[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <l> <pb facs="#f0127" n="115"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vierter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Mit verwuͤſten: ſo bin ich unſchuldig an eurer Verwuͤſtung!</l><lb/> <l>Ja, unſchuldig, wenn unſere Kinder mit aͤngſtlichen Blicken,</l><lb/> <l>Und mit bebendem Knie, und mit bang zerrungenen Haͤnden,</l><lb/> <l>Gehn, und ihrer Vaͤter Gott tief in dem Heiligthum ſuchen,</l><lb/> <l>Und ihn nicht finden! Wenn ſeinen Thron da der Traͤumer geſetzt hat,</l><lb/> <l>Wo Gott uͤber den Cherubim ſaß! Wenn vor aller Antlitz</l><lb/> <l>Goͤtzenſclaven dem Suͤnder da opfern und Rauchwerke bringen,</l><lb/> <l>Wo der Vorhang ſonſt hieng! Wo ſonſt nur der Hoheprieſter</l><lb/> <l>Mit verhuͤlltem Geſicht und betend zum Gnadenſtuhl hintrat!</l><lb/> <l>Laß mich den Jammer nicht ſehn! Laß, Gott, mein ſterbendes Auge</l><lb/> <l>Eher brechen, als dieſer Graͤul der Verwuͤſtung dein Volk trift.</l><lb/> <l>Unterdeß, was ich noch thun kann, dem nahen Verderben zu wehren,</l><lb/> <l>Dieſes thu ich vor Gott! Hier ſteh ich vor deinem Antlitz!</l><lb/> <l>Hoͤre, Gott Jſrael, mich; wenn du jemals im Himmel gehoͤrt haſt,</l><lb/> <l>Was von dir auf Erden ein Menſch im Staube gefleht hat!</l><lb/> <l>Traf, auf Elias Gebet, die geſandten Moͤrder des Koͤnigs</l><lb/> <l>Feuer vom Himmel, und fraß es ſie weg vom Gipfel des Carmels!</l><lb/> <l>Riß der Abgrund, da Moſes dich bat, in ſeine Tiefen</l><lb/> <l>Corah, und Dathan und Abiramiden lebendig hinunter:</l><lb/> <l>O ſo hoͤre, Gott Jſrael, mich! Jch fluche den Maͤnnern,</l><lb/> <l>Die dich ſchmaͤhn, und den Suͤnder, der Moſes Feind iſt, beſchuͤtzen.</l><lb/> <l>Nikodemus! Dein Ende ſey, wie das Ende des Traͤumers!</l><lb/> <l>Und dein Grab, wie das Grab des Empoͤrers! Nah unter den Moͤrdern,</l><lb/> <l>Welche, fern von dem Tempel und Altar, geſteiniget werden!</l><lb/> <l>Hart ſey dein Herz, wenn du ſtirbſt, und ununterwuͤrfig der Gottheit!</l><lb/> <l>Thraͤnenlos ſey dein Auge! Das Weinen muͤß ihm verſagt ſeyn,</l><lb/> <l>Wenn du zu Gott dich ſterbend bekehren willſt! Weil du geweint haſt.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">H 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Einen</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0127]
Vierter Geſang.
Mit verwuͤſten: ſo bin ich unſchuldig an eurer Verwuͤſtung!
Ja, unſchuldig, wenn unſere Kinder mit aͤngſtlichen Blicken,
Und mit bebendem Knie, und mit bang zerrungenen Haͤnden,
Gehn, und ihrer Vaͤter Gott tief in dem Heiligthum ſuchen,
Und ihn nicht finden! Wenn ſeinen Thron da der Traͤumer geſetzt hat,
Wo Gott uͤber den Cherubim ſaß! Wenn vor aller Antlitz
Goͤtzenſclaven dem Suͤnder da opfern und Rauchwerke bringen,
Wo der Vorhang ſonſt hieng! Wo ſonſt nur der Hoheprieſter
Mit verhuͤlltem Geſicht und betend zum Gnadenſtuhl hintrat!
Laß mich den Jammer nicht ſehn! Laß, Gott, mein ſterbendes Auge
Eher brechen, als dieſer Graͤul der Verwuͤſtung dein Volk trift.
Unterdeß, was ich noch thun kann, dem nahen Verderben zu wehren,
Dieſes thu ich vor Gott! Hier ſteh ich vor deinem Antlitz!
Hoͤre, Gott Jſrael, mich; wenn du jemals im Himmel gehoͤrt haſt,
Was von dir auf Erden ein Menſch im Staube gefleht hat!
Traf, auf Elias Gebet, die geſandten Moͤrder des Koͤnigs
Feuer vom Himmel, und fraß es ſie weg vom Gipfel des Carmels!
Riß der Abgrund, da Moſes dich bat, in ſeine Tiefen
Corah, und Dathan und Abiramiden lebendig hinunter:
O ſo hoͤre, Gott Jſrael, mich! Jch fluche den Maͤnnern,
Die dich ſchmaͤhn, und den Suͤnder, der Moſes Feind iſt, beſchuͤtzen.
Nikodemus! Dein Ende ſey, wie das Ende des Traͤumers!
Und dein Grab, wie das Grab des Empoͤrers! Nah unter den Moͤrdern,
Welche, fern von dem Tempel und Altar, geſteiniget werden!
Hart ſey dein Herz, wenn du ſtirbſt, und ununterwuͤrfig der Gottheit!
Thraͤnenlos ſey dein Auge! Das Weinen muͤß ihm verſagt ſeyn,
Wenn du zu Gott dich ſterbend bekehren willſt! Weil du geweint haſt.
Einen
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