Sache mit euch nicht überein kommen. Habt ihr ein Gesez darüber vorzuschlagen; so den- ken wir, daß es, und solt es auch die Grund- säulen der Republik erschüttern, durchgehn werde. Jhr seht, daß wir es bey der Sache wie Männer meinen. Wenn man von der Einrichtung, daß die unter uns, welche sich auf irgend eine Art hervorthun, Zünfter sind, auch nur in Beziehung auf einige, abweichet; so werden die Grundsäulen der Republik er- schüttert: sehet ihr aber diese Abweichung als zum Zwecke führend an; so willigen wir gleich- wol gern ein, daß ihr die, welche die Freygei- sterey öffentlich, und nicht zweydeutig ausbrei- ten, für unzünftig erklärt. Wir haben die Unzweydeutigkeit, wiewol nicht ohne einige Zweifel, zu einer der Bedingungen gemacht, weil man auf der einen Seite Niemanden, dessen Worte auch noch einer bessern Auslegung fähig sind, nach denselben, in so fern sie ihm zum Nachtheile gereichen, verurtheilen darf: auf der andern Seite aber diese bessere Aus- legung, was die Freygeister anlangt, gewöhn- lich sehr gezwungen ist. Hierzu komt nun oft noch, daß ihre nur nicht alles sagenden Worte, eben dadurch, daß sie nicht alles sagen, einen Stachel des Reizes bey dem Leser zurük lassen, der noch schlimmere Wirkungen hervorbringt,
als
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Sache mit euch nicht uͤberein kommen. Habt ihr ein Geſez daruͤber vorzuſchlagen; ſo den- ken wir, daß es, und ſolt es auch die Grund- ſaͤulen der Republik erſchuͤttern, durchgehn werde. Jhr ſeht, daß wir es bey der Sache wie Maͤnner meinen. Wenn man von der Einrichtung, daß die unter uns, welche ſich auf irgend eine Art hervorthun, Zuͤnfter ſind, auch nur in Beziehung auf einige, abweichet; ſo werden die Grundſaͤulen der Republik er- ſchuͤttert: ſehet ihr aber dieſe Abweichung als zum Zwecke fuͤhrend an; ſo willigen wir gleich- wol gern ein, daß ihr die, welche die Freygei- ſterey oͤffentlich, und nicht zweydeutig ausbrei- ten, fuͤr unzuͤnftig erklaͤrt. Wir haben die Unzweydeutigkeit, wiewol nicht ohne einige Zweifel, zu einer der Bedingungen gemacht, weil man auf der einen Seite Niemanden, deſſen Worte auch noch einer beſſern Auslegung faͤhig ſind, nach denſelben, in ſo fern ſie ihm zum Nachtheile gereichen, verurtheilen darf: auf der andern Seite aber dieſe beſſere Aus- legung, was die Freygeiſter anlangt, gewoͤhn- lich ſehr gezwungen iſt. Hierzu komt nun oft noch, daß ihre nur nicht alles ſagenden Worte, eben dadurch, daß ſie nicht alles ſagen, einen Stachel des Reizes bey dem Leſer zuruͤk laſſen, der noch ſchlimmere Wirkungen hervorbringt,
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Sache mit euch nicht uͤberein kommen. Habt
ihr ein Geſez daruͤber vorzuſchlagen; ſo den-
ken wir, daß es, und ſolt es auch die Grund-
ſaͤulen der Republik erſchuͤttern, durchgehn
werde. Jhr ſeht, daß wir es bey der Sache
wie Maͤnner meinen. Wenn man von der
Einrichtung, daß die unter uns, welche ſich
auf irgend eine Art hervorthun, Zuͤnfter ſind,
auch nur in Beziehung auf einige, abweichet;
ſo werden die Grundſaͤulen der Republik er-
ſchuͤttert: ſehet ihr aber dieſe Abweichung als
zum Zwecke fuͤhrend an; ſo willigen wir gleich-
wol gern ein, daß ihr die, welche die Freygei-
ſterey oͤffentlich, und nicht zweydeutig ausbrei-
ten, fuͤr unzuͤnftig erklaͤrt. Wir haben die
Unzweydeutigkeit, wiewol nicht ohne einige
Zweifel, zu einer der Bedingungen gemacht,
weil man auf der einen Seite Niemanden,
deſſen Worte auch noch einer beſſern Auslegung
faͤhig ſind, nach denſelben, in ſo fern ſie ihm
zum Nachtheile gereichen, verurtheilen darf:
auf der andern Seite aber dieſe beſſere Aus-
legung, was die Freygeiſter anlangt, gewoͤhn-
lich ſehr gezwungen iſt. Hierzu komt nun oft
noch, daß ihre nur nicht alles ſagenden Worte,
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/403>, abgerufen am 22.11.2024.
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