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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Erstes Buch.

So will ich die Räuber/ die Diebe belohnen/
Die meiner mit Hörnern nicht wollen verschonen.
Jch schwere: wo etwan dergleichen geschicht:
So sey man versichert/ ich leide das nicht.

Nach solcher entsetzlichen Hörner-Schlacht
steckte er den müden Sebel ein/ und gieng mit sol-
chen gravitätischen Schritten nach der Garten-
Thüre zu/ als ob er dem Actäon ein Horn abge-
rannt hätte/ daß auch ein Gärtner-Junge/ wel-
cher versteckter Weise solches alles gesehen/ gehö-
ret/ und hernach meinem Printzen erzehlt/ sich
nicht enthalten können/ überlaut zu lachen. Als
er nun zur Garten Thüre ausgetreten/ ersahe er
noch ein hinterstelliges Mägdgen von der Prin-
ceßin Frauenzimmer/ welche er zu sich beruffte/
und ihr einen schönen Rubin verehrte/ mit Bitte/
ihn ihrer Princeßin bestens zu befehlen/ und sie sei-
ner innigsten Liebe zu versichern/ welches Geschen-
cke dieses Mägdgen begierigst annahm/ und ihm
mit diesen Worten danckte: Hievor versichere ich
ihn meiner Gegen-Liebe. Welche Worte er aber
gantz unrecht verstand. Folgenden Tages ließ ihn
der König zur Tafel ersuchen/ welches er aber durch
den Vorwand einiger Unpäßligkeit abschlug/ wo-
durch der König sich dermassen betrübt erzeigte/
als ob die gantze Wohlfarth von Ava an einem
Faden hienge/ ja mein Printz sagte öffentlich/ er
hätte über den Tod seines Sohnes Dacosem nach
der Schlacht nicht solches Leidwesen/ als über die
verstellte Kranckheit dieses Menschens/ spühren

las-
Erſtes Buch.

So will ich die Raͤuber/ die Diebe belohnen/
Die meiner mit Hoͤrnern nicht wollen verſchonen.
Jch ſchwere: wo etwan dergleichen geſchicht:
So ſey man verſichert/ ich leide das nicht.

Nach ſolcher entſetzlichen Hoͤrner-Schlacht
ſteckte er den muͤden Sebel ein/ und gieng mit ſol-
chen gravitaͤtiſchen Schritten nach der Garten-
Thuͤre zu/ als ob er dem Actaͤon ein Horn abge-
rannt haͤtte/ daß auch ein Gaͤrtner-Junge/ wel-
cher verſteckter Weiſe ſolches alles geſehen/ gehoͤ-
ret/ und hernach meinem Printzen erzehlt/ ſich
nicht enthalten koͤnnen/ uͤberlaut zu lachen. Als
er nun zur Garten Thuͤre ausgetreten/ erſahe er
noch ein hinterſtelliges Maͤgdgen von der Prin-
ceßin Frauenzimmer/ welche er zu ſich beruffte/
und ihr einen ſchoͤnen Rubin verehrte/ mit Bitte/
ihn ihrer Princeßin beſtens zu befehlen/ und ſie ſei-
ner innigſten Liebe zu verſichern/ welches Geſchen-
cke dieſes Maͤgdgen begierigſt annahm/ und ihm
mit dieſen Worten danckte: Hievor verſichere ich
ihn meiner Gegen-Liebe. Welche Worte er aber
gantz unrecht verſtand. Folgenden Tages ließ ihn
der Koͤnig zur Tafel erſuchen/ welches er aber durch
den Vorwand einiger Unpaͤßligkeit abſchlug/ wo-
durch der Koͤnig ſich dermaſſen betruͤbt erzeigte/
als ob die gantze Wohlfarth von Ava an einem
Faden hienge/ ja mein Printz ſagte oͤffentlich/ er
haͤtte uͤber den Tod ſeines Sohnes Dacoſem nach
der Schlacht nicht ſolches Leidweſen/ als uͤber die
verſtellte Kranckheit dieſes Menſchens/ ſpuͤhren

laſ-
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[75/0095] Erſtes Buch. So will ich die Raͤuber/ die Diebe belohnen/ Die meiner mit Hoͤrnern nicht wollen verſchonen. Jch ſchwere: wo etwan dergleichen geſchicht: So ſey man verſichert/ ich leide das nicht. Nach ſolcher entſetzlichen Hoͤrner-Schlacht ſteckte er den muͤden Sebel ein/ und gieng mit ſol- chen gravitaͤtiſchen Schritten nach der Garten- Thuͤre zu/ als ob er dem Actaͤon ein Horn abge- rannt haͤtte/ daß auch ein Gaͤrtner-Junge/ wel- cher verſteckter Weiſe ſolches alles geſehen/ gehoͤ- ret/ und hernach meinem Printzen erzehlt/ ſich nicht enthalten koͤnnen/ uͤberlaut zu lachen. Als er nun zur Garten Thuͤre ausgetreten/ erſahe er noch ein hinterſtelliges Maͤgdgen von der Prin- ceßin Frauenzimmer/ welche er zu ſich beruffte/ und ihr einen ſchoͤnen Rubin verehrte/ mit Bitte/ ihn ihrer Princeßin beſtens zu befehlen/ und ſie ſei- ner innigſten Liebe zu verſichern/ welches Geſchen- cke dieſes Maͤgdgen begierigſt annahm/ und ihm mit dieſen Worten danckte: Hievor verſichere ich ihn meiner Gegen-Liebe. Welche Worte er aber gantz unrecht verſtand. Folgenden Tages ließ ihn der Koͤnig zur Tafel erſuchen/ welches er aber durch den Vorwand einiger Unpaͤßligkeit abſchlug/ wo- durch der Koͤnig ſich dermaſſen betruͤbt erzeigte/ als ob die gantze Wohlfarth von Ava an einem Faden hienge/ ja mein Printz ſagte oͤffentlich/ er haͤtte uͤber den Tod ſeines Sohnes Dacoſem nach der Schlacht nicht ſolches Leidweſen/ als uͤber die verſtellte Kranckheit dieſes Menſchens/ ſpuͤhren laſ-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/95>, abgerufen am 17.06.2024.