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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.

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Vierter Gesang.

Fürchtete da der Thisbite den Pöbel, die Priester zu würgen,
Als der schlafende Baal zu keinem Wetter erwachte?
Oder vertraut er dem mehr, der Feuer vom Himmel ihm sandte?
Steht uns auch kein Gewitter nicht bey: so will ich allein mich
Unter das Volk hinstellen! Und, weh dem! der unter dem Volke
Wider mich sich auflehnt, und sagt, der Leichnam des Träumers
Blute nicht Gott zu ehren! Den soll die ganze Gemeine
Steinigen, so bald ihr mein um sich schauender Blick winkt.
Vor den Augen des ganzen Judäa, vorm Antlitz der Römer,
Soll er sterben! Wir wollen alsdann im Gerichte, wie Götter,
Sitzen, und laut feyrend zu Gottes Heiligthum einziehn!
Philo sprach dieß, und gieng mit aufgehabenen Armen
Vorwärts in die Versammlung, und stand, und rief von neuem:
Seliger Geist, wo du itzo auch bist, wenn du, himmlisch bekleidet,
Neben Abraham sitzest, und um dich Propheten versammelst,
Oder, wenn du vielleicht in deiner Kinder Versammlung
Würdigst einzukehren, und unter Sterblichen wandelst:
Moses Geist! Dir schwör ich, bey jenem ewigen Bunde,
Den du, gelehrt von Gott, aus Donnerwettern uns brachtest:
Jch will eher nicht ruhn, als bis dein großer Feind todt ist!
Als bis ich von vergossenem Blute des Nazaräers
Volle Hände zum hohen Altare des Sündopfers bringe,
Und sie über mein graues Haupt, Gott zu danken, erhebe!

Also sagt er, und stand mit weit umschauendem Auge
Vor der Versammlung. Von Grimm und übermannender Wut voll
Lehnt' an seinen goldenen Stul sich Kaiphas nieder,
Und

Vierter Geſang.

Fuͤrchtete da der Thisbite den Poͤbel, die Prieſter zu wuͤrgen,
Als der ſchlafende Baal zu keinem Wetter erwachte?
Oder vertraut er dem mehr, der Feuer vom Himmel ihm ſandte?
Steht uns auch kein Gewitter nicht bey: ſo will ich allein mich
Unter das Volk hinſtellen! Und, weh dem! der unter dem Volke
Wider mich ſich auflehnt, und ſagt, der Leichnam des Traͤumers
Blute nicht Gott zu ehren! Den ſoll die ganze Gemeine
Steinigen, ſo bald ihr mein um ſich ſchauender Blick winkt.
Vor den Augen des ganzen Judaͤa, vorm Antlitz der Roͤmer,
Soll er ſterben! Wir wollen alsdann im Gerichte, wie Goͤtter,
Sitzen, und laut feyrend zu Gottes Heiligthum einziehn!
Philo ſprach dieß, und gieng mit aufgehabenen Armen
Vorwaͤrts in die Verſammlung, und ſtand, und rief von neuem:
Seliger Geiſt, wo du itzo auch biſt, wenn du, himmliſch bekleidet,
Neben Abraham ſitzeſt, und um dich Propheten verſammelſt,
Oder, wenn du vielleicht in deiner Kinder Verſammlung
Wuͤrdigſt einzukehren, und unter Sterblichen wandelſt:
Moſes Geiſt! Dir ſchwoͤr ich, bey jenem ewigen Bunde,
Den du, gelehrt von Gott, aus Donnerwettern uns brachteſt:
Jch will eher nicht ruhn, als bis dein großer Feind todt iſt!
Als bis ich von vergoſſenem Blute des Nazaraͤers
Volle Haͤnde zum hohen Altare des Suͤndopfers bringe,
Und ſie uͤber mein graues Haupt, Gott zu danken, erhebe!

Alſo ſagt er, und ſtand mit weit umſchauendem Auge
Vor der Verſammlung. Von Grimm und uͤbermannender Wut voll
Lehnt’ an ſeinen goldenen Stul ſich Kaiphas nieder,
Und
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[109/0121] Vierter Geſang. Fuͤrchtete da der Thisbite den Poͤbel, die Prieſter zu wuͤrgen, Als der ſchlafende Baal zu keinem Wetter erwachte? Oder vertraut er dem mehr, der Feuer vom Himmel ihm ſandte? Steht uns auch kein Gewitter nicht bey: ſo will ich allein mich Unter das Volk hinſtellen! Und, weh dem! der unter dem Volke Wider mich ſich auflehnt, und ſagt, der Leichnam des Traͤumers Blute nicht Gott zu ehren! Den ſoll die ganze Gemeine Steinigen, ſo bald ihr mein um ſich ſchauender Blick winkt. Vor den Augen des ganzen Judaͤa, vorm Antlitz der Roͤmer, Soll er ſterben! Wir wollen alsdann im Gerichte, wie Goͤtter, Sitzen, und laut feyrend zu Gottes Heiligthum einziehn! Philo ſprach dieß, und gieng mit aufgehabenen Armen Vorwaͤrts in die Verſammlung, und ſtand, und rief von neuem: Seliger Geiſt, wo du itzo auch biſt, wenn du, himmliſch bekleidet, Neben Abraham ſitzeſt, und um dich Propheten verſammelſt, Oder, wenn du vielleicht in deiner Kinder Verſammlung Wuͤrdigſt einzukehren, und unter Sterblichen wandelſt: Moſes Geiſt! Dir ſchwoͤr ich, bey jenem ewigen Bunde, Den du, gelehrt von Gott, aus Donnerwettern uns brachteſt: Jch will eher nicht ruhn, als bis dein großer Feind todt iſt! Als bis ich von vergoſſenem Blute des Nazaraͤers Volle Haͤnde zum hohen Altare des Suͤndopfers bringe, Und ſie uͤber mein graues Haupt, Gott zu danken, erhebe! Alſo ſagt er, und ſtand mit weit umſchauendem Auge Vor der Verſammlung. Von Grimm und uͤbermannender Wut voll Lehnt’ an ſeinen goldenen Stul ſich Kaiphas nieder, Und

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/121>, abgerufen am 21.11.2024.