ihrer Berathschlagungen bekant. Die beyden Anwalde kamen nebst etlichen Aeltesten zu den Aldermännern herauf. Jhr Vortrag war dieser:
Jhr wist es, wie sehr sich die Freygeisterey in England, und Frankreich, um nur diese Länder zu nennen, ausgebreitet, wie sie dort mit der schnellen Ansteckung, mit den andern Eigenschaften der Pest, gewütet habe, und fortwüte; und ihr wist es gewiß auch, daß sie nun schon seit nicht kurzer Zeit, auch in unser Vaterland eindringe. Die Ursachen, warum sich der ernsthafte, tiefdenkende, und standhafte Deutsche auch mit fortreissen lasse? Eine da- von ist gewiß die Nachahmungssucht. Doch die Ursachen, und die Beschaffenheit des Uebels bey Seite; dürfen wir Gelehrten es den Für- sten überlassen ihm zu steuren? Sie scheinen es nicht zu wollen; aber wolten sie es auch: können sie es denn? Etwa bisweilen einmal die Schrift eines Freygeistes verbrennen lassen? Wozu hilft dieses anders, als eine solche Schrift bekanter zu machen? Wenn es also den Ge- lehrten obliegt es zu thun; so ist die grosse Fra- ge, wie sie es thun sollen? Daß wir uns mit derselben an euch wenden, Aldermänner, kann euch ein Beweis seyn, daß wir euch verehren, ob wir gleich manchmal in dieser oder jener
Sache
ihrer Berathſchlagungen bekant. Die beyden Anwalde kamen nebſt etlichen Aelteſten zu den Aldermaͤnnern herauf. Jhr Vortrag war dieſer:
Jhr wiſt es, wie ſehr ſich die Freygeiſterey in England, und Frankreich, um nur dieſe Laͤnder zu nennen, ausgebreitet, wie ſie dort mit der ſchnellen Anſteckung, mit den andern Eigenſchaften der Peſt, gewuͤtet habe, und fortwuͤte; und ihr wiſt es gewiß auch, daß ſie nun ſchon ſeit nicht kurzer Zeit, auch in unſer Vaterland eindringe. Die Urſachen, warum ſich der ernſthafte, tiefdenkende, und ſtandhafte Deutſche auch mit fortreiſſen laſſe? Eine da- von iſt gewiß die Nachahmungsſucht. Doch die Urſachen, und die Beſchaffenheit des Uebels bey Seite; duͤrfen wir Gelehrten es den Fuͤr- ſten uͤberlaſſen ihm zu ſteuren? Sie ſcheinen es nicht zu wollen; aber wolten ſie es auch: koͤnnen ſie es denn? Etwa bisweilen einmal die Schrift eines Freygeiſtes verbrennen laſſen? Wozu hilft dieſes anders, als eine ſolche Schrift bekanter zu machen? Wenn es alſo den Ge- lehrten obliegt es zu thun; ſo iſt die groſſe Fra- ge, wie ſie es thun ſollen? Daß wir uns mit derſelben an euch wenden, Aldermaͤnner, kann euch ein Beweis ſeyn, daß wir euch verehren, ob wir gleich manchmal in dieſer oder jener
Sache
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ihrer Berathſchlagungen bekant. Die beyden
Anwalde kamen nebſt etlichen Aelteſten zu den
Aldermaͤnnern herauf. Jhr Vortrag war
dieſer:
Jhr wiſt es, wie ſehr ſich die Freygeiſterey
in England, und Frankreich, um nur dieſe
Laͤnder zu nennen, ausgebreitet, wie ſie dort
mit der ſchnellen Anſteckung, mit den andern
Eigenſchaften der Peſt, gewuͤtet habe, und
fortwuͤte; und ihr wiſt es gewiß auch, daß ſie
nun ſchon ſeit nicht kurzer Zeit, auch in unſer
Vaterland eindringe. Die Urſachen, warum
ſich der ernſthafte, tiefdenkende, und ſtandhafte
Deutſche auch mit fortreiſſen laſſe? Eine da-
von iſt gewiß die Nachahmungsſucht. Doch
die Urſachen, und die Beſchaffenheit des Uebels
bey Seite; duͤrfen wir Gelehrten es den Fuͤr-
ſten uͤberlaſſen ihm zu ſteuren? Sie ſcheinen
es nicht zu wollen; aber wolten ſie es auch:
koͤnnen ſie es denn? Etwa bisweilen einmal die
Schrift eines Freygeiſtes verbrennen laſſen?
Wozu hilft dieſes anders, als eine ſolche Schrift
bekanter zu machen? Wenn es alſo den Ge-
lehrten obliegt es zu thun; ſo iſt die groſſe Fra-
ge, wie ſie es thun ſollen? Daß wir uns mit
derſelben an euch wenden, Aldermaͤnner, kann
euch ein Beweis ſeyn, daß wir euch verehren,
ob wir gleich manchmal in dieſer oder jener
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/402>, abgerufen am 22.11.2024.
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