler in die
See bauen/ und bey der Natter Gunst suchen.
Viel sicherer und tapfferer wird dieses seyn/ daß
ich mich in die Burg/ und so nahe an den Blut-
hund verfüge/ daß diese Hand seine mörderische
Brust erreichen kan. Alsdenn wil ich einen
scharffen Dolch in das Laster-volle Hertze stos-
sen/ und hernach auch des grausamsten Todes ge-
wärtig seyn: wenn nur aus meinem Blute die
Wohlfahrts-Rose der Princeßin blühet. Die-
ser Anschlag ist zu hitzig/ erwiederte Ponnedro/ ich
wil nicht sagen/ verzweiffelt. Denn solte gleich
des Tyrannen Tod erfolgen/ so wäre doch dessen
Anhang durch den Verlust ihres Hauptes noch
lange nicht so unkräfftig gemacht/ daß nicht viel-
mehr die Princeßin zugleich in andere und noch
viel grausamere Hände gerathen könte. So wä-
re der Printz verlohren/ dessen mächtige Reiche
verwäyset/ und der Princeßin nichts geholffen.
Jnmittelst/ wendete er sich zum Scandor/ habe
ich aus vorigen Erzehlungen nicht einen unebenen
Verstand geurtheilet/ welcher bey so gählingen
Fällen billich mit in den Rath gezogen wird. Kan
selbter nun einen ersprießlichen Beytrag thun/
so wird er sich dem Printzen gnädig/ uns aber ver-
bindlich machen. Scandor zückete die Achseln/
und näherte sich mit diesen Worten: Wo solche
Galeren das Meer der Weißheit beschiffen/ da

muß
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Anderes Buch.
den wird vielweniger ein todter Buchſtabe zu ei-
niger Vernunfft noch Erbarmung bringen.
Nein/ nein/ wir wuͤrden hier nur Pfeiler in die
See bauen/ und bey der Natter Gunſt ſuchen.
Viel ſicherer und tapfferer wird dieſes ſeyn/ daß
ich mich in die Burg/ und ſo nahe an den Blut-
hund verfuͤge/ daß dieſe Hand ſeine moͤrderiſche
Bruſt erreichen kan. Alsdenn wil ich einen
ſcharffen Dolch in das Laſter-volle Hertze ſtoſ-
ſen/ und hernach auch des grauſamſten Todes ge-
waͤrtig ſeyn: wenn nur aus meinem Blute die
Wohlfahrts-Roſe der Princeßin bluͤhet. Die-
ſer Anſchlag iſt zu hitzig/ erwiederte Ponnedro/ ich
wil nicht ſagen/ verzweiffelt. Denn ſolte gleich
des Tyrannen Tod erfolgen/ ſo waͤre doch deſſen
Anhang durch den Verluſt ihres Hauptes noch
lange nicht ſo unkraͤfftig gemacht/ daß nicht viel-
mehr die Princeßin zugleich in andere und noch
viel grauſamere Haͤnde gerathen koͤnte. So waͤ-
re der Printz verlohren/ deſſen maͤchtige Reiche
verwaͤyſet/ und der Princeßin nichts geholffen.
Jnmittelſt/ wendete er ſich zum Scandor/ habe
ich aus vorigen Erzehlungen nicht einen unebenen
Verſtand geurtheilet/ welcher bey ſo gaͤhlingen
Faͤllen billich mit in den Rath gezogen wird. Kan
ſelbter nun einen erſprießlichen Beytrag thun/
ſo wird er ſich dem Printzen gnaͤdig/ uns aber ver-
bindlich machen. Scandor zuͤckete die Achſeln/
und naͤherte ſich mit dieſen Worten: Wo ſolche
Galeren das Meer der Weißheit beſchiffen/ da

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[407/0427] Anderes Buch. den wird vielweniger ein todter Buchſtabe zu ei- niger Vernunfft noch Erbarmung bringen. Nein/ nein/ wir wuͤrden hier nur Pfeiler in die See bauen/ und bey der Natter Gunſt ſuchen. Viel ſicherer und tapfferer wird dieſes ſeyn/ daß ich mich in die Burg/ und ſo nahe an den Blut- hund verfuͤge/ daß dieſe Hand ſeine moͤrderiſche Bruſt erreichen kan. Alsdenn wil ich einen ſcharffen Dolch in das Laſter-volle Hertze ſtoſ- ſen/ und hernach auch des grauſamſten Todes ge- waͤrtig ſeyn: wenn nur aus meinem Blute die Wohlfahrts-Roſe der Princeßin bluͤhet. Die- ſer Anſchlag iſt zu hitzig/ erwiederte Ponnedro/ ich wil nicht ſagen/ verzweiffelt. Denn ſolte gleich des Tyrannen Tod erfolgen/ ſo waͤre doch deſſen Anhang durch den Verluſt ihres Hauptes noch lange nicht ſo unkraͤfftig gemacht/ daß nicht viel- mehr die Princeßin zugleich in andere und noch viel grauſamere Haͤnde gerathen koͤnte. So waͤ- re der Printz verlohren/ deſſen maͤchtige Reiche verwaͤyſet/ und der Princeßin nichts geholffen. Jnmittelſt/ wendete er ſich zum Scandor/ habe ich aus vorigen Erzehlungen nicht einen unebenen Verſtand geurtheilet/ welcher bey ſo gaͤhlingen Faͤllen billich mit in den Rath gezogen wird. Kan ſelbter nun einen erſprießlichen Beytrag thun/ ſo wird er ſich dem Printzen gnaͤdig/ uns aber ver- bindlich machen. Scandor zuͤckete die Achſeln/ und naͤherte ſich mit dieſen Worten: Wo ſolche Galeren das Meer der Weißheit beſchiffen/ da muß C c 4

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/427>, abgerufen am 22.11.2024.