[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Daß
Daß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l> <pb facs="#f0119" n="107"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vierter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Er muß ſterben! Von euch, verſammelte Vaͤter, erwart ich,</l><lb/> <l>Wie er ſterben ſoll, ſchleunigen Rath! - - - Mit ſtarrenden Blicke</l><lb/> <l>Stand er hier ſprachlos. Zuletzt erwacht er wieder, und ſagte:</l><lb/> <l>Beſſer, ſtirbt Einer, als daß das ganze Judaͤa verderbe!</l><lb/> <l>Aber noch will die vorſichtige Weishelt. Die Tage des Feſtes</l><lb/> <l>Muß er nicht ſterben, daß ihn ſein ſclaviſcher Poͤbel nicht ſchuͤtze.</l><lb/> <l>Kaiphas ſchwieg. Kein Laut, noch Geraͤuſch von Redenden wurde</l><lb/> <l>Durch die Verſammlung gehoͤrt. Sie blieben uͤberall ſchweigend,</l><lb/> <l>Wie vom Donner geruͤhrt, und ſtarr, und unbewegt ſitzen.</l><lb/> <l>Joſeph ſah die herrſchende Stille. Da wollt er fuͤr Jeſum</l><lb/> <l>Jhn zu vertheidigen, reden; allein ein gefuͤrchteter Prieſter,</l><lb/> <l>Seine Wut, mit der er auf einmal, zu reden hervortrat,</l><lb/> <l>Hielten ihn ab. Philo, war des Prieſters Name. Noch hatt er</l><lb/> <l>Nie von Jeſu geredet. Jhn hielten alle fuͤr weiſe,</l><lb/> <l>Kaiphas ſelbſt, doch haßt ihn der phariſaͤiſche Philo.</l><lb/> <l>Der ſtand auf. Sein tiefes und melancholiſches Auge</l><lb/> <l>Funkelte, da ſprach er mit zornig gefluͤgelter Stimme:</l><lb/> <l>Kaiphas! Du wagſt es, von hohen goͤttlichen Traͤumen</l><lb/> <l>Vor uns zu reden, als wuͤßteſt du nicht, daß der Ewige niemals</l><lb/> <l>Wolluͤſtlingen erſcheinen, daß heimlichen Sadducaͤern</l><lb/> <l>Wohl kein Geiſt was verkuͤndigen wird. Entweder du leugſt uns,</l><lb/> <l>Oder du haſt wirklich dieß Traumgeſichte geſehen.</l><lb/> <l>Jſt das erſte, ſo zeigſt du dich deiner roͤmiſchen Staatskunſt</l><lb/> <l>Und des erhandelten Prieſterthums wuͤrdig: und waͤr auch das letzte,</l><lb/> <l>Hoherprieſter! So wiſſe, daß Gott, Verbrecher zu ſtrafen,</l><lb/> <l>Sonſt auch taͤuſchende Geiſter zu falſchen Propheten geſandt hat.</l><lb/> <l>Daß der Sclave von Jeſabels Baal, daß Ahab verduͤrbe,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0119]
Vierter Geſang.
Er muß ſterben! Von euch, verſammelte Vaͤter, erwart ich,
Wie er ſterben ſoll, ſchleunigen Rath! - - - Mit ſtarrenden Blicke
Stand er hier ſprachlos. Zuletzt erwacht er wieder, und ſagte:
Beſſer, ſtirbt Einer, als daß das ganze Judaͤa verderbe!
Aber noch will die vorſichtige Weishelt. Die Tage des Feſtes
Muß er nicht ſterben, daß ihn ſein ſclaviſcher Poͤbel nicht ſchuͤtze.
Kaiphas ſchwieg. Kein Laut, noch Geraͤuſch von Redenden wurde
Durch die Verſammlung gehoͤrt. Sie blieben uͤberall ſchweigend,
Wie vom Donner geruͤhrt, und ſtarr, und unbewegt ſitzen.
Joſeph ſah die herrſchende Stille. Da wollt er fuͤr Jeſum
Jhn zu vertheidigen, reden; allein ein gefuͤrchteter Prieſter,
Seine Wut, mit der er auf einmal, zu reden hervortrat,
Hielten ihn ab. Philo, war des Prieſters Name. Noch hatt er
Nie von Jeſu geredet. Jhn hielten alle fuͤr weiſe,
Kaiphas ſelbſt, doch haßt ihn der phariſaͤiſche Philo.
Der ſtand auf. Sein tiefes und melancholiſches Auge
Funkelte, da ſprach er mit zornig gefluͤgelter Stimme:
Kaiphas! Du wagſt es, von hohen goͤttlichen Traͤumen
Vor uns zu reden, als wuͤßteſt du nicht, daß der Ewige niemals
Wolluͤſtlingen erſcheinen, daß heimlichen Sadducaͤern
Wohl kein Geiſt was verkuͤndigen wird. Entweder du leugſt uns,
Oder du haſt wirklich dieß Traumgeſichte geſehen.
Jſt das erſte, ſo zeigſt du dich deiner roͤmiſchen Staatskunſt
Und des erhandelten Prieſterthums wuͤrdig: und waͤr auch das letzte,
Hoherprieſter! So wiſſe, daß Gott, Verbrecher zu ſtrafen,
Sonſt auch taͤuſchende Geiſter zu falſchen Propheten geſandt hat.
Daß der Sclave von Jeſabels Baal, daß Ahab verduͤrbe,
Daß
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