[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.Der Messias. Vierter Gesang. Kaiphas aber lag noch, nach Satans dunkelm Gesichte, Voller Angst auf dem Lager, von dem die Ruhe geflohn war. Bald schlief er kurze Zeit ein, bald erwacht er wieder, u. warf sich Ungestüm, und voll Gedanken herum. Wie tief in der Feldschlacht Sterbend ein Gottesleugner sich wälzt; der kommende Sieger, Und das bäumende Roß, der rauschenden Panzer Getöse, Und das Geschrey, und der Tödtenden Wut, und der donnernde Himmel Stürmt über ihm; er liegt, und sinkt mit gespaltenem Haupte Dumm und gedankenlos unter die Todten, und glaubt zu vergehen. Drauf erhebt er sich wieder, und ist noch, und denkt noch, und fluchet, Daß er noch ist, und spritzt mit bleichen sterbenden Händen Blut gen Himmel, Gott flucht er, und wollt ihn gerne noch leugnen. Also G 4
Der Meſſias. Vierter Geſang. Kaiphas aber lag noch, nach Satans dunkelm Geſichte, Voller Angſt auf dem Lager, von dem die Ruhe geflohn war. Bald ſchlief er kurze Zeit ein, bald erwacht er wieder, u. warf ſich Ungeſtuͤm, und voll Gedanken herum. Wie tief in der Feldſchlacht Sterbend ein Gottesleugner ſich waͤlzt; der kommende Sieger, Und das baͤumende Roß, der rauſchenden Panzer Getoͤſe, Und das Geſchrey, und der Toͤdtenden Wut, und der donnernde Himmel Stuͤrmt uͤber ihm; er liegt, und ſinkt mit geſpaltenem Haupte Dumm und gedankenlos unter die Todten, und glaubt zu vergehen. Drauf erhebt er ſich wieder, und iſt noch, und denkt noch, und fluchet, Daß er noch iſt, und ſpritzt mit bleichen ſterbenden Haͤnden Blut gen Himmel, Gott flucht er, und wollt ihn gerne noch leugnen. Alſo G 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0115" n="[103]"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Der<lb/> Meſſias</hi>.<lb/> Vierter Geſang.</hi> </hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">K</hi>aiphas aber lag noch, nach Satans dunkelm Geſichte,</l><lb/> <l>Voller Angſt auf dem Lager, von dem die Ruhe geflohn war.</l><lb/> <l>Bald ſchlief er kurze Zeit ein, bald erwacht er wieder, u. warf ſich</l><lb/> <l>Ungeſtuͤm, und voll Gedanken herum. Wie tief in der Feldſchlacht</l><lb/> <l>Sterbend ein Gottesleugner ſich waͤlzt; der kommende Sieger,</l><lb/> <l>Und das baͤumende Roß, der rauſchenden Panzer Getoͤſe,</l><lb/> <l>Und das Geſchrey, und der Toͤdtenden Wut, und der donnernde Himmel</l><lb/> <l>Stuͤrmt uͤber ihm; er liegt, und ſinkt mit geſpaltenem Haupte</l><lb/> <l>Dumm und gedankenlos unter die Todten, und glaubt zu vergehen.</l><lb/> <l>Drauf erhebt er ſich wieder, und iſt noch, und denkt noch, und fluchet,</l><lb/> <l>Daß er noch iſt, und ſpritzt mit bleichen ſterbenden Haͤnden</l><lb/> <l>Blut gen Himmel, Gott flucht er, und wollt ihn gerne noch leugnen.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Alſo</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[103]/0115]
Der
Meſſias.
Vierter Geſang.
Kaiphas aber lag noch, nach Satans dunkelm Geſichte,
Voller Angſt auf dem Lager, von dem die Ruhe geflohn war.
Bald ſchlief er kurze Zeit ein, bald erwacht er wieder, u. warf ſich
Ungeſtuͤm, und voll Gedanken herum. Wie tief in der Feldſchlacht
Sterbend ein Gottesleugner ſich waͤlzt; der kommende Sieger,
Und das baͤumende Roß, der rauſchenden Panzer Getoͤſe,
Und das Geſchrey, und der Toͤdtenden Wut, und der donnernde Himmel
Stuͤrmt uͤber ihm; er liegt, und ſinkt mit geſpaltenem Haupte
Dumm und gedankenlos unter die Todten, und glaubt zu vergehen.
Drauf erhebt er ſich wieder, und iſt noch, und denkt noch, und fluchet,
Daß er noch iſt, und ſpritzt mit bleichen ſterbenden Haͤnden
Blut gen Himmel, Gott flucht er, und wollt ihn gerne noch leugnen.
Alſo
G 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |