Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. Augen heraus/ weil mein Geist von Liebe und Lustgleichsam überschwemmet wird. Diese Worte erregten einen neuen Streit des Zweiffels und der Eyffersucht in des Printzen Seele/ welcher sich in diese Verstellung durchaus nicht zu schicken wuste/ und dahero vor Ungedult zu börsten meynte: Doch wurde er auff vorige und bessere Gedancken wie- derum gebracht/ als er der Princeßin Meynung durch Fortsetzung ihrer Rede vernahm. Mir fället zwar/ fuhr sie ferner fort/ iedweder Verzug hierinnen auffs schmertzlichste/ und wünsche so- thane Liebes-Beschleunigung auffs hefftigste: ich muß aber hierbey die Gedult in etwas gelten las- sen/ welche mir billich diesen Einwurff thut: Jch würde mir/ wenn ich bereits/ da der Väterliche Cörper vor wenig Tagen noch Blut geschwitzet/ in das Braut-Bette steigen wolte/ bey allem Volcke einen Haß/ und von der Welt ein unglei- ches Urthel verursachen. So beliebe denn/ mein Augen-Trost/ unsere hefftige Liebe mit einiger Gedult zu bekrönen. Denn die Liebe ist von Na- tur feurig/ drum soll man auch mit ihr/ wie mit dem Feuer behutsam umgehen. Wer allezeit/ war die ungedultige Gegen-Antwort/ in der glatten Welt seine Schritte nach der Schnur einrichten will/ der darff nur das Gehen gar einstellen. Die- se Furcht ist nur vergebens: Denn alles/ was ge- krönten Häuptern beliebet/ das haben die Götter erlaubet. Wer aber darff sich unterfangen/ ihr Verfahren zu beurtheilen. Die gantze Welt sie- het
Der Aſiatiſchen Baniſe. Augen heraus/ weil mein Geiſt von Liebe und Luſtgleichſam uͤberſchwemmet wird. Dieſe Worte erregten einen neuen Streit des Zweiffels und der Eyfferſucht in des Printzen Seele/ welcher ſich in dieſe Verſtellung durchaus nicht zu ſchicken wuſte/ und dahero vor Ungedult zu boͤrſten meynte: Doch wurde er auff vorige und beſſere Gedancken wie- derum gebracht/ als er der Princeßin Meynung durch Fortſetzung ihrer Rede vernahm. Mir faͤllet zwar/ fuhr ſie ferner fort/ iedweder Verzug hierinnen auffs ſchmertzlichſte/ und wuͤnſche ſo- thane Liebes-Beſchleunigung auffs hefftigſte: ich muß aber hierbey die Gedult in etwas gelten laſ- ſen/ welche mir billich dieſen Einwurff thut: Jch wuͤrde mir/ wenn ich bereits/ da der Vaͤterliche Coͤrper vor wenig Tagen noch Blut geſchwitzet/ in das Braut-Bette ſteigen wolte/ bey allem Volcke einen Haß/ und von der Welt ein unglei- ches Urthel verurſachen. So beliebe denn/ mein Augen-Troſt/ unſere hefftige Liebe mit einiger Gedult zu bekroͤnen. Denn die Liebe iſt von Na- tur feurig/ drum ſoll man auch mit ihr/ wie mit dem Feuer behutſam umgehen. Wer allezeit/ war die ungedultige Gegen-Antwort/ in der glatten Welt ſeine Schritte nach der Schnur einrichten will/ der darff nur das Gehen gar einſtellen. Die- ſe Furcht iſt nur vergebens: Denn alles/ was ge- kroͤnten Haͤuptern beliebet/ das haben die Goͤtter erlaubet. Wer aber darff ſich unterfangen/ ihr Verfahren zu beurtheilen. Die gantze Welt ſie- het
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0448" n="428"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Aſiatiſchen Baniſe.</hi></fw><lb/> Augen heraus/ weil mein Geiſt von Liebe und Luſt<lb/> gleichſam uͤberſchwemmet wird. Dieſe Worte<lb/> erregten einen neuen Streit des Zweiffels und der<lb/> Eyfferſucht in des Printzen Seele/ welcher ſich in<lb/> dieſe Verſtellung durchaus nicht zu ſchicken wuſte/<lb/> und dahero vor Ungedult zu boͤrſten meynte: Doch<lb/> wurde er auff vorige und beſſere Gedancken wie-<lb/> derum gebracht/ als er der Princeßin Meynung<lb/> durch Fortſetzung ihrer Rede vernahm. Mir<lb/> faͤllet zwar/ fuhr ſie ferner fort/ iedweder Verzug<lb/> hierinnen auffs ſchmertzlichſte/ und wuͤnſche ſo-<lb/> thane Liebes-Beſchleunigung auffs hefftigſte: ich<lb/> muß aber hierbey die Gedult in etwas gelten laſ-<lb/> ſen/ welche mir billich dieſen Einwurff thut: Jch<lb/> wuͤrde mir/ wenn ich bereits/ da der Vaͤterliche<lb/> Coͤrper vor wenig Tagen noch Blut geſchwitzet/<lb/> in das Braut-Bette ſteigen wolte/ bey allem<lb/> Volcke einen Haß/ und von der Welt ein unglei-<lb/> ches Urthel verurſachen. So beliebe denn/ mein<lb/> Augen-Troſt/ unſere hefftige Liebe mit einiger<lb/> Gedult zu bekroͤnen. Denn die Liebe iſt von Na-<lb/> tur feurig/ drum ſoll man auch mit ihr/ wie mit<lb/> dem Feuer behutſam umgehen. Wer allezeit/ war<lb/> die ungedultige Gegen-Antwort/ in der glatten<lb/> Welt ſeine Schritte nach der Schnur einrichten<lb/> will/ der darff nur das Gehen gar einſtellen. Die-<lb/> ſe Furcht iſt nur vergebens: Denn alles/ was ge-<lb/> kroͤnten Haͤuptern beliebet/ das haben die Goͤtter<lb/> erlaubet. Wer aber darff ſich unterfangen/ ihr<lb/> Verfahren zu beurtheilen. Die gantze Welt ſie-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">het</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [428/0448]
Der Aſiatiſchen Baniſe.
Augen heraus/ weil mein Geiſt von Liebe und Luſt
gleichſam uͤberſchwemmet wird. Dieſe Worte
erregten einen neuen Streit des Zweiffels und der
Eyfferſucht in des Printzen Seele/ welcher ſich in
dieſe Verſtellung durchaus nicht zu ſchicken wuſte/
und dahero vor Ungedult zu boͤrſten meynte: Doch
wurde er auff vorige und beſſere Gedancken wie-
derum gebracht/ als er der Princeßin Meynung
durch Fortſetzung ihrer Rede vernahm. Mir
faͤllet zwar/ fuhr ſie ferner fort/ iedweder Verzug
hierinnen auffs ſchmertzlichſte/ und wuͤnſche ſo-
thane Liebes-Beſchleunigung auffs hefftigſte: ich
muß aber hierbey die Gedult in etwas gelten laſ-
ſen/ welche mir billich dieſen Einwurff thut: Jch
wuͤrde mir/ wenn ich bereits/ da der Vaͤterliche
Coͤrper vor wenig Tagen noch Blut geſchwitzet/
in das Braut-Bette ſteigen wolte/ bey allem
Volcke einen Haß/ und von der Welt ein unglei-
ches Urthel verurſachen. So beliebe denn/ mein
Augen-Troſt/ unſere hefftige Liebe mit einiger
Gedult zu bekroͤnen. Denn die Liebe iſt von Na-
tur feurig/ drum ſoll man auch mit ihr/ wie mit
dem Feuer behutſam umgehen. Wer allezeit/ war
die ungedultige Gegen-Antwort/ in der glatten
Welt ſeine Schritte nach der Schnur einrichten
will/ der darff nur das Gehen gar einſtellen. Die-
ſe Furcht iſt nur vergebens: Denn alles/ was ge-
kroͤnten Haͤuptern beliebet/ das haben die Goͤtter
erlaubet. Wer aber darff ſich unterfangen/ ihr
Verfahren zu beurtheilen. Die gantze Welt ſie-
het
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeZum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |