[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Und
Und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l> <pb facs="#f0116" n="104"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Alſo betaͤubt ſprang Kaiphas auf, und ließ die Verſammlung</l><lb/> <l>Aller Prieſter und Aeltſten im Volke ſchnell zu ſich berufen.</l><lb/> <l>Mitten im hohen Pallaſt war ein weiter Saal der Verſammlung,</l><lb/> <l>Aus des erhabenen Libanons Hain ſalomoniſch erbauet.</l><lb/> <l>Allda kamen die Prieſter und Aeltſten im Volke zuſammen.</l><lb/> <l>Mit den Aeltſten kam Joſeph von Arimathaͤa, ein Weiſer!</l><lb/> <l>Unter der ganzen entarteten Nachwelt des goͤttlichen Abrams</l><lb/> <l>Von der Zahl der uͤbergebliebnen wenigen Edlen.</l><lb/> <l>Still, wie der friedſame Mond in daͤmmernden Mitternachtswolken</l><lb/> <l>Ueber uns wallt, ſo gieng in dieſen Verſammlungen Joſeph.</l><lb/> <l>Auch kam Nikodemus, ein Freund des Meßias und Joſephs.</l><lb/> <l>Kaiphas trat itzt herriſch hervor, und ergrimmt, und ſagte:</l><lb/> <l>Endlich, ihr Vaͤter Jeruſalems, muͤſſen wir etwas beſchließen,</l><lb/> <l>Und mit gewaltigem Arm den Widerſacher vertilgen:</l><lb/> <l>Oder er fuͤhrt es hinaus, was er wider uns lange ſchon ausſann,</l><lb/> <l>Und wir halten vielleicht itzo die letzte Verſammlung!</l><lb/> <l>Ja dieß Prieſterthum Gottes, das, hoch auf Sinai, Gott ſelbſt</l><lb/> <l>Durch den groͤßten Propheten der ganzen Nachwelt geſetzt hat,</l><lb/> <l>Das in der langen Gefangenſchaft, ſelbſt babyloniſche Thuͤrme,</l><lb/> <l>Das im Sturme der Waffen die ſchrecklichen ſieben Huͤgel</l><lb/> <l>Nicht zu erſchuͤttern vermocht; das wird ein ſterblicher Seher,</l><lb/> <l>Jſrael, uns, dem Tempel des Herrn zur Schande, vertilgen.</l><lb/> <l>Jſt nicht Jeruſalem ſein? Sind nicht die Staͤdte Judaͤa</l><lb/> <l>Sclavinnen ihres vergoͤtterten Traͤumers? Entfliehet das Volk nicht</l><lb/> <l>Aberglaͤubiſch und blind dem Tempel weiſerer Vaͤter,</l><lb/> <l>Seine verfuͤhrende Wunder in weit entlegenen Wuͤſten</l><lb/> <l>Anzuſtaunen? Die Wunder, die Satan durch ihn verrichtet!<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0116]
Der Meßias.
Alſo betaͤubt ſprang Kaiphas auf, und ließ die Verſammlung
Aller Prieſter und Aeltſten im Volke ſchnell zu ſich berufen.
Mitten im hohen Pallaſt war ein weiter Saal der Verſammlung,
Aus des erhabenen Libanons Hain ſalomoniſch erbauet.
Allda kamen die Prieſter und Aeltſten im Volke zuſammen.
Mit den Aeltſten kam Joſeph von Arimathaͤa, ein Weiſer!
Unter der ganzen entarteten Nachwelt des goͤttlichen Abrams
Von der Zahl der uͤbergebliebnen wenigen Edlen.
Still, wie der friedſame Mond in daͤmmernden Mitternachtswolken
Ueber uns wallt, ſo gieng in dieſen Verſammlungen Joſeph.
Auch kam Nikodemus, ein Freund des Meßias und Joſephs.
Kaiphas trat itzt herriſch hervor, und ergrimmt, und ſagte:
Endlich, ihr Vaͤter Jeruſalems, muͤſſen wir etwas beſchließen,
Und mit gewaltigem Arm den Widerſacher vertilgen:
Oder er fuͤhrt es hinaus, was er wider uns lange ſchon ausſann,
Und wir halten vielleicht itzo die letzte Verſammlung!
Ja dieß Prieſterthum Gottes, das, hoch auf Sinai, Gott ſelbſt
Durch den groͤßten Propheten der ganzen Nachwelt geſetzt hat,
Das in der langen Gefangenſchaft, ſelbſt babyloniſche Thuͤrme,
Das im Sturme der Waffen die ſchrecklichen ſieben Huͤgel
Nicht zu erſchuͤttern vermocht; das wird ein ſterblicher Seher,
Jſrael, uns, dem Tempel des Herrn zur Schande, vertilgen.
Jſt nicht Jeruſalem ſein? Sind nicht die Staͤdte Judaͤa
Sclavinnen ihres vergoͤtterten Traͤumers? Entfliehet das Volk nicht
Aberglaͤubiſch und blind dem Tempel weiſerer Vaͤter,
Seine verfuͤhrende Wunder in weit entlegenen Wuͤſten
Anzuſtaunen? Die Wunder, die Satan durch ihn verrichtet!
Und
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