um es der Zunft der Kenner nicht ein Ver- gnügen machen solte, uns unter sich zu ha- ben. Denn, wie gesagt, Kenner sind wir doch einmal.
Deunoch wolten die Zünfte sich nicht da- mit abgeben die Sache zu entscheiden; sie tru- gen es auch nicht einmal den Aldermännern auf, es an ihrer statt zu übernehmen. Die Aldermänner geriethen daher in eine etwas sonderliche Stellung. Auf der einen Seite konten sie sich, ohne den Auftrag der Zünfte, nicht allzuwol darauf einlassen, einen Aus- spruch zu thun; auf der andern Seite waren sie darüber nicht ohne Verdruß, daß es schei- nen könte, sie brauchten viel Zeit, einen so leichten Ausspruch zu thun. Der abgeord- nete Altfranke schien sich über die Verlegenheit zu freuen, in die er nicht etwa die Alder- männer allein, sondern die ganze Republik ge- sezt hätte. Doch diese sehr unveranlaste Freu- de dauerte nur kurze Zeit. Die Aldermänner liessen es darauf ankommen, was die Zünfte zu der ihnen jezt notwendig scheinenden Ab- weichung von den Gesezen sagen würden, und erklärten, daß der Abgeordnete und sein Anhang ihrenthalben zu französischen, engli- lischen, auch chinesischen, oder auch tartari- schen Kennern (sie bäten der lezten halben des-
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um es der Zunft der Kenner nicht ein Ver- gnuͤgen machen ſolte, uns unter ſich zu ha- ben. Denn, wie geſagt, Kenner ſind wir doch einmal.
Deunoch wolten die Zuͤnfte ſich nicht da- mit abgeben die Sache zu entſcheiden; ſie tru- gen es auch nicht einmal den Aldermaͤnnern auf, es an ihrer ſtatt zu uͤbernehmen. Die Aldermaͤnner geriethen daher in eine etwas ſonderliche Stellung. Auf der einen Seite konten ſie ſich, ohne den Auftrag der Zuͤnfte, nicht allzuwol darauf einlaſſen, einen Aus- ſpruch zu thun; auf der andern Seite waren ſie daruͤber nicht ohne Verdruß, daß es ſchei- nen koͤnte, ſie brauchten viel Zeit, einen ſo leichten Ausſpruch zu thun. Der abgeord- nete Altfranke ſchien ſich uͤber die Verlegenheit zu freuen, in die er nicht etwa die Alder- maͤnner allein, ſondern die ganze Republik ge- ſezt haͤtte. Doch dieſe ſehr unveranlaſte Freu- de dauerte nur kurze Zeit. Die Aldermaͤnner lieſſen es darauf ankommen, was die Zuͤnfte zu der ihnen jezt notwendig ſcheinenden Ab- weichung von den Geſezen ſagen wuͤrden, und erklaͤrten, daß der Abgeordnete und ſein Anhang ihrenthalben zu franzoͤſiſchen, engli- liſchen, auch chineſiſchen, oder auch tartari- ſchen Kennern (ſie baͤten der lezten halben des-
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um es der Zunft der Kenner nicht ein Ver-
gnuͤgen machen ſolte, uns unter ſich zu ha-
ben. Denn, wie geſagt, Kenner ſind wir
doch einmal.
Deunoch wolten die Zuͤnfte ſich nicht da-
mit abgeben die Sache zu entſcheiden; ſie tru-
gen es auch nicht einmal den Aldermaͤnnern
auf, es an ihrer ſtatt zu uͤbernehmen. Die
Aldermaͤnner geriethen daher in eine etwas
ſonderliche Stellung. Auf der einen Seite
konten ſie ſich, ohne den Auftrag der Zuͤnfte,
nicht allzuwol darauf einlaſſen, einen Aus-
ſpruch zu thun; auf der andern Seite waren
ſie daruͤber nicht ohne Verdruß, daß es ſchei-
nen koͤnte, ſie brauchten viel Zeit, einen ſo
leichten Ausſpruch zu thun. Der abgeord-
nete Altfranke ſchien ſich uͤber die Verlegenheit
zu freuen, in die er nicht etwa die Alder-
maͤnner allein, ſondern die ganze Republik ge-
ſezt haͤtte. Doch dieſe ſehr unveranlaſte Freu-
de dauerte nur kurze Zeit. Die Aldermaͤnner
lieſſen es darauf ankommen, was die Zuͤnfte
zu der ihnen jezt notwendig ſcheinenden Ab-
weichung von den Geſezen ſagen wuͤrden,
und erklaͤrten, daß der Abgeordnete und ſein
Anhang ihrenthalben zu franzoͤſiſchen, engli-
liſchen, auch chineſiſchen, oder auch tartari-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/419>, abgerufen am 22.11.2024.
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