kurze Zeit, unterbrochen wurde. Wir wür- den dieser Sache auch gar nicht gedenken, wenn sie nicht einen so besondern Ausgang genom- men hätte. Der Kritiker mit den hundert tausend Stimmen war noch unvermutet auf- gefunden worden. Da ihn nun die Nacht- wächter, mit keiner geringen Freude an dem Hergange, herbey bliesen; so kann man sich den Lerm, der dadurch entstand, leicht vorstel- len. Die Aldermänner konten jezt nicht um- hin, den Kritiker vor sich bringen zu lassen. Ekhard bekam den Auftrag, des Dinges hal- ben Verfügung zu treffen. Diese traf er da- durch, daß er ein Fünfergericht niedersezte. Die Bestätigung, oder Aufhebung des Ur- theils behielt er sich dabey vor. Das Gericht bestand aus zwey Nachtwächtern, einem ihrer Aufwärter, dem Rümpfer, und dem Schreyer. Nachdem diese Richter drey Tage allzeit bis in die späte Nacht in der Sache zu Werke ge- gangen waren, so hatten sie (die Nachtwäch- ter waren zulezt auch mitleidig geworden) auf den Vorschlag des Schreyers, der auch allein der Ausführer desselben seyn konte, es so ein- gefädelt: Der sämtliche Pöbel, der dabey be- kantlich nichts wagte, solte die hundert tau- send Stimmen auf sich nehmen. An den Pö- bel könten sich ja dann nur die Aldermänner
des
kurze Zeit, unterbrochen wurde. Wir wuͤr- den dieſer Sache auch gar nicht gedenken, wenn ſie nicht einen ſo beſondern Ausgang genom- men haͤtte. Der Kritiker mit den hundert tauſend Stimmen war noch unvermutet auf- gefunden worden. Da ihn nun die Nacht- waͤchter, mit keiner geringen Freude an dem Hergange, herbey blieſen; ſo kann man ſich den Lerm, der dadurch entſtand, leicht vorſtel- len. Die Aldermaͤnner konten jezt nicht um- hin, den Kritiker vor ſich bringen zu laſſen. Ekhard bekam den Auftrag, des Dinges hal- ben Verfuͤgung zu treffen. Dieſe traf er da- durch, daß er ein Fuͤnfergericht niederſezte. Die Beſtaͤtigung, oder Aufhebung des Ur- theils behielt er ſich dabey vor. Das Gericht beſtand aus zwey Nachtwaͤchtern, einem ihrer Aufwaͤrter, dem Ruͤmpfer, und dem Schreyer. Nachdem dieſe Richter drey Tage allzeit bis in die ſpaͤte Nacht in der Sache zu Werke ge- gangen waren, ſo hatten ſie (die Nachtwaͤch- ter waren zulezt auch mitleidig geworden) auf den Vorſchlag des Schreyers, der auch allein der Ausfuͤhrer deſſelben ſeyn konte, es ſo ein- gefaͤdelt: Der ſaͤmtliche Poͤbel, der dabey be- kantlich nichts wagte, ſolte die hundert tau- ſend Stimmen auf ſich nehmen. An den Poͤ- bel koͤnten ſich ja dann nur die Aldermaͤnner
des
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kurze Zeit, unterbrochen wurde. Wir wuͤr-
den dieſer Sache auch gar nicht gedenken, wenn
ſie nicht einen ſo beſondern Ausgang genom-
men haͤtte. Der Kritiker mit den hundert
tauſend Stimmen war noch unvermutet auf-
gefunden worden. Da ihn nun die Nacht-
waͤchter, mit keiner geringen Freude an dem
Hergange, herbey blieſen; ſo kann man ſich
den Lerm, der dadurch entſtand, leicht vorſtel-
len. Die Aldermaͤnner konten jezt nicht um-
hin, den Kritiker vor ſich bringen zu laſſen.
Ekhard bekam den Auftrag, des Dinges hal-
ben Verfuͤgung zu treffen. Dieſe traf er da-
durch, daß er ein Fuͤnfergericht niederſezte.
Die Beſtaͤtigung, oder Aufhebung des Ur-
theils behielt er ſich dabey vor. Das Gericht
beſtand aus zwey Nachtwaͤchtern, einem ihrer
Aufwaͤrter, dem Ruͤmpfer, und dem Schreyer.
Nachdem dieſe Richter drey Tage allzeit bis
in die ſpaͤte Nacht in der Sache zu Werke ge-
gangen waren, ſo hatten ſie (die Nachtwaͤch-
ter waren zulezt auch mitleidig geworden) auf
den Vorſchlag des Schreyers, der auch allein
der Ausfuͤhrer deſſelben ſeyn konte, es ſo ein-
gefaͤdelt: Der ſaͤmtliche Poͤbel, der dabey be-
kantlich nichts wagte, ſolte die hundert tau-
ſend Stimmen auf ſich nehmen. An den Poͤ-
bel koͤnten ſich ja dann nur die Aldermaͤnner
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/392>, abgerufen am 22.11.2024.
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