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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
Schönheit durch den Todt verstellen/ so wird die
Vergessenheit eine erwünschte Ruhe wiederbrin-
gen. Denn es ist hohe Zeit/ daß man den Tyger
erwürge/ wenn er die Klauen in unsere Kleider ein-
setzet/ ehe er uns mit den Zähnen vollend zerfleische.
So sey es denn/ antwortete Chaumigrem/ las-
set das schöne Unthier eintreten/ und den Todes-
Spruch aus unserm Munde anhören. Wel-
ches sobald erfolgete/ und trat diß schöne Bild un-
ter den unbarmhertzigen Last eiserner Ketten nebst
dem Scandor vor das grausame Gesichte des
Käysers. Wie so flüchtig? Schöne Zauberin!
redete er sie mit verächtlichen Augen an. Wie
so grausam? Blutdurstiger Tyrann/ erwiederte
die Princeßin. Jch verfluche meine Unbedacht-
samkeit/ daß ich nicht statt des unschädlichen
Krauts Dutroa, den stärckesten Gifft in den
Tranck eingemischet habe/ so hätte ich mich gero-
chen/ und dürffte nicht diese Sclavische Ketten
tragen. So hat die Schlange noch nicht ihr Gift
verlohren? redete ihr Chaumigrem ein. Lasset
doch sehen/ ob so ein Heldenmüthiges Hertz die
gifftige Brust besitze. Die Todes-Qvaal soll
diese Stimme bald verändern. Diß eben such
ich/ erwiederte die Princeßin/ denn du verfluch-
ter Hund solt wissen/ daß ich dir zu trutz mein Le-
ben verachte. Reiche mir nur einen Dolch her/
so solstu sehen/ wie behertzt mein Blut diese Ket-
ten besprützen soll. Rasende Banise/ versetzte
er/ so lässest du dich eine tadelhaffte Verzweiffe-

lung

Der Aſiatiſchen Baniſe.
Schoͤnheit durch den Todt verſtellen/ ſo wird die
Vergeſſenheit eine erwuͤnſchte Ruhe wiederbrin-
gen. Denn es iſt hohe Zeit/ daß man den Tyger
erwuͤrge/ wenn er die Klauen in unſere Kleider ein-
ſetzet/ ehe er uns mit den Zaͤhnen vollend zerfleiſche.
So ſey es denn/ antwortete Chaumigrem/ laſ-
ſet das ſchoͤne Unthier eintreten/ und den Todes-
Spruch aus unſerm Munde anhoͤren. Wel-
ches ſobald erfolgete/ und trat diß ſchoͤne Bild un-
ter den unbarmhertzigen Laſt eiſerner Ketten nebſt
dem Scandor vor das grauſame Geſichte des
Kaͤyſers. Wie ſo fluͤchtig? Schoͤne Zauberin!
redete er ſie mit veraͤchtlichen Augen an. Wie
ſo grauſam? Blutdurſtiger Tyrann/ erwiederte
die Princeßin. Jch verfluche meine Unbedacht-
ſamkeit/ daß ich nicht ſtatt des unſchaͤdlichen
Krauts Dutroa, den ſtaͤrckeſten Gifft in den
Tranck eingemiſchet habe/ ſo haͤtte ich mich gero-
chen/ und duͤrffte nicht dieſe Sclaviſche Ketten
tragen. So hat die Schlange noch nicht ihr Gift
verlohren? redete ihr Chaumigrem ein. Laſſet
doch ſehen/ ob ſo ein Heldenmuͤthiges Hertz die
gifftige Bruſt beſitze. Die Todes-Qvaal ſoll
dieſe Stimme bald veraͤndern. Diß eben ſuch
ich/ erwiederte die Princeßin/ denn du verfluch-
ter Hund ſolt wiſſen/ daß ich dir zu trutz mein Le-
ben verachte. Reiche mir nur einen Dolch her/
ſo ſolſtu ſehen/ wie behertzt mein Blut dieſe Ket-
ten beſpruͤtzen ſoll. Raſende Baniſe/ verſetzte
er/ ſo laͤſſeſt du dich eine tadelhaffte Verzweiffe-

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[454/0474] Der Aſiatiſchen Baniſe. Schoͤnheit durch den Todt verſtellen/ ſo wird die Vergeſſenheit eine erwuͤnſchte Ruhe wiederbrin- gen. Denn es iſt hohe Zeit/ daß man den Tyger erwuͤrge/ wenn er die Klauen in unſere Kleider ein- ſetzet/ ehe er uns mit den Zaͤhnen vollend zerfleiſche. So ſey es denn/ antwortete Chaumigrem/ laſ- ſet das ſchoͤne Unthier eintreten/ und den Todes- Spruch aus unſerm Munde anhoͤren. Wel- ches ſobald erfolgete/ und trat diß ſchoͤne Bild un- ter den unbarmhertzigen Laſt eiſerner Ketten nebſt dem Scandor vor das grauſame Geſichte des Kaͤyſers. Wie ſo fluͤchtig? Schoͤne Zauberin! redete er ſie mit veraͤchtlichen Augen an. Wie ſo grauſam? Blutdurſtiger Tyrann/ erwiederte die Princeßin. Jch verfluche meine Unbedacht- ſamkeit/ daß ich nicht ſtatt des unſchaͤdlichen Krauts Dutroa, den ſtaͤrckeſten Gifft in den Tranck eingemiſchet habe/ ſo haͤtte ich mich gero- chen/ und duͤrffte nicht dieſe Sclaviſche Ketten tragen. So hat die Schlange noch nicht ihr Gift verlohren? redete ihr Chaumigrem ein. Laſſet doch ſehen/ ob ſo ein Heldenmuͤthiges Hertz die gifftige Bruſt beſitze. Die Todes-Qvaal ſoll dieſe Stimme bald veraͤndern. Diß eben ſuch ich/ erwiederte die Princeßin/ denn du verfluch- ter Hund ſolt wiſſen/ daß ich dir zu trutz mein Le- ben verachte. Reiche mir nur einen Dolch her/ ſo ſolſtu ſehen/ wie behertzt mein Blut dieſe Ket- ten beſpruͤtzen ſoll. Raſende Baniſe/ verſetzte er/ ſo laͤſſeſt du dich eine tadelhaffte Verzweiffe- lung

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/474>, abgerufen am 22.11.2024.