um, sagte: Jst niedrig Buschwerk, wird etwa für einen Weidmann geconterfeyt seyn. Der andre fühlte auf der rechten Seite her- um, sagte: Hügel sind's, etliche nur, all das andre ist Ebne. Trat noch ein Blinder, ihr guter Gesell, herein, ließ sich den Zwist er- zählen, fühlte auf dem glatten Ramen her- um, sagte: Was? Stilles ebnes Meer ist's, worinn sich die liebe Sonne spiegelt. Hatten die Blinden einen andern guten Gesellen, der kont sehen. Da sie selbigem nun den Zwist der Länge nach hatten erzählt, sprach er: Bin hergewandert, euch zur Musika einzuladen, weil mir ein treflicher Geiger ankommen ist. Habt wol eh davon sagen hören, daß unter Zeiten der Himmel voller Geigen hinge. Da hat er eine herabgenommen, so spielt er! Aber die Streitigkeit? So komt doch. Jch mag die Schilderey nicht ausehn; sie betrübt mich nur. 's ist Hermann, der von seinen eignen Blutsfreunden ermordet wird! Aber komt immer. Der Mann wartet in der Laub auf uns, und still ist's, und Mondschein auch.
Doch sie spotteten nur des Sehenden, foch- ten das Ding fernerhin unter sich aus, und liessen ihn allein zum Geiger gehen.
Bring du diese Gleichnisrede, die dir etwa allzu lügenhaftig vorkommen mag, bey der
An-
L
um, ſagte: Jſt niedrig Buſchwerk, wird etwa fuͤr einen Weidmann geconterfeyt ſeyn. Der andre fuͤhlte auf der rechten Seite her- um, ſagte: Huͤgel ſind’s, etliche nur, all das andre iſt Ebne. Trat noch ein Blinder, ihr guter Geſell, herein, ließ ſich den Zwiſt er- zaͤhlen, fuͤhlte auf dem glatten Ramen her- um, ſagte: Was? Stilles ebnes Meer iſt’s, worinn ſich die liebe Sonne ſpiegelt. Hatten die Blinden einen andern guten Geſellen, der kont ſehen. Da ſie ſelbigem nun den Zwiſt der Laͤnge nach hatten erzaͤhlt, ſprach er: Bin hergewandert, euch zur Muſika einzuladen, weil mir ein treflicher Geiger ankommen iſt. Habt wol eh davon ſagen hoͤren, daß unter Zeiten der Himmel voller Geigen hinge. Da hat er eine herabgenommen, ſo ſpielt er! Aber die Streitigkeit? So komt doch. Jch mag die Schilderey nicht auſehn; ſie betruͤbt mich nur. ’s iſt Hermann, der von ſeinen eignen Blutsfreunden ermordet wird! Aber komt immer. Der Mann wartet in der Laub auf uns, und ſtill iſt’s, und Mondſchein auch.
Doch ſie ſpotteten nur des Sehenden, foch- ten das Ding fernerhin unter ſich aus, und lieſſen ihn allein zum Geiger gehen.
Bring du dieſe Gleichnisrede, die dir etwa allzu luͤgenhaftig vorkommen mag, bey der
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um, ſagte: Jſt niedrig Buſchwerk, wird
etwa fuͤr einen Weidmann geconterfeyt ſeyn.
Der andre fuͤhlte auf der rechten Seite her-
um, ſagte: Huͤgel ſind’s, etliche nur, all das
andre iſt Ebne. Trat noch ein Blinder, ihr
guter Geſell, herein, ließ ſich den Zwiſt er-
zaͤhlen, fuͤhlte auf dem glatten Ramen her-
um, ſagte: Was? Stilles ebnes Meer iſt’s,
worinn ſich die liebe Sonne ſpiegelt. Hatten
die Blinden einen andern guten Geſellen, der
kont ſehen. Da ſie ſelbigem nun den Zwiſt
der Laͤnge nach hatten erzaͤhlt, ſprach er: Bin
hergewandert, euch zur Muſika einzuladen,
weil mir ein treflicher Geiger ankommen iſt.
Habt wol eh davon ſagen hoͤren, daß unter
Zeiten der Himmel voller Geigen hinge. Da
hat er eine herabgenommen, ſo ſpielt er!
Aber die Streitigkeit? So komt doch. Jch
mag die Schilderey nicht auſehn; ſie betruͤbt
mich nur. ’s iſt Hermann, der von ſeinen
eignen Blutsfreunden ermordet wird! Aber
komt immer. Der Mann wartet in der Laub
auf uns, und ſtill iſt’s, und Mondſchein auch.
Doch ſie ſpotteten nur des Sehenden, foch-
ten das Ding fernerhin unter ſich aus, und
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/237>, abgerufen am 24.11.2024.
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