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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Drittes Buch.

Als nun diese den blutigen Cörper des Rolims
erblickten/ und zugleich die Princeßin/ mit uner-
schrockenem und ernsthafften Angesichte/ auff ei-
nem Stule sitzen sahen/ hub der erste alsobald an
zu reden: Welches Unmensch hat sich unterstehen
dürffen/ dieses heilige Blut zu vergiessen? Keine
Menschliche/ vielweniger eine Weiber-Hand/
hat diese Greuel-That verrichten können. Ge-
wiß/ ein hundertfacher Todt wird viel zu wenig
seyn/ dieses grausame Verbrechen nur im wenig-
sten zu büssen. Ein tausendfacher Tod/ fiel ihm
hier die Princeßin in die Rede/ soll mir erträgli-
cher seyn/ als der geringste Verlust meiner Eh-
ren. Forschet nur nicht lange nach dem Thäter:
denn hier ist die Faust/ und das Messer/ mit wel-
chem kein heiliger Priester/ sondern ein Ehren-
Schänder/ und alter Bösewicht nach Verdienst
ist abgeftraffet worden. Denn ihr solt wissen/
daß auch der Käyser/ so er sich solcher Gewaltthat/
wie dieser alte abgestochene Bock/ unterfangen
hätte/ nichts anders/ als Tod und Stich von mir
solte zu gewarten haben. O höchste Verzweiffe-
lung! war des andern Rede/ O abscheuliche Ver-
blendung! die dir keine guten Götter können bey-
gebracht haben/ daß eine so heilige Liebe solte des
Todes würdig seyn. Doch wirst du deine Thor-
heit bald mit Blut beweinen müssen. Worauff
der Cörper des Rolims auffgehaben/ und in die
Vor-Halle des Tempels gesetzet; die Princeßin
aber dermassen mit Ketten beschwehret wurde/

daß
Q q 2
Drittes Buch.

Als nun dieſe den blutigen Coͤrper des Rolims
erblickten/ und zugleich die Princeßin/ mit uner-
ſchrockenem und ernſthafften Angeſichte/ auff ei-
nem Stule ſitzen ſahen/ hub der erſte alſobald an
zu reden: Welches Unmenſch hat ſich unterſtehen
duͤrffen/ dieſes heilige Blut zu vergieſſen? Keine
Menſchliche/ vielweniger eine Weiber-Hand/
hat dieſe Greuel-That verrichten koͤnnen. Ge-
wiß/ ein hundertfacher Todt wird viel zu wenig
ſeyn/ dieſes grauſame Verbrechen nur im wenig-
ſten zu buͤſſen. Ein tauſendfacher Tod/ fiel ihm
hier die Princeßin in die Rede/ ſoll mir ertraͤgli-
cher ſeyn/ als der geringſte Verluſt meiner Eh-
ren. Forſchet nur nicht lange nach dem Thaͤter:
denn hier iſt die Fauſt/ und das Meſſer/ mit wel-
chem kein heiliger Prieſter/ ſondern ein Ehren-
Schaͤnder/ und alter Boͤſewicht nach Verdienſt
iſt abgeftraffet worden. Denn ihr ſolt wiſſen/
daß auch der Kaͤyſer/ ſo er ſich ſolcher Gewaltthat/
wie dieſer alte abgeſtochene Bock/ unterfangen
haͤtte/ nichts anders/ als Tod und Stich von mir
ſolte zu gewarten haben. O hoͤchſte Verzweiffe-
lung! war des andern Rede/ O abſcheuliche Ver-
blendung! die dir keine guten Goͤtter koͤnnen bey-
gebracht haben/ daß eine ſo heilige Liebe ſolte des
Todes wuͤrdig ſeyn. Doch wirſt du deine Thor-
heit bald mit Blut beweinen muͤſſen. Worauff
der Coͤrper des Rolims auffgehaben/ und in die
Vor-Halle des Tempels geſetzet; die Princeßin
aber dermaſſen mit Ketten beſchwehret wurde/

daß
Q q 2
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[611/0631] Drittes Buch. Als nun dieſe den blutigen Coͤrper des Rolims erblickten/ und zugleich die Princeßin/ mit uner- ſchrockenem und ernſthafften Angeſichte/ auff ei- nem Stule ſitzen ſahen/ hub der erſte alſobald an zu reden: Welches Unmenſch hat ſich unterſtehen duͤrffen/ dieſes heilige Blut zu vergieſſen? Keine Menſchliche/ vielweniger eine Weiber-Hand/ hat dieſe Greuel-That verrichten koͤnnen. Ge- wiß/ ein hundertfacher Todt wird viel zu wenig ſeyn/ dieſes grauſame Verbrechen nur im wenig- ſten zu buͤſſen. Ein tauſendfacher Tod/ fiel ihm hier die Princeßin in die Rede/ ſoll mir ertraͤgli- cher ſeyn/ als der geringſte Verluſt meiner Eh- ren. Forſchet nur nicht lange nach dem Thaͤter: denn hier iſt die Fauſt/ und das Meſſer/ mit wel- chem kein heiliger Prieſter/ ſondern ein Ehren- Schaͤnder/ und alter Boͤſewicht nach Verdienſt iſt abgeftraffet worden. Denn ihr ſolt wiſſen/ daß auch der Kaͤyſer/ ſo er ſich ſolcher Gewaltthat/ wie dieſer alte abgeſtochene Bock/ unterfangen haͤtte/ nichts anders/ als Tod und Stich von mir ſolte zu gewarten haben. O hoͤchſte Verzweiffe- lung! war des andern Rede/ O abſcheuliche Ver- blendung! die dir keine guten Goͤtter koͤnnen bey- gebracht haben/ daß eine ſo heilige Liebe ſolte des Todes wuͤrdig ſeyn. Doch wirſt du deine Thor- heit bald mit Blut beweinen muͤſſen. Worauff der Coͤrper des Rolims auffgehaben/ und in die Vor-Halle des Tempels geſetzet; die Princeßin aber dermaſſen mit Ketten beſchwehret wurde/ daß Q q 2

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/631>, abgerufen am 26.06.2024.