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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
fand: Worüber der König/ welcher abermahls
mit eigener Hand die Gebeine/ zu Bezeugung vä-
terlicher Liebe samlen helffen/ hefftig erschrack/ und
den dabey stehenden Sabartibam um sein Be-
düncken fragte/ was dieses bedeutete? Sabarti-
bam/ welcher dieses vor eine Zauberey hielt/ wol-
te nichts anders sagen/ als S. Maj. würden die
Bedeutung wohl selbst leichtlich ermessen können.
Der König schien vor Schrecken gantz aus sich
selbst zu seyn/ und sagte: Nun befinde ich in der
That/ das jenige warhafftig zu seyn/ woran ich
lange gezweiffelt habe/ nemlich/ daß meine Toch-
ter mit Gifft vergeben sey/ und ruffet mich dieses
rohe Fleisch noch um blutige Rache an. Worauff
er sich alsobald ins Schloß verfügte/ und noch die-
selbe Nacht alles Frauenzimmer/ welches der
Princeßin bey Leben auffgewartet/ gefänglich ein-
ziehen ließ: Der folgende Tag ward gleichfalls
mit Gefangen-Nehmung aller derjenigen/ wel-
che auch bereits vor einem Jahre nur mit der
Princeßin umgegangen waren/ zugebracht. Hier-
auff sahe man ein abermahliges jämmerliches
Vorspiel der blutig-folgenden Eroberung. Denn
der König blieb dabey/ seine Tochter sey durch
Gifft hingerichtet worden/ ohne daß man die we-
nigste Gewißheit hievon haben/ oder iemand be-
schuldigen kunte. Solches aber genauer zu erfor-
schen/ wurde diese grausame und betrügliche Un-
tersuchung ins Werck gestellet. Der König ließ
unterschiedene Mandarynen und Herren/ unter

dem

Anderes Buch.
fand: Woruͤber der Koͤnig/ welcher abermahls
mit eigener Hand die Gebeine/ zu Bezeugung vaͤ-
terlicher Liebe ſamlen helffen/ hefftig erſchrack/ und
den dabey ſtehenden Sabartibam um ſein Be-
duͤncken fragte/ was dieſes bedeutete? Sabarti-
bam/ welcher dieſes vor eine Zauberey hielt/ wol-
te nichts anders ſagen/ als S. Maj. wuͤrden die
Bedeutung wohl ſelbſt leichtlich ermeſſen koͤnnen.
Der Koͤnig ſchien vor Schrecken gantz aus ſich
ſelbſt zu ſeyn/ und ſagte: Nun befinde ich in der
That/ das jenige warhafftig zu ſeyn/ woran ich
lange gezweiffelt habe/ nemlich/ daß meine Toch-
ter mit Gifft vergeben ſey/ und ruffet mich dieſes
rohe Fleiſch noch um blutige Rache an. Worauff
er ſich alſobald ins Schloß verfuͤgte/ und noch die-
ſelbe Nacht alles Frauenzimmer/ welches der
Princeßin bey Leben auffgewartet/ gefaͤnglich ein-
ziehen ließ: Der folgende Tag ward gleichfalls
mit Gefangen-Nehmung aller derjenigen/ wel-
che auch bereits vor einem Jahre nur mit der
Princeßin umgegangen waren/ zugebracht. Hier-
auff ſahe man ein abermahliges jaͤmmerliches
Vorſpiel der blutig-folgenden Eroberung. Denn
der Koͤnig blieb dabey/ ſeine Tochter ſey durch
Gifft hingerichtet worden/ ohne daß man die we-
nigſte Gewißheit hievon haben/ oder iemand be-
ſchuldigen kunte. Solches aber genauer zu erfor-
ſchen/ wurde dieſe grauſame und betruͤgliche Un-
terſuchung ins Werck geſtellet. Der Koͤnig ließ
unterſchiedene Mandarynen und Herren/ unter

dem
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[541/0561] Anderes Buch. fand: Woruͤber der Koͤnig/ welcher abermahls mit eigener Hand die Gebeine/ zu Bezeugung vaͤ- terlicher Liebe ſamlen helffen/ hefftig erſchrack/ und den dabey ſtehenden Sabartibam um ſein Be- duͤncken fragte/ was dieſes bedeutete? Sabarti- bam/ welcher dieſes vor eine Zauberey hielt/ wol- te nichts anders ſagen/ als S. Maj. wuͤrden die Bedeutung wohl ſelbſt leichtlich ermeſſen koͤnnen. Der Koͤnig ſchien vor Schrecken gantz aus ſich ſelbſt zu ſeyn/ und ſagte: Nun befinde ich in der That/ das jenige warhafftig zu ſeyn/ woran ich lange gezweiffelt habe/ nemlich/ daß meine Toch- ter mit Gifft vergeben ſey/ und ruffet mich dieſes rohe Fleiſch noch um blutige Rache an. Worauff er ſich alſobald ins Schloß verfuͤgte/ und noch die- ſelbe Nacht alles Frauenzimmer/ welches der Princeßin bey Leben auffgewartet/ gefaͤnglich ein- ziehen ließ: Der folgende Tag ward gleichfalls mit Gefangen-Nehmung aller derjenigen/ wel- che auch bereits vor einem Jahre nur mit der Princeßin umgegangen waren/ zugebracht. Hier- auff ſahe man ein abermahliges jaͤmmerliches Vorſpiel der blutig-folgenden Eroberung. Denn der Koͤnig blieb dabey/ ſeine Tochter ſey durch Gifft hingerichtet worden/ ohne daß man die we- nigſte Gewißheit hievon haben/ oder iemand be- ſchuldigen kunte. Solches aber genauer zu erfor- ſchen/ wurde dieſe grauſame und betruͤgliche Un- terſuchung ins Werck geſtellet. Der Koͤnig ließ unterſchiedene Mandarynen und Herren/ unter dem

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/561>, abgerufen am 29.06.2024.