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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
lung dermassen beherrschen/ daß du die Grufft
dem Throne/ und ein Hencker-Beil den Zepter/
ja die grausamste Marter einer Käyserlichen Lie-
be vorzeuchst. Bedencke dich wohl/ unbesonnene
Princeßin/ und wisse/ daß verschmähete Gunst
Haß und Tod bringe. Wohl! antwortete Ba-
nise/ lasse nur deine Zunfft-mäßige Gesellschafft/
die Henckers-Buben ankommen! lasse sie Pech
und Schwefel herbringen/ und siedendes Oel ü-
ber den gantzen Leib fliessen. Ja/ du kanst zu
deiner Lust selbst zugreiffen/ und mir das Marck
aus den Beinen pressen/ doch wisse/ daß ich weit
leiber geschmoltzen Ertz als deine Lippen küssen
will. Führet die rasende Seele beyseite/ befahl
Chaumigrem/ und gönnet ihr wenige Stunden/
wieder zu sich selbst zu kommen. So bald nun
dieses geschehen/ redete er den Rolim an: Jch
weiß nicht/ ob diß zauberische Bild mich auf na-
türliche Art entzündet hat: Denn ob ich mir zwar
die Beschleunigung ihres Todes auch durch mei-
ne Hand vorgenommen/ so erstarrete doch mein
Arm/ und das Hertze bebete/ als ich nur einen
Blick auff sie geworffen. Jhr steinhartes Her-
tze und verbitterte Worte solten mich wol bewegen/
auch die Unschuld selbst zu ermorden: Allein auch
unter den trüben Wolcken ihres Gesichtes/ drang
ein solcher Anmuths-Blitz in mein Hertze/ daß ich
fast entgeister schiene. Ach grausame Banise!
welche ein Arimaspischer Wolff mit Gifft und
Blute muß gesäuget haben. Jhr kaltes Hertze

muß
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Anderes Buch.
lung dermaſſen beherrſchen/ daß du die Grufft
dem Throne/ und ein Hencker-Beil den Zepter/
ja die grauſamſte Marter einer Kaͤyſerlichen Lie-
be vorzeuchſt. Bedencke dich wohl/ unbeſonnene
Princeßin/ und wiſſe/ daß verſchmaͤhete Gunſt
Haß und Tod bringe. Wohl! antwortete Ba-
niſe/ laſſe nur deine Zunfft-maͤßige Geſellſchafft/
die Henckers-Buben ankommen! laſſe ſie Pech
und Schwefel herbringen/ und ſiedendes Oel uͤ-
ber den gantzen Leib flieſſen. Ja/ du kanſt zu
deiner Luſt ſelbſt zugreiffen/ und mir das Marck
aus den Beinen preſſen/ doch wiſſe/ daß ich weit
leiber geſchmoltzen Ertz als deine Lippen kuͤſſen
will. Fuͤhret die raſende Seele beyſeite/ befahl
Chaumigrem/ und goͤnnet ihr wenige Stunden/
wieder zu ſich ſelbſt zu kommen. So bald nun
dieſes geſchehen/ redete er den Rolim an: Jch
weiß nicht/ ob diß zauberiſche Bild mich auf na-
tuͤrliche Art entzuͤndet hat: Denn ob ich mir zwar
die Beſchleunigung ihres Todes auch durch mei-
ne Hand vorgenommen/ ſo erſtarrete doch mein
Arm/ und das Hertze bebete/ als ich nur einen
Blick auff ſie geworffen. Jhr ſteinhartes Her-
tze und verbitterte Woꝛte ſolten mich wol bewegen/
auch die Unſchuld ſelbſt zu ermorden: Allein auch
unter den truͤben Wolcken ihres Geſichtes/ drang
ein ſolcher Anmuths-Blitz in mein Hertze/ daß ich
faſt entgeiſter ſchiene. Ach grauſame Baniſe!
welche ein Arimaſpiſcher Wolff mit Gifft und
Blute muß geſaͤuget haben. Jhr kaltes Hertze

muß
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[455/0475] Anderes Buch. lung dermaſſen beherrſchen/ daß du die Grufft dem Throne/ und ein Hencker-Beil den Zepter/ ja die grauſamſte Marter einer Kaͤyſerlichen Lie- be vorzeuchſt. Bedencke dich wohl/ unbeſonnene Princeßin/ und wiſſe/ daß verſchmaͤhete Gunſt Haß und Tod bringe. Wohl! antwortete Ba- niſe/ laſſe nur deine Zunfft-maͤßige Geſellſchafft/ die Henckers-Buben ankommen! laſſe ſie Pech und Schwefel herbringen/ und ſiedendes Oel uͤ- ber den gantzen Leib flieſſen. Ja/ du kanſt zu deiner Luſt ſelbſt zugreiffen/ und mir das Marck aus den Beinen preſſen/ doch wiſſe/ daß ich weit leiber geſchmoltzen Ertz als deine Lippen kuͤſſen will. Fuͤhret die raſende Seele beyſeite/ befahl Chaumigrem/ und goͤnnet ihr wenige Stunden/ wieder zu ſich ſelbſt zu kommen. So bald nun dieſes geſchehen/ redete er den Rolim an: Jch weiß nicht/ ob diß zauberiſche Bild mich auf na- tuͤrliche Art entzuͤndet hat: Denn ob ich mir zwar die Beſchleunigung ihres Todes auch durch mei- ne Hand vorgenommen/ ſo erſtarrete doch mein Arm/ und das Hertze bebete/ als ich nur einen Blick auff ſie geworffen. Jhr ſteinhartes Her- tze und verbitterte Woꝛte ſolten mich wol bewegen/ auch die Unſchuld ſelbſt zu ermorden: Allein auch unter den truͤben Wolcken ihres Geſichtes/ drang ein ſolcher Anmuths-Blitz in mein Hertze/ daß ich faſt entgeiſter ſchiene. Ach grauſame Baniſe! welche ein Arimaſpiſcher Wolff mit Gifft und Blute muß geſaͤuget haben. Jhr kaltes Hertze muß F f 4

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/475>, abgerufen am 28.09.2024.