Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

in den jezigen Zeiten etwa als eine Folge saty-
rischer Gesinnungen ansehn möchten, wird in
den künftigen (ein solches Verfahren trau ich
uns und euch zu!) so gar für schonende Ge-
rechtigkeit
erkant werden. Jch meine nicht
etwa die fernen künftigen; ich meine die na-
hen. Nur dieß und jenes, einige wenige Be-
griffe brauchen nur noch zu ihrer vollen Reife
gekommen zu seyn; so wird gemässigte Stren-
ge von keinem mehr verkant, und eingesehen
werden, daß sie es vornämlich ist, die das
Wohl der Republik befördert.

Jhr sehet, was wir von euch erwarten;
aber auch dieß erwarten wir noch: Jhr wer-
det deutsche Einfalt, Kraft, Entschlossenheit
zeigen, und nach Zwecken streben, die der Er-
reichung werth sind, und die, als solche erkant
zu werden, der schönen Schwazhaftigkeit, die-
ses Tons der Mittelmässigkeit, der in unsern
Jahrhunderte der herschende ist, nicht bedür-
fen, einer Schwazhaftigkeit, die noch verziehn
werden könte, wenn sie je bedeutenden Jnhalt
hätte, die es aber nicht kann, weil sie nie et-
was vom Kerne weis, und nur Schalen und
wieder Schalen dem Zuhörer ins Gesicht wirft.
Daß ihr von uns patriotische Gefinnungen
sowol gegen die Republik, als überhaupt ge-
gen unser Vaterland erwarten könt, wist ihr:

und

in den jezigen Zeiten etwa als eine Folge ſaty-
riſcher Geſinnungen anſehn moͤchten, wird in
den kuͤnftigen (ein ſolches Verfahren trau ich
uns und euch zu!) ſo gar fuͤr ſchonende Ge-
rechtigkeit
erkant werden. Jch meine nicht
etwa die fernen kuͤnftigen; ich meine die na-
hen. Nur dieß und jenes, einige wenige Be-
griffe brauchen nur noch zu ihrer vollen Reife
gekommen zu ſeyn; ſo wird gemaͤſſigte Stren-
ge von keinem mehr verkant, und eingeſehen
werden, daß ſie es vornaͤmlich iſt, die das
Wohl der Republik befoͤrdert.

Jhr ſehet, was wir von euch erwarten;
aber auch dieß erwarten wir noch: Jhr wer-
det deutſche Einfalt, Kraft, Entſchloſſenheit
zeigen, und nach Zwecken ſtreben, die der Er-
reichung werth ſind, und die, als ſolche erkant
zu werden, der ſchoͤnen Schwazhaftigkeit, die-
ſes Tons der Mittelmaͤſſigkeit, der in unſern
Jahrhunderte der herſchende iſt, nicht beduͤr-
fen, einer Schwazhaftigkeit, die noch verziehn
werden koͤnte, wenn ſie je bedeutenden Jnhalt
haͤtte, die es aber nicht kann, weil ſie nie et-
was vom Kerne weis, und nur Schalen und
wieder Schalen dem Zuhoͤrer ins Geſicht wirft.
Daß ihr von uns patriotiſche Gefinnungen
ſowol gegen die Republik, als uͤberhaupt ge-
gen unſer Vaterland erwarten koͤnt, wiſt ihr:

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0260" n="184"/>
in den jezigen Zeiten etwa als eine Folge &#x017F;aty-<lb/>
ri&#x017F;cher Ge&#x017F;innungen an&#x017F;ehn mo&#x0364;chten, wird in<lb/>
den ku&#x0364;nftigen (ein &#x017F;olches Verfahren trau ich<lb/>
uns und euch zu!) &#x017F;o gar fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">&#x017F;chonende Ge-<lb/>
rechtigkeit</hi> erkant werden. Jch meine nicht<lb/>
etwa die fernen ku&#x0364;nftigen; ich meine die na-<lb/>
hen. Nur dieß und jenes, einige wenige Be-<lb/>
griffe brauchen nur noch zu ihrer vollen Reife<lb/>
gekommen zu &#x017F;eyn; &#x017F;o wird gema&#x0364;&#x017F;&#x017F;igte Stren-<lb/>
ge von keinem mehr verkant, und einge&#x017F;ehen<lb/>
werden, daß &#x017F;ie es vorna&#x0364;mlich i&#x017F;t, die das<lb/>
Wohl der Republik befo&#x0364;rdert.</p><lb/>
          <p>Jhr &#x017F;ehet, was wir von euch erwarten;<lb/>
aber auch dieß erwarten wir noch: Jhr wer-<lb/>
det deut&#x017F;che Einfalt, Kraft, Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit<lb/>
zeigen, und nach Zwecken &#x017F;treben, die der Er-<lb/>
reichung werth &#x017F;ind, und die, als &#x017F;olche erkant<lb/>
zu werden, der &#x017F;cho&#x0364;nen Schwazhaftigkeit, die-<lb/>
&#x017F;es Tons der Mittelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit, der in un&#x017F;ern<lb/>
Jahrhunderte der her&#x017F;chende i&#x017F;t, nicht bedu&#x0364;r-<lb/>
fen, einer Schwazhaftigkeit, die noch verziehn<lb/>
werden ko&#x0364;nte, wenn &#x017F;ie je bedeutenden Jnhalt<lb/>
ha&#x0364;tte, die es aber nicht kann, weil &#x017F;ie nie et-<lb/>
was vom Kerne weis, und nur Schalen und<lb/>
wieder Schalen dem Zuho&#x0364;rer ins Ge&#x017F;icht wirft.<lb/>
Daß ihr von uns patrioti&#x017F;che Gefinnungen<lb/>
&#x017F;owol gegen die Republik, als u&#x0364;berhaupt ge-<lb/>
gen un&#x017F;er Vaterland erwarten ko&#x0364;nt, wi&#x017F;t ihr:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0260] in den jezigen Zeiten etwa als eine Folge ſaty- riſcher Geſinnungen anſehn moͤchten, wird in den kuͤnftigen (ein ſolches Verfahren trau ich uns und euch zu!) ſo gar fuͤr ſchonende Ge- rechtigkeit erkant werden. Jch meine nicht etwa die fernen kuͤnftigen; ich meine die na- hen. Nur dieß und jenes, einige wenige Be- griffe brauchen nur noch zu ihrer vollen Reife gekommen zu ſeyn; ſo wird gemaͤſſigte Stren- ge von keinem mehr verkant, und eingeſehen werden, daß ſie es vornaͤmlich iſt, die das Wohl der Republik befoͤrdert. Jhr ſehet, was wir von euch erwarten; aber auch dieß erwarten wir noch: Jhr wer- det deutſche Einfalt, Kraft, Entſchloſſenheit zeigen, und nach Zwecken ſtreben, die der Er- reichung werth ſind, und die, als ſolche erkant zu werden, der ſchoͤnen Schwazhaftigkeit, die- ſes Tons der Mittelmaͤſſigkeit, der in unſern Jahrhunderte der herſchende iſt, nicht beduͤr- fen, einer Schwazhaftigkeit, die noch verziehn werden koͤnte, wenn ſie je bedeutenden Jnhalt haͤtte, die es aber nicht kann, weil ſie nie et- was vom Kerne weis, und nur Schalen und wieder Schalen dem Zuhoͤrer ins Geſicht wirft. Daß ihr von uns patriotiſche Gefinnungen ſowol gegen die Republik, als uͤberhaupt ge- gen unſer Vaterland erwarten koͤnt, wiſt ihr: und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/260
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/260>, abgerufen am 22.11.2024.