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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
muß auch das Eyß aus Zembla übertreffen/ weil
mein heisses Bitten weder vormals/ noch mein
flammendes Begehren ietzund zu schmeltzen ver-
mochte. Rathet derowegen/ treuester Rolim/
rathet/ wie der Kayser zu retten/ und seine bren-
nende Unruhe zu stillen sey.

Diesen alten Greiß/ den Rolim/ hatte nun/ ich
weiß nicht was vor eine heimliche Regung betrof-
fen/ daß/ indem er die Banise noch niemals gese-
hen/ vielweniger dero Schönheit in einige Be-
trachtung gezogen/ er fast mit dem Käyser in glei-
ches Fieber zu gerathen schiene: Dannenhero er
alle Gedancken ihres Todes vergaß/ und bloß auff
ihre Erhaltung bedacht war. Weil denn J. M.
antwortete er dem Chaumigrem/ sich so gar nicht
getrauen den Fesseln der Liebe zu entgehen/ ja be-
reits solchen Verlust dem Leben gleich achten: so
wil ich mich auch hierinnen als ein treuer Diener
erweifen/ und mich bemühen/ die verstockte Prin-
ceßin durch mein Ansehen und Beredsamkeit so
weit zu vermögen/ daß sie endlich vernunfftmäßig
sich des Käysers Liebe erwehlet/ und den einge-
wurtzelten Haß durch eine beständige Liebe ver-
tilgen lasse. Vergönnets mir nur J. M. so ge-
traue ich mir wohl/ ihr die Liebes-Pillen erwünscht
einzubringen. Angesehen sie nur noch ein Kind
ist/ das noch in Schalen stecket/ und ein Baum/
auff welchem der Kützel noch nie geblühet hat.
Jch aber wil ihr schon durch süsse Lehren die Knos-
pen aufthun. Ach werthester Vater/ umarmete

ihn

Der Aſiatiſchen Baniſe.
muß auch das Eyß aus Zembla uͤbertreffen/ weil
mein heiſſes Bitten weder vormals/ noch mein
flammendes Begehren ietzund zu ſchmeltzen ver-
mochte. Rathet derowegen/ treueſter Rolim/
rathet/ wie der Kayſer zu retten/ und ſeine bren-
nende Unruhe zu ſtillen ſey.

Dieſen alten Greiß/ den Rolim/ hatte nun/ ich
weiß nicht was vor eine heimliche Regung betrof-
fen/ daß/ indem er die Baniſe noch niemals geſe-
hen/ vielweniger dero Schoͤnheit in einige Be-
trachtung gezogen/ er faſt mit dem Kaͤyſer in glei-
ches Fieber zu gerathen ſchiene: Dannenhero er
alle Gedancken ihres Todes vergaß/ und bloß auff
ihre Erhaltung bedacht war. Weil denn J. M.
antwortete er dem Chaumigrem/ ſich ſo gar nicht
getrauen den Feſſeln der Liebe zu entgehen/ ja be-
reits ſolchen Verluſt dem Leben gleich achten: ſo
wil ich mich auch hierinnen als ein treuer Diener
erweifen/ und mich bemuͤhen/ die verſtockte Prin-
ceßin durch mein Anſehen und Beredſamkeit ſo
weit zu vermoͤgen/ daß ſie endlich vernunfftmaͤßig
ſich des Kaͤyſers Liebe erwehlet/ und den einge-
wurtzelten Haß durch eine beſtaͤndige Liebe ver-
tilgen laſſe. Vergoͤnnets mir nur J. M. ſo ge-
traue ich mir wohl/ ihr die Liebes-Pillẽ erwuͤnſcht
einzubringen. Angeſehen ſie nur noch ein Kind
iſt/ das noch in Schalen ſtecket/ und ein Baum/
auff welchem der Kuͤtzel noch nie gebluͤhet hat.
Jch aber wil ihr ſchon durch ſuͤſſe Lehren die Knoſ-
pen aufthun. Ach wertheſter Vater/ umarmete

ihn
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[456/0476] Der Aſiatiſchen Baniſe. muß auch das Eyß aus Zembla uͤbertreffen/ weil mein heiſſes Bitten weder vormals/ noch mein flammendes Begehren ietzund zu ſchmeltzen ver- mochte. Rathet derowegen/ treueſter Rolim/ rathet/ wie der Kayſer zu retten/ und ſeine bren- nende Unruhe zu ſtillen ſey. Dieſen alten Greiß/ den Rolim/ hatte nun/ ich weiß nicht was vor eine heimliche Regung betrof- fen/ daß/ indem er die Baniſe noch niemals geſe- hen/ vielweniger dero Schoͤnheit in einige Be- trachtung gezogen/ er faſt mit dem Kaͤyſer in glei- ches Fieber zu gerathen ſchiene: Dannenhero er alle Gedancken ihres Todes vergaß/ und bloß auff ihre Erhaltung bedacht war. Weil denn J. M. antwortete er dem Chaumigrem/ ſich ſo gar nicht getrauen den Feſſeln der Liebe zu entgehen/ ja be- reits ſolchen Verluſt dem Leben gleich achten: ſo wil ich mich auch hierinnen als ein treuer Diener erweifen/ und mich bemuͤhen/ die verſtockte Prin- ceßin durch mein Anſehen und Beredſamkeit ſo weit zu vermoͤgen/ daß ſie endlich vernunfftmaͤßig ſich des Kaͤyſers Liebe erwehlet/ und den einge- wurtzelten Haß durch eine beſtaͤndige Liebe ver- tilgen laſſe. Vergoͤnnets mir nur J. M. ſo ge- traue ich mir wohl/ ihr die Liebes-Pillẽ erwuͤnſcht einzubringen. Angeſehen ſie nur noch ein Kind iſt/ das noch in Schalen ſtecket/ und ein Baum/ auff welchem der Kuͤtzel noch nie gebluͤhet hat. Jch aber wil ihr ſchon durch ſuͤſſe Lehren die Knoſ- pen aufthun. Ach wertheſter Vater/ umarmete ihn

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/476>, abgerufen am 29.06.2024.